Beerdigungskosten fließen in die Jugendarbeit
Bonn-Bad Godesberg-Plittersdorf. Mit 48 Lebensjahren sollte Eckhardt Liessem gemäß diversen Statistiken noch geraume Zeit bis zu seinem Tod bleiben. Dass sich der Plittersdorfer in den vergangenen Wochen trotzdem mit dem Thema Ableben auseinandergesetzt hat, liegt nicht zuletzt am Mausoleum der Familie von Carstanjen.
Wie berichtet, ist es mittlerweile im Besitz der Bürgerstiftung Rheinviertel, die daraus nach aufwendiger Renovierung ein Urnengrab für jedermann gemacht hat. Gestern stellte Pfarrer und Stiftungsgründer Wolfgang Picken das Konzept vor.
Liessem wohnte dem Pressegespräch als potenzieller "Kunde" bei. Warum er sich für das Mausoleum entschieden hat? "Das ist eine gute Möglichkeit, unsere Familie nach dem Tod auf einem Friedhof zusammenzuhalten."
Einen pragmatischeren Ansatz hatte Picken bei ersten Vorüberlegungen im Kopf: "Das ist ein Gegenentwurf zur anonymen Bestattung, die ich nicht sehr kultiviert finde." Während seiner Tätigkeit nicht nur als Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde von St. Andreas und Evergislus habe er festgestellt, dass sich immer mehr Leute fragten, wo sie sich eines Tages bestatten lassen würden.
"Viele haben keine Nachkommen, oder diese wohnen zu weit weg, oder man will keine aufwendige Grabpflege." Gerade auch diesen Leuten will Picken mit dem Bürgergrab "Heimat über den Tod hinaus" bieten. Die Kirchengemeinde werde die Erinnerung an die Toten bewahren: 15 Jahre lang gedenkt sie der Verstorbenen in der Woche ihres Todes in einer Messe. Außerdem werden die Namen samt Geburts- und Sterbedaten in einer Messingplatte am äußeren Rundlauf der Grabstätte eingraviert.
3 000 Plätze für Urnen stehen derzeit in der Krypta zur Verfügung. "Wir haben bislang 600 Interessenten aus dem Bundesgebiet", sagte Picken. Sechs Urnen haben bereits einen Platz in den Schubfächern hinter schwarzen Vorhängen gefunden. Ab 1. November startet der reguläre Betrieb. Dafür hat die Stiftung die Totenstätte an die Gemeinde verpachtet.
Kosten Bürger des Rheinviertels kostet ein Urnengrab einschließlich Beisetzung für 15 Jahre 1 155 Euro, für 25 Jahre 1 805 Euro. Andere Bonner Bürger zahlen 15 Prozent Aufschlag, wer außerhalb Bonns gewohnt hat 25 Prozent. Hinzu kommen 250 Euro für die Trauerfeier in der Rotunde und 200 Euro für die Inschrift auf der Messingplatte. Wird die Nutzung der Grabstätte verlängert, kostet das jährlich 65 Euro. Läuft ein Grab aus, wird die Asche in einer recycelbaren Urnenkapsel im hinteren Teil des Geländes versenkt.Wer sich schon vor seinem Tod einen Platz im wegen seines Baustils "Mini-Pantheon" genannten Kuppelbau sichern will, kann eine Anwartschaft erwerben. Diese kostet 1 000 Euro für eine Grabstätte mit 15 Jahren Laufzeit, 1 500 Euro für 25 Jahre. "Das Geld wird bei der Beerdigung zu hundert Prozent verrechnet", kündigte Picken an. Aus den Zinsen würden soziale Projekte der Stiftung, wie Kindergärten oder Hospizarbeit, finanziert. Überhaupt sollen 90 Prozent der Bestattungsgebühren (siehe Kasten) wieder in die Stiftung fließen.
Picken ist überzeugt von seinem Konzept: Eine Grabstätte koste nicht mehr als auf einem Urnenfriedhof, aber es gebe eben keine Folgekosten. "Wir haben das beste Preis-Leistungs-Verhältnis." Bliebe noch die Rolle der Bestatter. Um die anspruchsvollen Rahmenbedingungen der Stiftung anzuerkennen, müssen sie sich für 175 Euro zertifizieren lassen. Im Gegenzug werden Interessenten für die Grabstätte an die zertifizierten Bestatter weiterempfohlen.
Für den Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Bestatter ist das zwar "geschäftstüchtig", aber auch zweifelhaft. "Gebühren für die Zulassung auf einem Friedhof halte ich nicht für zielführend", sagte Rolf Lichtner auf Anfrage. Sich bestimmten Verhaltensweisen unterwerfen zu müssen, sei nicht unüblich - Geld dafür zahlen zu müssen schon. "Die Zeche zahlt der Kunde", gab Lichtner zu bedenken.