Diskussion in Bad Godesberg Videoüberwachung: Sicherheitsfaktor oder Scheinsicherheit?

BAD GODESBERG · In Bad Godesberg diskutieren die Politiker kontrovers über die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen. Zuletzt hatte die Polizei entschieden, dass es in Bonn keine Videoüberwachung geben wird.

Dass es in Bonn vorerst keine Videoüberwachung geben wird, sorgt weiterhin für kontroverse Diskussionen. In Bad Godesberg hatten wohl viele damit gerechnet, dass beispielsweise das Areal rund um das Rondell an der Rheinallee ein Kriminalitätsschwerpunkt ist.

Nachdem dort Anfang Mai der 17-jährige Niklas mit einem Schlag und einem Tritt gegen den Kopf lebensgefährlich verletzt wurde, waren Rufe nach Videokameras laut geworden – ohne Erfolg, die Prüfung der Polizei hat ein anderes Bild gezeichnet.

Das zeige, dass das NRW-Polizeigesetz mit dem Sicherheitsbedürfnis der Bürger vor Ort nichts zu tun habe, sagte Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke. Die Prüfung sei „eine Ohrfeige für alle, die die aktuellen Probleme lösen wollen. Wir müssen den Menschen – insbesondere in Bad Godesberg – Wohlbefinden und Sicherheit zurückzugeben.“ Dazu gehöre auch die Videoüberwachung.

Die formalen Voraussetzungen des Polizeigesetzes blendeten die lokalen Umstände und den Präventionscharakter von Videobeobachtung aus, meinte auch Philipp Lerch (CDU). Busse, Straßenbahnen und Haltestellen seien mittlerweile mit Kameras ausgestattet. Warum also „soll eine Videobeobachtung an erwiesenen Brennpunkten nicht erlaubt sein?“ Die CDU werde sich weiter „mit Nachdruck dafür einsetzen, dass rechtliche Spielräume für die Kommunen geschaffen werden“. Bei der bevorstehenden Umgestaltung der Haltestelle Rheinallee werde man nichts unversucht lassen, um alle Sicherheitsfaktoren zu berücksichtigen.

Das möchte auch die FDP. „Die Absage der Polizei ist für mich ein Schlag ins Kontor des stark ramponierten Sicherheitsgefühls der Bad Godesberger“, sagte Ulli Hauschild. Die Bad Godesberger FDP werbe für eine „Videoüberwachung mit Balance, für einen selektierten, an der notwendigen Sicherheit orientierten Einsatz von Kameras“. Diese verhindere zwar keine Straftaten, wirke aber präventiv und helfe bei der Aufklärung von Straftaten. „Dazu müssen die Kameras allerdings auch aufzeichnen und nicht nur beobachten.“

Die SPD wolle, „dass die Menschen in Bad Godesberg sicher sind und sie sich auch sicher fühlen“, so Hillevi Burmester. Kameras seien ein Mittel, das vornehmlich nachträglich wirke. „Um einige wenige identifizieren zu können, wird das Verhalten aller beobachtet.“ Wichtiger sei, dass Menschen vor Ort sind – seien es Polizisten, Ordnungsdienst oder „normale“ Bürger. Darüber hinaus halte sie Notrufsäulen für sinnvoll.

Die Argumentation von Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa, laut der Kriminalitätsanalyse gäbe es beispielsweise an der Rheinallee keinen Bedarf, könne man nicht verstehen, hieß es vom Bürger Bund Bonn (BBB). „Eine Kameraüberwachung am Todesort von Niklas mit dem Hinweis abzulehnen, dieser Bereich sei nach Statistik kein Ort, an dem in der Vergangenheit häufig Straftaten zur Anzeige gebracht worden wären, ist zynisch“, sagte Marcel Schmitt. Das Areal sei ein Treffpunkt junger Krawallmacher und Kleinkrimineller. „Statt sich hinter der Statistik zu verstecken, sollte die Polizeipräsidentin lieber hinterfragen, warum viele von Abzocke, Gewalt und Pöbeleien betroffene Jugendliche die gegen sie verübten Delikte seit Langem nicht mehr angezeigt haben.“

Videoüberwachung sorge für eine Scheinsicherheit, ist Monika Heinzel (Grüne) überzeugt. „Effektiver sind Polizeipräsenz sowie die Gestaltung des öffentlichen Raumes.“ So müssten unter anderem regelmäßig Büsche und Gestrüpp zurückgeschnitten werden, um Sichtachsen zu schaffen. Eine Skepsis gegenüber Kameras hege auch die Linke, sagte Ralf Jochen Ehresmann. Sie könnten „maximal ein hilfreicher Teilaspekt“ in einem Sicherheitskonzept sein. Es komme nicht auf die Videoüberwachung an, sondern darauf, „dass die Menschen die Dinge selbst in die Hand nehmen.“

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