Hohe Kosten und Infektionen Wie die Godesberger Jugendhilfe durch die Pandemie kommt

Bad Godesberg · Wie kommen die Jugendhilfe-Einrichtungen in Bad Godesberg durch die Corona-Pandemie? Die Leitungen sprechen von teils hohen Kosten und herausforderndem Infektionsschutz.

 Wie es den Kinderhäusern im Bezirk in der Krise ergangen ist: Wolfgang Lentner (v.l.), Britta Pitsch, Holger Huch und Sammy.

Wie es den Kinderhäusern im Bezirk in der Krise ergangen ist: Wolfgang Lentner (v.l.), Britta Pitsch, Holger Huch und Sammy.

Foto: Benjamin Westhoff

Den traditionellen Kunstkalender für 2022 haben die Kinder des Hermann-Josef-Hauses trotz Corona auch in diesem Jahr gefertigt (siehe „Kunstkalender“). Aber wie in den anderen beiden Jugendhilfe-Einrichtungen Bad Godesbergs, im Godesheim und im Haus Käthe Stein, verlangte die Pandemie auch dem Hermann-Josef-Haus der Caritas-Jugendhilfe viel zusätzliche Energie ab. Erfreulicherweise seien sowohl die Bewohner als auch die Mitarbeiter ohne große gesundheitliche Folgen durch den Lockdown gekommen, antwortet Leiterin Britta Pitsch auf GA-Frage erleichtert. Gerade die 138 Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen null und 27 Jahren hätten sich geduldig auf die Einschränkungen und Anforderungen wie Homeschooling eingestellt. Dabei haben gerade die stationär Betreuten unter ihnen Erfahrungen der Verwahrlosung, Gewalt, psychischer oder Suchterkrankung oder Erziehungsschwierigkeiten hinter sich.

„Es konnten nicht wie in gewohnter Form Kontakte stattfinden“, blickt Pitsch zurück. Dabei seien dann aber viele neue Gestaltungs- und Spielideen entstanden. Das sieht sie als Zugewinn. Die pädagogischen Fachkräfte hätten mit den jungen Bewohnern etwa verstärkt Ausflüge unternommen. Inzwischen laufe die Arbeit überwiegend gut und nahezu auf Normalniveau, meint Pitsch. Die vorsichtige Öffnung sei auch der erfreulich hohen Impfquote im Hermann-Josef-Haus zu verdanken. Man plane nun sogar eine Weihnachtsfeier mit Wortgottesdienst im Freien und anschließend gruppenintern die Bescherung. „Defizite sind nach wie vor in der Digitalisierung vorhanden, obwohl wir hier schon einiges auch dank der Spenden der Ließem-Stiftung verbessern konnten“, stellt die Caritas-Vertreterin fest. Hier sei aber noch eine kontinuierliche Weiterentwicklung nötig. Zu finanziellen Auswirkungen der Pandemie will Pitsch nichts sagen.

Merklich weniger Anfragen in des Lockdowns

Berit Schmeling von der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim ist hier auskunftsfreudiger. Während der Lockdowns habe es überall merklich weniger Anfragen für erzieherische Hilfen gegeben, weil die Institutionen, die den Bedarf wahrnehmen, geschlossen waren, verdeutlicht Schmeling. Inzwischen sei aber wieder ein hohes Anfrage-Niveau erreicht. Und „die wieder steigenden Anfragen dürften sich auch in finanzieller Hinsicht positiv auswirken.“ Das Godesheim betreut im Stadtgebiet um die 400 Kinder und Jugendliche zwischen null und 18 Jahren stationär, teilstationär oder ambulant, davon in Godesberg zwischen 100 und 130. Die Gründe für die Inobhutnahme seien Überforderung, psychische oder physische Erkrankungen bis hin zu Drogenkonsum oder Misshandlungen seitens der Eltern. „Aufseiten der Kinder oder Jugendlichen kann extrem herausforderndes oder fremdgefährdendes Verhalten den Einsatz erzieherischer Hilfen notwendig machen.“

Gleich zu Beginn der Pandemie sei im Godesheim ein Covid-Team eingerichtet worden, das fast rund um die Uhr erreichbar ist. Es habe leider auch nicht vollständig Infektionen verhindern können, so Schmeling. Aber alle Fälle seien glimpflich verlaufen. Auch die digitale Beschulung im eigenen Projekt „Stadtgrenzenlos“ und mit der nahen Siebengebirgsschule habe gut funktioniert. Das Leben und Arbeiten in der Pandemie sowie die Kommunikation habe sich eingespielt. „Ein Problem, das durch Corona an Deutlichkeit gewann, ist der Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe“, beklagt die Godesheim-Vertreterin. „Es fehlt Nachwuchs.“

Für den Verein Haus Käthe Stein antwortet dessen Verwaltungsleiterin Mirja Hirt, die stationäre Kinder- und Jugendhilfe habe in der Pandemie für die 22 betreuten Kinder und Jugendlichen im Alter von sechs bis 20 Jahren „quasi von jetzt auf gleich in den Krisenmodus wechseln“ müssen. Das habe zu Verunsicherung geführt: „infektiologisch, fachlich, rechtlich, finanziell, organisatorisch und personalplanerisch.“ Plötzlich hätten die Pädagogen auch Lehrerersatz sein müssen, und das mit einem Gruppenlaptop für bis zu neun Jugendliche, was einen Spagat und viel Mehrarbeit bedeutet habe. Auch finanziell sei die Herausforderung sehr hoch gewesen, fährt Hirt fort: Für Masken und Desinfektionsmittel seien anfangs horrende Preise verlangt worden.

Testungen nicht mit Schichtbetrieb vereinbar

Zudem sei das Angebot kostenloser Testungen mit Schichtdiensten nur schwer zu vereinbaren gewesen, so die Verwaltungsleiterin. „Alle zusätzlichen Ausgaben waren leider auch nicht refinanziert.“ Bei den Jugendämtern habe man pro Kind 200 Euro für einen Laptop gesondert in Rechnung stellen können. „Man kann sich aber vorstellen, dass für diesen Preis kaum ein Laptop inklusive der benötigten Programme zu bekommen ist.“ Die Normalität komme nun erst langsam wieder, so Hirt. Dabei hätten natürlich die Kinder und Jugendlichen besonders unter den massiven Kontaktbeschränkungen gelitten. Aber sie hätten fantastisch reagiert. „Keiner hätte gedacht, dass diese jungen Menschen die Corona-Situation so toll meistern würden.“

Kontakt zu den Godesberger Jugendhilfe-Einrichtungen: CJG Hermann-Josef-Haus: Dechant-Heimbach-Str. 8, Tel. 0228/951340, Internet: www.cjg-hjh.de; Evangelische Jugendhilfe Godesheim: Venner Str. 20, Tel. 0228/38270, Internet: www.godesheim.de; Haus Käthe Stein, Drachenfelsstr. 5, Tel. 0228/354132, Internet: www.haus-kaethestein.de.

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