Polizeiwache Bad Godesberg Wenn Langeweile ein Fremdwort ist

BAD GODESBERG · Unfälle, Sachbeschädigungen und mehr: Während der Nachtschicht ist in der Wache Bad Godesberg einiges zu tun. Die Route bestimmt die Streifenwagen-Besatzung selbst - die Einsätze nicht.

 Vorbereitung: Die Beamten machen auf dem Parkplatz an der Zeppelinstraße den Bully einsatzbereit für den so genannten Lapperdienst.

Vorbereitung: Die Beamten machen auf dem Parkplatz an der Zeppelinstraße den Bully einsatzbereit für den so genannten Lapperdienst.

Foto: Axel Vogel

Langeweile ist für Klaus Gerber und seine Kollegin Anne Roth (Namen von der Redaktion geändert) ein Fremdwort. Und das nicht nur am Tag, sondern vor allem auch in den späten Abend- und Nachtstunden. Die beiden Polizeibeamten haben keine Zeit, Däumchen zu drehen. Sie fahren Streife durch Bad Godesberg, schreiben Berichte und steigen wieder in den Streifenwagen. Acht Stunden lang, im sogenannten Lapperdienst: von 18 bis 2 Uhr.

"Ruhig ist es nie", sagt Gerber, während er mit seiner Kollegin den Bully (und sich selbst) einsatzbereit macht. Dann geht es los. Welche Route sie an diesem Abend nehmen, welche Straßen sie genauer unter die Lupe nehmen wollen - das bestimmt die Streifenwagenbesatzung selbst.

Nur in ihrem Beritt sollten sie sein. Für die Wagen der Bad Godesberger Wache ist das der Bereich zwischen Landesgrenze und Museum Koenig. Sehr viel Freiraum bedeutet das allerdings nicht. Denn es dauert nie lange, bis der nächste Einsatz ansteht.

Unfälle, ausgefallene Ampeln, oder Ruhestörungen sind an der Tages- (beziehungsweise Nacht-)ordnung. Doch das ist noch nicht alles. In einem Geschäft zum Beispiel wurde eine 13-Jährige beim Ladendiebstahl erwischt. Völlig zerknirscht sitzt das Mädchen im Raum hinter dem Ladenlokal, nur mühsam unterdrückt sie ihre Tränen.

Gerber und Roth klären die Details mit den Mitarbeitern, sprechen mit der 13-Jährigen, informieren die Eltern und nehmen das Mädchen mit zur Wache, das dort von ihren Eltern abgeholt wird.

Danach fährt das Duo wieder los. Entlang der Ludwig-Erhard-Allee, zur Rheinaue, alles ist ruhig. Dann die Nachricht über Funk: Ein Mädchen hat gegen ein Auto getreten, und zwar so fest, dass eine Delle zu sehen ist. Dann ist sie abgehauen. Der Geschädigte allerdings lief hinterher, und erwischte die Jugendliche am Sportpark Pennenfeld. Dort warten die beiden nun auf die Polizei, die mit Blaulicht in Richtung Süden fährt.

Am Parkplatz angekommen wird schnell klar, dass das Mädchen abgehauen ist, die letzten Tage bei einer Freundin übernachtet hat. Und der Autobesitzer ist sich auf einmal nicht mehr sicher, ob er einen Strafantrag stellen möchte oder nicht. "Das hat mit der Anzeige nichts zu tun, die schreiben wir sowieso. Es geht um ihre persönlichen Schadensersatzansprüche", erklärt Roth ihm mehrmals geduldig.

Nachdem aber auch nach 25 Minuten noch keine Entscheidung gefallen ist, reißt ihr der Geduldsfaden. Nach einer erneuten Erklärung (diesmal in schärferem Ton) fahren die beiden mit dem Mädchen, das an seiner Wohnanschrift abgeliefert wird, weiter. Allerdings mit einem Zwischenstopp an dem Auto, um den Schaden zu fotografieren. "So etwas passiert immer mal wieder. Das kostet wahnsinnig viel Zeit", sagt Gerber mit Blick auf den unentschlossenen Autobesitzer. "Aber das gehört eben dazu."

Der Abend schreitet voran. Und die Einsätze reißen nicht ab. Ein Mann, der länger nichts von seiner Frau gehört hat, eine ältere Dame, die drei Einbrecher in ihrer Wohnung gesehen haben will, Licht im Kindergarten oder zwei Autofahrer, die am Rhein falsch geparkt haben - all das steht auf dem Lapper-Programm.

Auch wenn es in dieser Nacht kein gravierender Einsatz ansteht: Durchatmen können Gerber und Roth nicht. Wie viele Einsätze tatsächlich pro Nacht anfallen, wird auf dem Einsatz-Computer in der Wache deutlich. Sekündlich kommen neue hinzu. Sie alle werden von den jeweiligen Wachen aus koordiniert, große Einsätze werden von der Leitstelle in die Hand genommen. Sämtliche Vorgänge sind mit Zahlen gekennzeichnet.

So kann der zuständige Beamte sehen, welcher Einsatz wo stattfindet (also ob zum Beispiel Godesberg, Meckenheim oder Ramersdorf zuständig ist). Doch nicht nur das. Die einzelnen Wagen, die unterwegs sind, sind ebenfalls aufgelistet. Jeder ist mit verschiedenen Zahlen markiert, so dass klar ist, welcher Wagen frei, im Haus oder auf dem Weg zu einem Einsatz ist. Außerdem wird so deutlich, wo noch Gesprächsbedarf (unter anderem für Nachfragen) herrscht.

Wie viel Zeit pro Schicht im Wagen und wie viel auf der Wache verbracht wird, war früher festgelegt: Zwei Stunden fahren, eine auf der Wache und so weiter. Schnell aber wurde klar, "dass das nicht durchgehalten werden kann", erklärt Gerber. Schließlich wisse man nie, wie viele Einsätze tatsächlich gefahren werden müssen. "Es gibt auch Schichten, bei denen ist man gar nicht auf der Wache."

Das ist zwar an diesem Abend nicht der Fall, es bleibt die Zeit, um die Berichte, die nicht von der Schreibkraft übernommen werden, selbst zu verfassen. Langeweile aber bleibt für Gerber und Roth trotzdem ein Fremdwort.

Schichtdienst

In der Wache wird in drei Schichten gearbeitet, Beginn ist um 7, um 14 oder um 21 Uhr. Zusätzlich gibt es den Lapperdienst, der seinen Namen trägt, weil er zwei Schichten "überlappt". Er dauert von 18 bis 2 Uhr oder auch von 16 bis 24 Uhr.

Zeitlich wird er "in der Wache angepasst. Am Wochenende zum Beispiel geht er weiter in die Nacht hinein, unter der Woche beginnt er wegen des Berufsverkehrs früher", erklärt Polizeisprecher Christoph Schnur.

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