Balsam für die Bonner Seele

Dirk Niebel wirbt im Entwicklungsministerium um Vertrauen

  "Großartige Arbeit":  Dirk Niebel über "sein" BMZ.

"Großartige Arbeit": Dirk Niebel über "sein" BMZ.

Foto: ap

Bonn. Der Minister lässt auf sich warten. Mit zehn Minuten Verspätung tritt Dirk Niebel am ersten Dienstsitz in Bonn vor die Mitarbeiter des Entwicklungsministeriums, die sichtlich gespannt den ersten Auftritt des neuen Chefs erwarten.

Als er dann im überfüllten Foyer des ehemaligen Bundeskanzleramtes erscheint, ist der Applaus verhalten. Natürlich kennen alle seine Forderungen aus dem Wahlkampf, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufzulösen und ins Auswärtige Amt zu integrieren.

Dass Niebel nicht einmal 24 Stunden verstreichen ließ, um sich nach der Amtsübergabe in Berlin auch in Bonn zu präsentieren, sorgt schon mal für Erleichterung. "Die Bonner Seele ist da etwas empfindlich", sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Dominik Ziller, und jeder im Saal weiß, auf wen diese Anspielung zielt: Amtsvorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). 613 von 750 BMZ-Mitarbeitern arbeiten in Bonn, und dort hat man das Gefühl, in den letzten Jahren "etwas stiefkindlich behandelt worden zu sein".

Niebel wäre nicht Politik-Profi, würde er diesen Ball nicht aufnehmen. Und so streichelt er die Bonner Seele: "Natürlich wäre ich gern zur Amtsübergabe zuerst nach Bonn gekommen", sagt er, aber "die Amtsvorgängerin" habe sich zuvor schon am ersten Dienstsitz verabschiedet gehabt.

Deshalb die umgekehrte Reihenfolge, erst Berlin, dann Bonn. "Aber dass hier der erste Dienstsitz ist, ist mir schon bewusst." Und dann erinnert er an Walter Scheel, der 1961 in Bonn als erster Entwicklungsminister vereidigt wurde. Schon damals habe die FDP "die Notwendigkeit erkannt, dass die wachsenden entwicklungspolitischen Herausforderungen durch ein eigenes Ressort begleitet werden". Und auch in Zukunft, fügt er dann hinzu, "wird die institutionelle Eigenständigkeit des Entwicklungsministeriums bestehen bleiben". Da war er also, der lang erwartete Satz, und diesmal gibt es deutlich mehr als verhaltenen Applaus.

Das Streicheln geht weiter: Eine "großartige Arbeit" machten die BMZler, "unser Haus ist ein Aushängeschild für Deutschland", "Sie können sicher sein, dass wir Kurs halten". Vergessen ist der Wahlkampf-Niebel, der BMZ-Chef scheint im neuen Haus schon angekommen. Die liberale Handschrift, die seinen Entwicklungsbegriff prägt, ist freilich unverkennbar: Niebel spricht von Emanzipation und Selbstbestimmung, wendet sich gegen "Dauersubventionen und ständige Bevormundung, die Abhängigkeiten schaffen", unterstreicht die Rolle von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, politischen Stiftungen und Privatwirtschaft in der Entwicklungszusammenarbeit.

Eigentlich ist der aus Hamburg stammende Niebel, der bei der Bundeswehr als Fallschirmjäger ausgebildet wurde, studierter Verwaltungswirt und Arbeitsmarktexperte. Was so einer denn in der Entwicklungspolitik suche, sei er gefragt worden. Seine Antwort: "Ich glaube, hier gibt es jede Menge Arbeit, und das ist eine sehr soziale Arbeit. Also bin ich doch irgendwie bei Arbeit und Soziales gelandet." Aber nur irgendwie, denn Neuland ist es ja trotzdem: "Ich weiß, dass ich jede Menge lernen muss."

Demonstrativ nutzt er die Gelegenheit, um die tags zuvor in Berlin ernannte Parlamentarische Staatssekretärin jetzt hier in Bonn zu vereidigen. Gudrun Kopp, Bezirkschefin der FDP Ostwestfalen-Lippe, verweist auf ihre Erfahrungen als Fraktionssprecherin für Welthandelsfragen und Energiepolitik, um zu unterstreichen: Entwicklungspolitik ist für sie kein Fremdwort.

Und sosehr ihr Chef schon um die Bonner Sympathien gebuhlt hat, sie setzt noch eins oben drauf. Mit der stiefkindlichen Behandlung der Bonner BMZler soll künftig Schluss sein: "Sie werden erleben", kündigt sie an, "Berlin rückt näher an Bonn."

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