Fraunhofer-Institute Wachtberger Forscher entwickeln Strategien zur Drohnenabwehr

Wachtberg · Ob Cyberangriff oder Drohnenabwehr: Am Fraunhofer FKIE in Wachtberg stellen sich Wissenschaftler vielen Gefahren. Sie entwickeln zurzeit handfeste Lösungen zur Drohnenabwehr.

Am Standort Wachtberg befinden sich gleich zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft: Das Fraunhofer FHR und das Fraunhofer FKIE.

Am Standort Wachtberg befinden sich gleich zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft: Das Fraunhofer FHR und das Fraunhofer FKIE.

Foto: Ronald Friese

Drohnen werden immer vielseitiger, leistungsfähiger und günstiger, sodass die Verkaufszahlen für die surrenden Fluggeräte in die Höhe schnellen. Doch nicht jeder, der seine Drohne in Richtung Himmel steigen lässt, hat nur sein Haus oder spektakuläre Landschaftsaufnahmen im Blick. Im Gegenteil: Die Polizei betrachtet mit Sorge, dass die unbemannten Luftfahrzeuge auch für kriminelle, terroristische oder Spionage-Zwecke genutzt werden. Zum Beispiel, um verbotene Gegenstände in Gefängnisse zu schmuggeln, Anschläge zu verüben oder aus der Luft geheime Firmeninformationen zu erlangen.

Um das zu verhindern, erarbeiten Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE) in Wachtberg-Werthhoven handfeste Lösungen zur Drohnenabwehr. Beispiele, wie die abstürzende Drohne bei einem Wahlkampfauftritt von Angela Merkel, der Flug einer Drohne mitten durch ein Stadion voller Menschen oder täglich eingehende Meldungen von Beinahe-Kollisionen mit Flugzeugen zeigen, wie groß der Bedarf ist. Technisch gesehen geht es darum, Drohnen frühzeitig zu erkennen und zu analysieren, ob eine Gefahr von ihnen ausgeht. Im Notfall gilt es auch, Abwehrmaßnahmen in die Wege zu leiten.

Doch das Drohnen-Projekt ist nur eines von vielen, an dem die Wissenschaftler am Fraunhofer FKIE in zehn Abteilungen arbeiten. Eines haben fast alle ihre Projekte gemeinsam: Es geht um Verteidigung und Sicherheit im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums, der Polizei, des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder strategischer Partner aus der Wirtschaft. Das FKIE unterstützt die Bundeswehr hauptsächlich darin, ihre Informationssysteme, Infrastrukturen und Anlagen zu schützen. Bei Militärkonvois in Afghanistan kommt zum Beispiel ein sogenannter vom FKIE entwickelter Jammer zum Einsatz, der ferngezündete Sprengsätze durch das Aussenden von Störsignalen vor dem Vorbeifahren unschädlich macht. „Wir liefern in diesem Fall die Technologie und den einsatzfähigen Prototypen“, sagt Kai Nürnberger, Leiter für Strategie und Markterschließung am FKIE. Die Produktion der Endgeräte oder die Einrüstung der Technik in die Fahrzeuge bleibt Aufgabe der Industrie.

Zusammenarbeit mit Flughafen Köln/Bonn

Das gilt auch bei der Entwicklung von Technologien und Systemen in der zivilen Sicherheitsforschung. Beispielsweise entwickelten FKIE-Forscher in einem Projekt mit dem Köln/Bonner-Flughafen eine Steuerungssoftware, die große Datenmengen aus dem Flughafenbetrieb zusammenführt, sehr schnell auswertet und in einer Karte darstellt. Das hilft den Mitarbeitern am Flughafen, technische Schwierigkeiten oder unvorhergesehene Störungen besser in den Griff zu bekommen.

„Unsere Forschung hat immer die direkte und unmittelbare Anwendung im Blick“, sagt Nürnberger. Das ist auch das Prinzip, nach dem an allen 72 Fraunhofer-Instituten in Deutschland geforscht, entwickelt und konzipiert wird: Forschen für die Praxis ist die zentrale Aufgabe der 1949 gegründeten Fraunhofer-Gesellschaft.

Das zeigen auch die Wissenschaftler, die für den Komplex Cyber-Sicherheit am FKIE verantwortlich sind. Sie waren im Dezember 2016 maßgeblich an der Zerschlagung der bis dahin weltweit größten Botnetz-Infrastruktur Avalanche beteiligt. „Das FKIE lieferte vor allem technisches Know-how im Hintergrund“, so Nürnberger. Viereinhalb Jahre lang waren die FKIE-Forscher in die internationalen Ermittlungen eingebunden und sorgen in Zusammenarbeit mit dem BSI bis heute dafür, dass dieses kriminelle Netzwerk nicht wiederbelebt werden kann. Hunderttausende private und geschäftliche Computersysteme und Mobilgeräte waren von der Infektion mit bösartiger Software betroffen. Auch bei der Bereinigung der infizierten Computer helfen die Bonner IT-Forscher indirekt bis heute mit.

Mit seinen Forschungsaktivitäten auf höchstem Niveau trägt das FKIE dazu bei, den hiesigen IT-Sicherheitsstandort zu stärken. „Bonn muss als Kompetenzzentrum und Herz der operativen IT-Sicherheit in Europa wahrgenommen werden“, meint Nürnberger. Das sei auch einer der Gründe gewesen, einen zweiten FKIE-Standort mit dem Schwerpunkt Cyber-Sicherheit in Bonn in der Nähe wichtiger strategischer Partner wie dem BSI, dem Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr oder der Deutschen Telekom zu eröffnen.

Mehr als 10 000 Beschäftigte arbeiten mittlerweile in der Branche. „Gleichzeitig arbeiten wir auch eng mit den Hochschulen der Region zusammen“, sagt Nürnberger. Viele Absolventen – die Besten ihres Fachs – kommen etwa von der Universität Bonn, der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen oder der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, um am FKIE zu forschen. Trotz großer Konkurrenz anderer Mitbewerber arbeiten beim FKIE viele Top-Leute – auch weil sie bei anderen Arbeitgebern kaum eine Tätigkeit mit interessanteren Projekten finden würden. Nürnberger: „Wir kümmern uns meist um die wirklich spannenden Fragen, bei denen die Antworten noch nicht feststehen.“

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