Kommentar Verdrängung bringt nichts

Ja, der ehemalige Reichspräsident Paul von Hindenburg war ein gewaltbereiter und antidemokratischer Militär, einer der, wie Michael Paetau es ausdrückte, "Totengräber" der Weimarer Republik. Und ja, diejenigen, die deswegen die Umbenennung von nach Hindenburg benannten Straßen und Plätzen sowie die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde fordern, fordern dies völlig zu Recht.

Hindenburg ist als Bonner Ehrenbürger untragbar. Insofern wäre es wünschenswert gewesen, wenn sich auch die CDU, Bonns größte Ratsfraktion, im Bürgerausschuss eindeutig zur Person Hindenburgs geäußert hätte. Anstatt sich auf die Feststellung zu beschränken, dass das Thema "sensibel und ernst" sei oder Thesen aufzuwärmen, die von seriöser und professioneller historischer Forschung lange abgehakt wurden.

Es ist fast fahrlässig zu behaupten, Hindenburg sei bis zuletzt gegen Hitler gewesen, ohne die Gründe zu nennen, warum. Nicht weil er in ihm einen gefährlichen Antisemiten und Gefahr für die Demokratie sah. Sondern weil er ihn, verkürzt gesagt, als kleinbürgerlichen Emporkömmling nicht wertschätzte.

Trotzdem: Es ist falsch, die Straßennamen einfach zu löschen und verschwinden zu lassen. Der Verein Wissenskultur beschreibt sich selbst als einen Verein, der sich mit Fragen der Erinnerungs- und Vergessenskultur beschäftigt, der erforscht, welches Wissen in den Köpfen der Bevölkerung präsent bleibt und welches vergessen wird.

Wenn eine historische Person wie Paul von Hindenburg heute noch für irgendetwas gut ist, dann dafür, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, sich damit zu beschäftigen, welche Rolle er wirklich gespielt hat. Damit eben nicht jedermann zusammenhanglos behaupten kann, er sei gegen Hitler gewesen.

Das erreicht man nicht, indem man die Erinnerung an ihn einfach löscht. Das ist höchstens Wasser auf die Mühlen derjenigen, die sich mit fadenscheinigen Begründungen für die Ehrenbürgerschaft aussprechen, und die in diesem Zusammenhang gerne den Vorwurf ignoranter Geschichtsverfälschung erheben. Besser ist es, ergänzende kritische Hinweisschilder aufzuhängen, so wie die FDP es vorschlägt.

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