Interview mit Rüdiger von Woikowsky Wieso der Autor ein Buch über die StäV Ständige Vertretung geschrieben hat

BONN · Rüdiger von Woikowsky hat das Buch "Das Phänomen StäV. Ständige Vertretung - Brücke zwischen Rhein und Spree" geschrieben. Wie es dazu kam, erklärt er im Interview.

"Das Phänomen StäV. Ständige Vertretung - Brücke zwischen Rhein und Spree": So lautet der Titel eines phänomenalen Buches, dessen Autor Sie sind. Wer hatte die Idee für dieses Opus?
Rüdiger von Woikowsky: Schon im Sommer 2004 fragte mich Friedel Drautzburg, ob ich nicht Lust hätte, ein neues Buch über die Ständige Vertretung in Berlin zu schreiben. Konzept, Titelidee und der Haupttext stammen von mir. Ergänzt wird das neue Buch durch gastronomisch-politische und kölsch-psychologische Betrachtungen von Friedel sowie durch Beiträge unter anderem von Ulrich Wickert, dem Kabarettisten Konrad Beikircher oder dem früheren General-Anzeiger-Chefredakteur Helmut Herles. Man muss aber auch sagen, dass es ohne die wunderbaren Bilder des Pressefotografen Frank Ossenbrink und andere Fotokollegen dieses Buch nie gegeben hätte.

Hatten Sie sich spontan bereit erklärt, an entscheidender Stelle an dem Werk mitzuarbeiten?
Woikowsky: Als Journalist, der als Zeitzeuge und Betroffener sowohl die Bonner Vorgeschichte, also den Kampf zwischen Bonn und Berlin, als auch die zehnjährige Entwicklung der StäV miterlebt hat, hat mich diese Aufgabe sehr gereizt. Meine Spontanität hat dann allerdings etwas gelitten, als ich in den nächsten zwei Jahren sporadisch von Friedel immer nur hörte: "Rüdiger, wir machen das!" Ehrlich gesagt, manchmal habe ich nicht mehr an die Realisierung des Projektes geglaubt. Im September 2006 gab es in Berlin dann das erste große Treffen mit dem Kölner Bachem-Verlag - und damit das Startsignal.

Apropos spontan. Friedel Drautzburg und Harald Grunert sind sehr liebenswürdige und kreative, aber auch spontane Zeitgenossen. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den beiden Bonn-Berliner-Brückenbauern?
Woikowsky: Ich kenne Friedel und Harald seit gut acht Jahren, und es hat sich daraus nahezu eine freundschaftliche Beziehung entwickelt. Ich wusste daher von vorneherein, was und wer da auf mich zukommt. Friedel - ich meine das liebevoll - ist eher unorganisiert, während für Harald genau das Gegenteil gilt. Friedel der Außenminister, Harald der Innenminister, das gleicht sich aus und ergänzt sich in der gemeinsamen StäV-Führung und ebenso in unserer Zusammenarbeit. Nein, es gab keine Probleme. Und die Spontaneität, Kreativität, und vor allem der Ideenreichtum der beiden, haben dem Buch nur gut getan.

