Weihnachtsserie „Türchen öffnen“ Unterwegs auf der Rheinfähre nach Niederdollendorf

Serie | Bad Godesberg · Karl Cham hat alles andere als einen alltäglichen Job: Er ist Kassierer auf der Fähre zwischen Bad Godesberg und Niederdollendorf und begleitet täglich nicht nur unzählige Pendler über den Rhein – immer wieder öffnet er auch außergewöhnlichen Passagieren „das Törchen“ zur anderen Rheinseite.

 Karl Cham ist Kassierer auf der Rheinfähre in Bad Godesberg und öffnet unzähligen Menschen jeden Tag das „Tor“ zur anderen Rheinseite.

Karl Cham ist Kassierer auf der Rheinfähre in Bad Godesberg und öffnet unzähligen Menschen jeden Tag das „Tor“ zur anderen Rheinseite.

Foto: Christine van den Bongard

Lachend erinnert sich Karl Cham an die wohl skurrilsten Fahrgäste, die er auf der Fähre zwischen Bad Godesberg und Niederdollendorf traf: Eine Eselskutsche mit zwei eingespannten Vierbeinern. Aber auch der ein oder andere prominente Passagier muss hin und wieder übersetzen. Genau diese Abwechslung macht die Arbeit als Kassierer auf der Rheinfähre für den 20-Jährigen aus: „Es ist kein herkömmlicher Job – man ist immer draußen an der frischen Luft mit Blick auf das Siebengebirge und trifft meist nette Menschen“, erzählt das jüngste Mitglied der Mannschaft an Bord der „Konrad Adenauer“.

Nachgezählt, wie viele Fahrgäste er seit eineinhalb Jahren täglich kontrolliert hat, hat Cham noch nie. Im Winter sind es vor allem Berufspendler und Schüler, die das Verkehrsmittel nutzen. Sich selbst würde er als „Torwächter“ bezeichnen, da er die Passagiere jeden Tag unzählige Male auf die jeweils andere Rheinseite begleitet und dabei immer Zeit für einen Plausch findet. Der Umgang mit den Menschen macht für ihn die Arbeit auf dem Rhein aus: „Mir gefällt, dass man immer mit Menschen in Kontakt ist. Ich mag es, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen“, so Cham. Einige Tickets müsse er gar nicht mehr kontrollieren, mit der Zeit gewöhne man sich an die Gäste und kenne sogar die Namen, sagt er.

Cham kennt die Namen vieler Fahrgäste

Immer wieder trifft er bei den Fahrten über den Rhein auf besondere Passagiere: Eine Kutsche mit zwei Eseln zum Beispiel. Da stellt sich dann die Frage: „Wie berechne ich den Ticketpreis für zwei Esel und eine Kutsche?“, erinnert sich Cham. Als Kassierer war er erstmal überfragt, denn theoretisch benötigt ein Gespann so viel Platz wie ein Auto. Am Ende durften die Esel aber für den Preis eines Fahrrads mitfahren.

Auch prominente Gäste nutzen den Weg übers Wasser wie zum Beispiel der Youtuber Tim Lehmann vom Youtube-Kanal „Gewitter im Kopf“ aus dem nahegelegenen Siebengebirge. Und auch der Namensgeber der Fähre ist eine bekannte Persönlichkeit: Der ehemalige Bundeskanzler Konrad Adenauer nutzte die Fähre einst selbst. Stressig wird es an Bord nur dann, wenn sich manche Gäste zu viel Zeit auf dem Weg zur Fähre lassen: Vor allem Schüler wollen morgens pünktlich zum Unterricht kommen, trödeln aber gerne mal. Wenn jemand die Abfahrt knapp verpasst, kehrt die Fähre aber auch nochmal um.

Im Winter wird es ruhiger auf der Fähre

Viele Fahrgäste wissen diesen Service an Bord laut Cham zu schätzen: „Vor allem im Winter bringen die Menschen oft Kekse oder Brötchen für die Mannschaft mit“, erzählt er. Das zeige den Mitarbeitern, dass die Menschen ihre Arbeit wertschätzen und froh sind, unkompliziert ans andere Rheinufer zu kommen. In der Weihnachtszeit geht es auf der Fähre eher ruhiger zu. Das liege vor allem am Wetter, denn im Winter hätten weniger Menschen Lust, mit dem Fahrrad oder zu Fuß überzusetzen, so Cham.

Auch die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren an Deck: Immer wieder gebe es Diskussionen um das Einhalten der Maskenpflicht während der Fahrt oder Ärger darüber, dass der Fahrgastraum im Winter geschlossen bleiben muss. Trotz der vielen außergewöhnlichen Momente auf der Fähre ist für Cham seine Aufgabe klar: „Es passieren immer wieder besondere Dinge, aber ich bin ja auch dafür da, dass nichts Besonderes passiert.“

Wer die Bad Godesberger Fähre nutzen möchte, sollte beachten, dass der Betrieb vom 24. Dezember bis zum 2. Januar vorübergehend eingestellt wird.