Habicht ist der Vogel des Jahres Verfolgter Meisterjäger

REGION · Meist hört man zuerst nur die aufgeregten Alarmrufe der Amseln und Meisen, bevor man ihn sieht, den zum Vogel des Jahres 2015 gekürten Habicht. Er ist ein Meister der versteckten Jagd und nutzt den Überraschungseffekt, um seine Beute zu überwältigen. Daher jagt er bevorzugt in Wäldern oder strukturreichen Landschaften größere Vögel wie Amseln, Tauben, Krähen und Eichelhäher.

Doch auch Eichhörnchen oder Wühlmäuse verschmäht er nicht. Durch seine vergleichsweise kurzen Flügel und den langen Stoß kann er dabei mit einer extremen Wendigkeit Hindernisse wie Bäume und Äste mit hoher Geschwindigkeit umfliegen und sogar durch dichte Hecken schlüpfen.

Schwere Verletzungen nach Zusammenstößen mit Ästen, Drähten oder großflächigen Glasscheiben sind so nicht selten. Die freiwilligen Helfer beim Vogelnotruf der Nabu- Kreisgruppe Bonn müssen daher immer wieder ausrücken, um verletzte Habichte zu bergen und in tierärztliche Obhut zu bringen.

Der lange Stoß, dessen Länge die Breite eines Flügels übertrifft, sowie der lange Hals sind zugleich ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem ähnlich großen Mäusebussard, mit dem der Habicht häufig verwechselt wird. Meist sind es Mäusebussarde, die man offen auf Pfählen oder Bäumen am Rand von Wiesen und entlang von Straßen sitzen sieht.

Der Habicht dagegen bleibt eher in der Deckung versteckt oder kreist hoch über dem Wald und wartet dort auf den richtigen Moment, um seinen Jagdflug zu beginnen.

Der Gesamtbestand des Habichts in Deutschland wird auf etwa 11 000 bis 16 500 Brutpaare geschätzt. In der Bonner Region ist der Habicht recht häufig zu beobachten. "Wir gehen von einem Bestand von etwa zehn Brutpaaren in den umliegenden Waldgebieten aus. Mit dem gesamten linken Rhein-Sieg-Kreis kämen wir so auf 20 Brutpaare," schätzt der Biologe Frank Wissing von der Nabu-Kreisgruppe Bonn.

Im Bonner Stadtgebiet selbst brütet der Habicht, so wie man es in Köln oder Berlin seit einigen Jahren beobachten kann, allerdings bislang nicht. Die Habichte aus dem Kottenforst kommen jedoch regelmäßig in die städtischen Parkanlagen, um dort Straßentauben zu jagen.

Dort, wie auch auf den Friedhöfen lassen sich auch immer wieder Jungvögel aus dem Vorjahr, die noch kein eigenes Revier besetzen, beobachten. Diese jungen Habichte erkennt man an den deutlich tropfenförmigen Flecken im Brustgefieder, das heißt sie zeigen noch nicht die typische feine Querbänderung, die sogenannte "Sperberung", die erst nach zwei Jahren bei den voll ausgewachsenen Vögeln erscheint.

Im Herbst machen die Habichte mit spektakulären Balzflügen hoch über dem Wald auf sich aufmerksam, wobei sich stets wieder dieselben Brutpaare vom Vorjahr zusammenfinden. Im Frühjahr, zu Beginn der Brutzeit, leben sie dagegen deutlich unauffälliger. "In dieser Phase reagieren die Habichte sehr empfindlich auf Störungen", so Nabu-Greifvogelexperte Peter Meyer.

"Die intensive Forstnutzung wie auch der erhebliche Freizeitdruck in den stadtnahen Wäldern können dann zum Problem werden. Dass große Teile des Kottenforstes Naturschutz- und FFH-Gebiete sind, schränkt die forstwirtschaftliche Nutzung leider nicht ein, und der wirtschaftliche Druck auf unsere Staatsforste ist gerade in NRW enorm", so Meyer.

"Zum Glück gibt es bei uns eine gute Zusammenarbeit mit den Staatsförstern, die Rücksicht auf die Horstbäume nehmen. Auch die meisten Holzrückearbeiten sind mittlerweile abgeschlossen oder werden nur noch nahe der Wege und außerhalb der zentralen Waldbereiche durchgeführt", sagt Meyer weiter.

Leider jedoch sei der Habicht neben dem Mäusebussard heute die am häufigsten verfolgte Greifvogelart in NRW - Tendenz steigend. Eindeutige Zahlen belegten, dass der Habicht im Tiefland dem größten Verfolgungsdruck ausgesetzt sei, da dort das Niederwild (Fasan, Hase) stärker vertreten ist. Wichtig ist nach Meinung von Peter Meyer zudem, "auch die private Holzentnahme zu lenken oder auf den Spätherbst zu verlegen, wenn die meisten Vogelarten im Wald gebrütet haben".

Davon würden nicht nur der Habicht, sondern auch andere empfindliche Arten wie der Kolkrabe profitieren, die wieder ungestört in den Bonner Wäldern brüten könnten. Frank Wissing hat die Hoffnung, dass "wir dann eines Tages auch den Schwarzstorch nicht nur als Durchzügler und Nahrungsgast, sondern auch als Brutvogel wieder im Kottenforst beobachten können".

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