60-jähriges Bestehen Rüngsdorfer stärken Traditionsbäckerei Linnemann den Rücken

Rüngsdorf · Die Bäckerei Linnemann feiert gleich zwei runde Geburtstage in diesem Jahr. Seit 60 Jahren gibt es sie, seit 30 in Rüngsdorf. Ute und Ulrich Linnemann freuen sich über den Rückhalt der Kunden in der Coronakrise.

Ute und Ulrich Linnemann stehen am Backofen ihrer Bäckerei. Seit 30 Jahren arbeiten sie in Rüngsdorf.

Foto: Stefan Knopp

In der Krise besinnen sich die Menschen auf das, was in ihrer Nachbarschaft ist. So jedenfalls kommt es Ute und Ulrich Linnemann vor. Während viele andere Unternehmen unter den Corona-Einschränkungen ächzen, spüren sie kaum Einbußen in ihrer Bäckerei. „In der Woche kommen mehr Menschen“, stellen die beiden fest. „Und die sind alle auch sehr diszipliniert.“ Deshalb können sie auch entspannt das 60-jährige Bestehen der Bäckerei Linnemann feiern.

Ebenfalls ein Grund zum Feiern: Seit runden 30 Jahren findet man das Geschäft in der Rüngsdorfer Rheinstraße. Los ging es in Muffendorf in der Klosterbergstraße 45. Ulrich Linnemanns Vater Josef, ein gebürtiger Münsteraner, war nach seiner Lehre über die Walz nach Bad Godesberg und zur Bäckerei Stendebach gelangt, wo seine spätere Frau Verkäuferin war. Schon auf der Meisterschule machte er sich selbstständig und übernahm dann die Muffendorfer Bäckerei Nettekoven.

Vater Josef Linnemann hatte vor 60 Jahren eine Bäckerei in Muffendorf übernommen

Als Sohn Ulrich geboren wurde, wurde dieser von Beginn an mit dem Duft von Frischgebackenem konfrontiert. „Mein Laufstall stand in der Backstube.“ Und schon als Grundschulkind half er mit. Da konnte er gar nicht anders, als sich für dieses Handwerk zu begeistern. Mit zehn Jahren durfte er erstmals nachts mit aufstehen und wollte eigentlich nur zuschauen, wie sein Vater die Brötchenpresse bediente. Nichts da, meinte der. „Wenn, dann musst du mit anpacken.“

Die alte Presse steht noch immer in der Backstube. Denn die Linnemanns gehören zur aussterbenden Gruppe der Bäckereien, die noch selbst den Teig anrühren und backen. Ulrich Linnemann wollte eigentlich Konditormeister werden, um das Sortiment seines Vaters entsprechend erweitern zu können. Deshalb absolvierte er seine Ausbildung im Café Schöner, das 2019 zugemacht hat. Aber dann starb Josef Linnemann früh mit 55 Jahren, sein Sohn musste schnell umsatteln.

Mit einer Sondergenehmigung führte er das Geschäft weiter, bis er seinen Meisterbrief in der Tasche hatte – mit 22 Jahren. „Ich war damals der jüngste Meister in Bonn und durfte noch nicht ausbilden.“ Das war erst ab 24 Jahren erlaubt.

Der Umzug 1990 nach Rüngsdorf erfolgte vor allem wegen größerer Räumlichkeiten

Seine Frau Ute lernte er über sein Hobby als Fähndelschwenker kennen: Sein Junggesellenverein pflegte gute Kontakte zu dem aus Rommersdorf bei Königswinter, ihrem Heimatort. Da führte eins zum anderen, sie heirateten, bekamen drei Kinder und führten die Bäckerei gemeinsam. 1990 zogen sie nach Rüngsdorf um, weil sie dort größere Räume vorfanden. Inzwischen kennt sie jeder dort, auch weil sie sich im Dorf engagieren, immer beim Brunnenfest mitmischen und ihr Geschäft mehr ist als eine Bäckerei. „Das ist eigentlich eine kleine Tratschbude“, so Ute Linnemann liebevoll. Hier werden Neuigkeiten aus dem Dorf ausgetauscht, „und die Kunden erzählen uns auch mal was im Vertrauen“.

Wie geht es weiter? Der Linnemannsche Nachwuchs geht andere Wege. Bis letztes Jahr hatten sie noch einen vielversprechenden Auszubildenden und hofften, das Geschäft an ihn weitergeben zu können. Er entschied sich aber anders. „Wir machen noch ein paar Jahre bis zur Rente“, sagen die beiden. Was danach wird, können sie noch nicht absehen. „Ich habe meinen Beruf immer geliebt“, sagt Linnemann. Es werde seinem Berufsstand aber zunehmend schwer gemacht, vor allem durch immer neue Auflagen, Regeln und Dokumentationen – und dadurch, „dass die EU uns in die Rezepte reinreden will“. So habe sie vor einigen Jahren versucht, die Salzmenge im Brotteig zu reglementieren. Die Kreativität werde dadurch eingeschränkt.

Gefeiert wird groß im Oktober

Das eigentliche Jubiläum feiern sie im Oktober. Dann könnte es vielleicht auch ein besonderes Gebäck zu diesem Anlass geben. Aber bis dahin heißt es erstmal, kleine Brötchen backen: Man will gemeinsam mit den Rüngsdorfern die Coronakrise überstehen. Die Linnemanns sind ihren Kunden dankbar, „dass sie uns wirklich die Stange halten“.