Truchsessischer Krieg Verbotene Liaison mit Zündstoff

BAD GODESBERG · Das mittelalterliche Gemäuer ist das weithin sichtbare Wahrzeichen Bad Godesbergs, und jeder kennt die Ruine der Godesburg.

 Soldaten gruben einen Stollen unter der Burg und sprengten den halben Berg in die Luft. Das zeigt auch der Stich von Frans Hogenberg.

Soldaten gruben einen Stollen unter der Burg und sprengten den halben Berg in die Luft. Das zeigt auch der Stich von Frans Hogenberg.

Foto: ga

Was allerdings weniger bekannt sein dürfte, ist das Ereignis, das die Burg so zerstört hinterlassen hat: Mauern und Gebäude waren im Verlaufe des sogenannten "Truchsessischen Krieges" im 16. Jahrhundert gesprengt worden. Moment mal, Truchsessischer Krieg? Der Historiker Norbert Flörken, der lange Zeit am Troisdorfer Altenforst Gymnasium unterrichtet hat, war vor einigen Jahren beim Schmökern über die längst vergangene Auseinandersetzung gestolpert, die sich quasi vor der Haustür des Bonners ereignet hatte.

Inzwischen ist der 68-Jährige ein Experte in der Materie. Daher wird Flörken am Donnerstag, 12. März, ab 19 Uhr einen Vortrag über den "Truchsessischen Krieg in Bonn und Umgebung, 1582 - 1589" für die Friedrich-Spee-Akademie in der Villa Pfenningsdorf halten. Flörkens Neugier war damals schnell geweckt, mehr über jenen folgenschweren Konflikt der Neuzeit zu erfahren, der sich, salopp gesagt, an einer verbotenen Liebe entzündete. Im Mittelpunkt stand der Kölner Erzbischhof Gebhard Truchsess von Waldburg.

Der hohe katholische Würdenträger, der laut Flörken als Erzkanzler zu den führenden Persönlichkeiten des damaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zählte, war am 19. Dezember 1582 zum Luthertum übergetreten und hatte seinen Untertanen am 19. Dezember 1582 Religionsfreiheit gewährt. "Unerhört für die damalige Zeit", sagt Flörken. Hintergrund war: Er wollte die Protestantin Agnes von Mansfeld heiraten, aber auch Kurfürst bleiben. Der Schritt rief mächtige Gegner in der durch konfessionelle Streite aufgeheizten Zeit auf den Plan: Truchsess wurde abgesetzt und exkommuniziert.

Wie sich der Konflikt zuspitzte, wird Historiker Flörken, der bereits zu anderen Themen, etwa dem Nationalsozialismus und dem Streit um die Bücher der Juden 1505-1521, geforscht hat, ausführen. Schließlich verfügt er über so viel Fachwissen, dass er das Buch "Der Truchsessische Krieg in Bonn und Umgebung 1582-1589" herausgegeben und für jedermann nachlesbar als digitale Version ins Internet gestellt hat.

Das Werk nennt er ausdrücklich "ein Lesebuch nach wissenschaftlichen Maßstäben". Aus Sicht von Historiker Flörken gibt es nicht nur wegen des regionalen Bezugs gute Gründe, den Truchsessischen Krieg in den Fokus zu nehmen. "Es war der erste Religionskrieg im damaligen Deutschen Reich vor dem verheerenden 30-jährigen Krieg (1616-1648)", erklärt er.

Dabei sollte sich der Schwerpunkt des Feldzuges, den der Papst, der Kaiser und die Wittelsbacher fortan gegen den abgesetzten Erzbischhof führten, rasch auf die Bonner Region konzentrieren. Nachdem Truppen der kaiserlichen Allianz Kaiserswerth bei Düsseldorf eingenommen hatten, so Flörken, rückten diese brandschatzend in Richtung Süden, in die Kernlande Gebhards vor: "Linz, Unkel und Königswinter wurden belagert." Im November 1583 schließlich eroberte eine bayerisch-spanische Armee Poppelsdorf.

Nur einen Monat später war dann die Godesburg an der Reihe; "Soldaten gruben einen Stollen in den Berg unter der Burganlage und zündeten dort eine Sprengladung", berichtet Norbert Flörken: "Dabei flog fast der halbe Berg in die Luft." Bonn kapitulierte wenig später, im Januar 1584. Erzbischof Gebhard Truchsess und seine Agnes waren da bereits in das kurkölnische Westfalen geflohen. Damit war der Krieg aber keineswegs entschieden, wie Flörken am Donnerstag darlegen wird. Vielmehr sollte der rebellische Erzbischof den Konflikt mit Hilfe niederländischer Truppen 1587 nochmals nach Bonn tragen - um am Ende doch zu unterliegen.

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