Geschäft in Friesdorfer Straße bleibt Traditions-Metzgerei Voigt schließt Filiale am Theaterplatz

Bad Godesberg · Die Metzgerei Voigt schließt ihre Filiale am Theaterplatz. Ende 2020 ist aus betriebswirtschaftlichen Gründen Schluss. Das Geschäft in der Friesdorfer Straße wird allerdings fortgeführt.

 Nicht mehr rentabel ist die Filiale der Metzgerei Voigt am Theaterplatz. Sie schließt zum Ende des Jahres.

Nicht mehr rentabel ist die Filiale der Metzgerei Voigt am Theaterplatz. Sie schließt zum Ende des Jahres.

Foto: Axel Vogel

Die Metzgerei Voigt ist wohl das, was man einen alteingesessenen Bad Godesberger Betrieb nennen kann. 1895 hat die erste Filiale des Familienunternehmens als Ochsen- und Schweinemetzgerei eröffnet, damals noch an der Plittersdorfer Straße. Im Jahr des 125. Jubiläums nun hat Nikolaus Nürnberg, der das Geschäft mit seiner Frau Susanne vom Schwiegervater übernahm, den Entschluss gefasst, den Verkaufsladen am Theaterplatz nach 46 Jahren Ende 2020 zu schließen. Sechs Mitarbeiter werden betriebsbedingt gehen müssen. „Das tut niemand gerne, zumal wir wirklich wie eine Familie sind“, sagt Nürnberg. Als Hauptgrund nennt er die fehlende Wirtschaftlichkeit, nicht ohne die hohe Innenstadtmiete zu erwähnen: „Es lohnt sich einfach nicht mehr.“ Die Voigt-Filiale in der Friesdorfer Straße bleibe dagegen bestehen.

Ein wenig resigniert klingt Nürnberg schon, wenn er über das Befinden der Branche erzählt. „Der Fleischverkauf an den Metzgertheken ist seit Jahren rückläufig.“ Bei vielen Verbrauchern obsiege die Bequemlichkeit. Beim großen Supermarkt-Einkauf werde der große Rundumschlag gemacht. Fleisch und Wurst beim Gang am Kühlregal vorbei in den Einkaufswagen verschoben.

Kurzzeitige Einbußen durch Fleischskandale

Corona, der Skandal um die Zustände der Beschäftigten in großen Schlachtbetrieben wie Tönnies hätten zwar die Umsätze auch an der Theke von Voigt in die Höhe getrieben. Doch zugleich brach das Catering-Geschäft und der Mittagstisch im Geschäft während des Lockdown komplett ein. Diese Einnahmequellen hätten sich immer noch nicht erholt.

Nürnberg glaubt zudem nicht, dass die Skandale in Großbetrieben, bei denen es ja nicht zuvorderst um das Tierwohl, sondern vor allem um die Arbeitsbedingungen der Menschen ging, eine nachhaltige Wirkung im Bewusstsein der Verbraucher hinterlassen werden. „Das ist ein 14-Tage-Aufschrei“, sagt Nürnberg, der manch ähnliches vorübergehendes Getöse erlebt hat, seit er 1992 das schwiegerväterliche Unternehmen mit übernahm.

Er selbst beziehe sein Fleisch von einer Erzeugergemeinschaft aus Schwäbisch-Hall: freilaufende Tiere, keine Antibiotika, kein künstliches Kraftfutter. Eine solche Haltung koste eben auch mehr. „Sie können ja auch einen Anzug beim Designer kaufen oder von der Stange. Den Unterschied werden Sie merken“, sagt er.

Nachwuchssorgen der Betriebe bestehen schon länger

Große Nachwuchssorgen haben die Innungsbetriebe nicht erst seit gestern. Das fängt bei der Suche nach Auszubildenden an und hört bei der Suche nach einem Betriebsnachfolger nicht auf. Nürnberg führt das – neben der Anmerkung, dass sich bei Partys nicht viele Nachfragen ergeben, wenn man sich als Metzger vorstellt – auch auf gestiegene Betriebskosten zurück. Eine Kühlmaschine sei mal für 1500 Mark zu haben gewesen, dann kostete sie 2500 Euro, mittlerweile 3500 Euro. Das neue Kassensystem, das die Finanzverwaltung vorschreibt, Kostenpunkt: 35.000 Euro.

Adalbert Wolf, Fleischerinnungs-Obermeister der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, kennt weitere Zahlen: 1998 habe es 119 Innungsbetriebe in Stadt und Kreis gegeben. 2020 seien es noch 43. Die Schlachthöfe in Bonn und Bad Godesberg, die es einst gab: Geschichte. Stand letzter Woche: drei Auszubildende im ganzen Gebiet der Kreishandwerkerschaft, das immerhin ein Einzugsgebiet von rund einer Million Einwohnern umfasst.

Wolf räumt ein, dass es trotz großer Bemühungen in den vergangenen Jahren nicht gelungen sei, dem Fleischerberuf ein besseres Image zu bescheren. „Vom Schlachter zum Fleisch-Designer“, so ungefähr stellt Wolf sich das vor. Er verhehlt allerdings nicht, dass der Beruf ein Knochenjob sein kann, auch wenn das Heben von Schweinehälften und manches andere längst Maschinen übernehmen.

Forderung nach Förderprogrammen für die Branche

Der Metzger aus Wachtberg-Pech glaubt, dass die Branche dringend Hilfe von oben benötigte. „Wenn es gewünscht ist, dem Verbraucher weiterhin regionale, nachhaltige Produkte vom Handwerk anzubieten, wären steuerliche Förderprogramme des Bundes notwendig oder günstige Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau“, meint Wolf. Wer eine Metzgerei neu gründen wolle, müsse mit Startinvestitionen zwischen 500 000 Euro und einer Million Euro rechnen. „Das bekommt doch kein junger Mensch zusammen. Welche Bank wird solche Kredite vergeben?“, fragt der Obermeister.

Wolf gibt die Hoffnung nicht auf. Wenn er vom Klimawandel liest, dem Trend zur Nachhaltigkeit und zu regionalen Produkten, dann müssten die Metzgereien eigentlich der letzte Schrei sein. Doch so einfach scheint es nicht zu sein.

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