Chorsingen in Wachtberg Von Argentinien nach Villiprott

Villiprott · Die Pianistin Gabriela Verónica Pullen wuchs in Argentinien auf und zog in die Heimat ihres Vaters - nach Deutschland. Seit zwei Jahren leitet den Chor „Singen in Wachtberg“. Ihr ist es wichtig Brücken zwischen Mensch und Musik zu schlagen - sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks.

 Zu Hause hat Gabriela Pullen die Wahl zwischen zwei Klavieren.

Zu Hause hat Gabriela Pullen die Wahl zwischen zwei Klavieren.

Foto: Petra Reuter

Seit gut zwei Jahren leitet Gabriela Verónica Pullen den Chor „Singen in Wachtberg“. Die Pianistin und Chorleiterin hat deutsche und argentinische Wurzeln. Ihr Vater war als Kind mit der Familie ausgewandert und hatte in der Ferne eine Argentinierin geheiratet. „Wir sprachen Zuhause die Landessprache. Niemand hätte gedacht, dass ich jemals zurück nach Deutschland auswandern würde“, sagte die 44-jährige Pianistin. Doch das Studium führte sie in die Heimat ihres Vaters zurück. Hier fühlte sie sich so wohl, dass sie blieb und heute Brücken schlägt zwischen Menschen und der Musik einerseits und zwischen Musikern diesseits und jenseits des Atlantiks.

Pehuajó in der Provinz Buenos Aires heißt der Ort in ihrer Heimat. Ihre Kindheit verlebte die international bekannte Pianistin auf der Estancia El Mediodía, einem rund 2000 Hektar großen Landgut, das ihr Vater verwaltete. „Er hat immer viel von seiner Heimat erzählt, obwohl er in Deutschland nur die erste Klasse erlebt hat. Dann ist die Familie ausgewandert“, berichtete Pullen. Vor allem das letzte Weihnachtsfest in Deutschland 1947 war etwas Besonderes für den Vater gewesen. „Er erzählte uns von der Kultur und der Musik und dass es kaum etwas zu essen gab. Aber die Familie war ein letztes Mal zusammen, das war wichtig“, sagte Pullen. „Bis heute mag ich deutsche Heimatlieder und ich liebe Perfektion und Pünktlichkeit“, schmunzelte die Pianistin.

„Meine ersten Instrumente waren Zuhause die Melodica und das Akkordeon“, so Pullen. Als sie ins Schulalter kam, entschieden sich die Eltern für die 30 Kilometer entfernt liegende Schule in der Stadt. „Sie wollten, dass wir alle Möglichkeiten haben, die eine städtische Ausbildung bieten konnte. Das ist in Argentinien keine Selbstverständlichkeit.“ Als 1987 schwere Überschwemmungen einige Landstriche von der Stadt trennten, zog die Familie in die Stadt. „So konnte ich die Musikschule besuchen und meine erste musikalische Ausbildung schon während der Schulzeit absolvieren.“

Dieser Zeit folgten weitere Studien, Konzerte, Diplome und Auszeichnungen. „Aber ich wollte in die Welt, wollte meinen Horizont erweitern“, sagte die Wahl-Wachtbergerin. Sie entschied sich für ein Studium in dem Land, von dem ihr Vater so viel erzählt hatte. „Ich fühlte mich vom ersten Augenblick an wohl in Deutschland“, beschrieb sie ihre Ankunft am Flughafen und den Weg nach Mainz, ihrem Studienort. Was als Studienaufenthalt vor 18 Jahren begann, wurde für die Pianistin zur Heimat. Sie lernte ihren Mann kennen und zog 2007 mit ihm nach Villiprott, wo die Familie heute mit ihren beiden Kindern lebt. „Ich bin in beiden Ländern zuhause“, sagte sie. Heute reist sie mit ihren Kindern gemeinsam nach Argentinien, gibt dort Unterricht und Konzerte, besucht ihre Familie. „Es kommen auch Musiker aus Argentinien nach Deutschland, da konnten wir schon einmal ein Konzert in Rheinbach organisieren“, sagte sie. Pullen spielte in der Region unter anderem regelmäßig bei Festakten in der argentinischen Botschaft und beim Jubiläumskonzert der Universität zu Köln in der dortigen Philharmonie.

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