Sie selbst sind ja auch so eine Art Brückenbauer. Sie haben viele Jahre in Bonn als Journalist gearbeitet, zuletzt als Pressesprecher des Deutschen Beamtenbundes - sowohl in Bonn als auch in Berlin. Was fasziniert Sie persönlich an der rheinischen StäV in der eher preußisch orientierten Bundeshauptstadt?
Woikowsky: Ich habe 1969 übrigens beim General-Anzeiger angefangen, beim Express, der Welt und dem Deutschen Beamtenbund (DBB) 32 Jahre als Journalist in Bonn gearbeitet, bevor mich 2001 beim DBB für mehr als drei Jahre noch das Pendlerschicksal ereilt hat. Die Faszination StäV hat verschiedene Facetten. In den Anfangsjahren war es vor allem der Botschaftscharakter für Rheinländer und besonders Bonner. Damals gab es noch kaum ein Kölsch in Berlin. Durch den Presserummel um den sozusagen nach Berlin konvertierten ehemaligen Pro-Bonn-Kämpfer Friedel Drautzburg war die Ständige Vertretung schon vor der Eröffnung eine Institution und vom ersten Tag an proppevoll. Hier trafen sich Journalisten und Bundesbedienstete, später auch die Politiker. Hier entwickelte sich eine Nachrichtenbörse, hier gab es ein Schwarzes Brett für Mitfahrt oder Wohnungssuchende, dazu täglich die Bonner Zeitungen und halt frisches Kölsch. Man hatte ein Stück Heimat. Die Kneipe wurde ein Prominenten-Treffpunkt, zur Karnevalshochburg. Harald holte die rheinische Kultur in Form von Bläck Fööss, Höhner oder Beikircher an die Spree und belebte den Berliner Karneval (Prinz Harald I.) wieder. Dies alles, bei einem gelungenen gastronomischen Konzept, vor allem einer unglaublich regen Pressearbeit, macht einen großen Teil der Faszination aus.

"Die StäV in Berlin ist wie Geschichtsunterricht in der Kneipe", sagt der Grüne Rezzo Schlauch. So issett - oder?
Woikowsky: Viele sagen, die Ständige Vertretung ist der Ableger des Hauses der Geschichte in Bonn. Die Einrichtung, historische Fotos, Ausstellungsstücke und vieles mehr sind in dem Buch ausführlich beschrieben. Heute, wo inzwischen die StäV zum Pflichtprogramm zunehmend auch für ausländische Touristen gehört, sieht man ganze Gruppen staunend ehrfürchtig vor den Original-Lampen aus dem Bundesgästehaus auf dem Petersberg oder anderen geschichtlichen Zeitzeugnissen wie den historischen Einrichtungsgegenständen, die Klaus Thul von der Firma “Holzwurm und Blattlaus„ gesammelt hat, stehen. Die Kneipe am Schiffbauerdamm ist wohl das einzige Museum, wo man beim Rundgang noch Kölsch trinken kann.

2000 ist schon ein StäV-Buch erschienen. Wie unterscheidet sich das neue davon?
Woikowsky: Das erste sehr gelungene Buch beschreibt in einzelnen Beiträgen und Stimmen von Prominenten den unglaublichen Erfolg einer rheinischen Kneipe in Berlin. Ich erzähle in dem neuen Buch die Bonner Vorgeschichte, die mit der Wiedervereinigung beginnt - und natürlich vor allem die zehnjährige Erfolgsstory der StäV. Diese wiederum dokumentiere ich chronologisch durch die umfangreiche Berichterstattung der Zeitungen - von der FAZ bis zum Spiegel. Natürlich spielt auch der GA als Bonner Zeitung dabei eine große Rolle. Das neue Buch will über die Geschichte einer Kneipe berichten, die zehn Jahre lang Geschichte geschrieben hat, und die es ohne die historische Entwicklung Deutschlands nie gegeben hätte.

Wie erklären Sie sich das "Phänomen StäV"?
Woikowsky: Das Phänomen StäV ist praktisch mit einem Bild zu vergleichen, das sich aus vielen Mosaiksteinchen zusammensetzt. Das sind die Wiedervereinigung und der damit verbundene Bonn/Berlin-Umzug, das sind Friedel und Harald und ihre Kontakte zu Politik, Presse und Karneval, das ist Presse und der Karneval an sich, das ist rheinisches Gemüt und rheinischer Frohsinn, das ist Kölsch und ein stimmendes gastronomisches Konzept, das ist die museale Einrichtung, das sind die Gäste, die Gästeströmungen, harte Arbeit, eine gute Nase fürs Geschäft und ganz sicher auch ein bisschen Glück.
Rüdiger von Woikowsky "Das Phänomen StäV, Ständige Vertretung - Brücke zwischen Rhein und Spree", J.P. Bachem Verlag Köln, 126 Seiten mit zahlreichen Fotos, 14,95 Euro. Erhältlich im Buchhandel.

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