Stadtplanung in Bad Godesberg Ur-Godesberger Juppi Schaefer bedauert den Bau der City-Terrassen

Bad Godesberg · Juppi Schaefer sieht in dem Bau der City-Terrassen einen "Sündenfall". Der Schuldige in seinen Augen: Der ehemalige Stadtplaner Gottfried Böhm.

Der Architekt schätzte den nüchternen Baustoff. Eine Reihe Bauwerke von Rang hatte Professor Gottfried Böhm, der in den 60er und 70er als Koryphäe unter den Stadtplanern galt, auch in der Bonner Region mit Beton gebaut und modernisiert. Mit dem Namen des Architekten verbindet Juppi Schaefer nichts Gutes.

Denn aus Sicht des Ur-Godesbergers und Kenners der jüngeren Stadtgeschichte haben Böhms Bauwerke seiner Heimstadt "ihr historisch gewachsenes Gesicht genommen". Wahr ist: Auch in Godesberg blieb Böhm einer vom Zeitgeist geprägten Architektur treu, der sich "Brutalismus" nannte. Markenzeichen: Beton als sichtbares Baumaterial und rein geometrische Körper.

In einem ähnlichen Stil, in welchem Architekten in den 70er Jahren das Restaurant auf dem Drachenfels errichteten, baute Gottfried Böhm zunächst die Ruine der Godesburg um: 1959 entstand nach seinen Plänen aus viel Beton ein Hotel-Restaurant. Für Schaefer begann der "Sündenfall an einem nach 1945 noch intakten Ortskern". Dem sollte aus seiner Sicht ein noch größerer Frevel folgen: Böhms Handschrift verewigte sich Ende der 70er Jahre in dem Altstadtcenter. Das zerstörte in Schaefers Augen gewachsene Straßenzüge rund um die Burgstraße.

"Durch das neue Center wird die Anziehungskraft der ohnehin attraktiven Godesberger Innenstadt noch steigen", prophezeite der damalige Oberbürgermeister Hans Daniels anlässlich der Eröffnung des Altstadtcenters am 1. Oktober 1980. Von der Vorhersage ist nach Ansicht von Juppi Schaefer nicht viel in Erfüllung gegangen. Stattdessen regiere heute Tristesse rund um die Betonterrassen. Viele Geschäftsleute hätten es versucht, "aber alle gaben auf".

Als Grund vermutet er nicht nur ein Übermaß aus Beton. Das Altstadtcenter bilde in der Fußgängerzone den Abschluss einer Art Sackgasse. "Wenn hier nicht die VHS wäre, würden sich noch weniger Menschen ins Altstadtcenter verirren", glaubt Schaefer. Schuld an der Entwicklung sei nicht nur eine Geschäftswelt in Godesberg, "die immer monotoner wird". Auch würden viele Eigentümer der Ladenlokale nicht mehr in Bonn leben: "Daher interessieren sie allein regelmäßige Mieteinnahmen." Deshalb spricht es ihm aus der Seele, dass das Altstadtcenter seit 2002 "City-Terrassen" genannt wird. Damit sieht er einer gewissen Irreführung von Ortsunkundigen vorgebeugt: "Viele Leute haben mich gefragt, wo es zum Altstadtcenter geht, in der Hoffnung, auch etwas von der Bad Godesberger Altstadt zu sehen."

Gleichwohl bleiben die alten Zeiten lebendig in dem 65-Jährigen. Unvergesslich sind jene Jugendjahre, als in der Burgstraße mit ihren kleinen Geschäften und Kneipen noch "das Herz der Stadt schlug". Als Junge aus dem Knolleveedel, der in der Kirchstraße zu Hause war, kannte Schaefer das Viertel zwischen Kirchstraße, oberer Burgstraße und Junkerstraße aus dem Effeff.

Knolleveedel wurden im Volksmund jene Straßenzüge genannt, wo einst Bauern gewohnt hatten, die dort Gemüse anbauten und auf dem Markt verkauften. Genau erinnert sich Schaefer noch, wer wo auf der Burgstraße ansässig war. Das Eiscafé Bedorf hat er ebenso vor seinem inneren Auge wie das "Burschli", die Burglichtspiele. Ebenfalls eine feste Adresse war die "Tonhalle" von Wirt Wershovens Pitter mit Lederwaren Zumhof in der Nachbarschaft, die "Ledderbotz" genannt, sowie Eisen Blatzheim, Spitzname "et Schrüfje".

Warum sich seinerzeit kein Widerstand gegen die Verdrängung dieser heilen Welt regte, erklärt sich Schaefer so: "Es gab damals eine gewisse Hörigkeit gegenüber der Politik." Würde sich die Situation mit dem seit langem angedachten Umbau der City-Terrassen verbessern lassen? Schaefer ist skeptisch: "Das betrifft ja nur den unteren Bereich und ändert an dem Grundübel nichts."

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