Umweltzone in Bonn Betroffene Betriebe fürchten um Existenz: "Ich werde kalt enteignet"

BONN · Seit Montag liegen Pläne zur Verschärfung der Umweltzone bei der Stadt aus. Edmund Theisen blickt mit großer Sorge in die Zukunft: Die bevorstehende Verschärfung und Erweiterung der Umweltzone in Bonn trifft auch seine Vermittlungszentrale für Transportdienste in Endenich.

 Um das Doppelte soll die Umweltzone in Bonn ab Juli erweitert werden. Dann dürfen auch in Nord- und Weststadt, Bonn-Castell und Gronau keine Autos mit roter Plakette mehr fahren.

Um das Doppelte soll die Umweltzone in Bonn ab Juli erweitert werden. Dann dürfen auch in Nord- und Weststadt, Bonn-Castell und Gronau keine Autos mit roter Plakette mehr fahren.

Foto: Barbara Frommann

Für ihn steht fest, was es bedeutet, wenn ab Juli 2014 seine Wagen mit gelber Plakette nicht mehr vom Hof dürfen: "Dann werde ich kalt enteignet." Seit Montag liegt der von der Bezirksregierung Köln verordnete "Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Bonn" einen Monat lang bei der Stadt aus.

Bereits seit Monaten sorgen die Pläne für teils erbitterte Diskussionen und stoßen auf erheblichen Widerstand bei den betroffenen Handwerksbetrieben und Unternehmen, die von der Erweiterung und ab 2014 auch von der Verschärfung der Umweltzone betroffen sind. Ab 1. Juli sind auch alle Firmen in der Nord- und Weststadt, in Bonn-Castell und in der Gronau betroffen, und damit laut Fabian Göttlich von der Industrie- und Handelskammer (IHK) allein 6000 zur Kammer gehörende Betriebe. Für etliche wirke sich diese Maßnahme geradezu existenzbedrohend aus. Wie für Edmund Theisen.

Seit 1980 hat der Unternehmer seinen Firmensitz in Endenich, hat sich, wie er erklärt, zum führenden Flughafen-Shuttle-Dienst für Privatpersonen und Firmen entwickelt. Er habe viel Geld in seine Fahrzeuge investiert, versichert er. Aber die Hälfte seiner Wagen fahre mit gelber Plakette, und die bis zum 1. Juli 2014 umzurüsten, sei ihm wirtschaftlich nicht möglich. "Ich bin für Umweltschutz, aber der muss gerecht sein", sagt er.

So wie Theisen gehe es vielen betroffenen Betrieben, weiß Göttlich. Die IHK hat eine Umfrage unter ihren betroffenen Mitgliedern gemacht, und die Reaktionen seien eindeutig: Die Leute hätten Angst vor den wirtschaftlichen Nachteilen bis hin zum Ruin. So habe ein Unternehmer angekündigt, ihm bleibe nur die Umsiedlung. Für Göttlich heißt das nichts anderes als: Wegzug aus Bonn. Andere wie ein Autohaus wiesen laut Göttlich auf die Absurdität hin: Wenn man in der Umweltzone liege, könnten Autokunden nicht mal mehr kommen, um ihren Wagen auf Grün umrüsten zu lassen.

Und Möbeltransportfirmen hätten erklärt: Völlige Umrüstung auf Grün würden sie wirtschaftlich nicht verkraften. Für Göttlich steht fest: "Die Gewerbegebiete West- und Nordstadt dürfen nicht eingeschlossen werden, zumal dort auch nur wenige Menschen wohnen."

Große Sorge um ihre Mitglieder hat auch die Handwerkskammer zu Köln, die auch für Bonn zuständig ist. So erklärte deren Abteilungsleiter Ulrich Fesser: "Wir haben uns vehement gegen eine Ausweitung und Verschärfung ausgesprochen." Die Automeile in der Weststadt mit den vielen Werkstätten, die demnächst in der Umweltzone liege, treffe es sehr hart, wenn Kunden mit ihren alten Autos die Gegend nicht mehr anfahren dürften.

Etliche Betriebe seien dann bedroht. "Und jeder Betrieb, der in der Existenz gefährdet ist, ist einer zu viel", sagt Fesser. "Dabei zeigen immer mehr Studien, dass Umweltzonen im Bereich Stickstoffdioxid keine Wirkung zeigen." Das belegten auch Messungen in der Reuterstraße.

Was Fesser besonders ärgert: Die Bezirksregierung habe für Bonn eine Übergangsregelung abgelehnt, sie für Köln aber genehmigt. Und viele kleine Betriebe wüssten nun nicht mehr, wie es weitergehen soll. Unternehmer Theisen sieht nur eine Möglichkeit: wieder jahrelang Autokredite abzahlen und Preise erhöhen. "Ich werde wieder zum Lohnsklaven der Autoindustrie."

Entwurf liegt aus

Der Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans Bonn liegt bis 15. Mai bei der Stadt, Amt für Umwelt, Verbraucherschutz und Lokale Agenda, Stadthaus, Berliner Platz 2, Etage 9 B aus. Er ist Montag und Donnerstag von 8 bis 18, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 13 Uhr einzusehen. Damit sollen Betroffene bis 29. Mai Gelegenheit erhalten, bei der Bezirksregierung Köln schriftlich oder per Mail an lrp@bezreg-koeln.nrw.de Stellung zu nehmen oder Anregungen und Ergänzungen vorzuschlagen.

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