Berlin/Bonn-Gesetz Beu wirft Ministerin Profilierungsversuch vor

BONN · Grünen-Landtagsabgeordneter kritisiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Bonns OB Jürgen Nimptsch begrüßt Gesprächsabsichten.

Abwartend oder mit vorsichtigem Optimismus - so haben Politiker aus Bonn und der Region am Montag auf den Vorstoß von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) reagiert, den Regierungssitz Bonn mit Hilfe eines Arbeitsstabs in ihrem Ministerium auf den Prüfstand zu stellen. Nur einer teilte aus: der Bonner Landtagsabgeordnete der Grünen.

Als Umweltministerin sei Hendricks bisher nicht aufgefallen, wolle sich jetzt aber als Umzugsbeauftragte profilieren, kritisierte Rolf Beu. Die rot-grüne Landesregierung bestehe auf der Einhaltung des Berlin/Bonn-Gesetzes. "Umso auffälliger ist, dass die Initiative zur Infragestellung der Aufgabenteilung zwischen alter und neuer Bundeshauptstadt von einem SPD-Kabinettsmitglied aus NRW betrieben wird", so Beu.

Hendricks, gleichzeitig Bundesbeauftragte für Berlin-Umzug und Bonn-Ausgleich, kommt vom Niederrhein. Sie hat bereits im Frühjahr in ihrer Zentralabteilung einen Arbeitsstab zum Berlin/Bonn-Gesetz gebildet, geleitet von einem Unterabteilungsleiter.

Dieser soll Gespräche zur künftigen ministeriellen Arbeitsteilung an beiden Standorten vorbereiten. Hendricks kündigte an, noch in dieser Legislaturperiode mit "Beteiligten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene und auch mit internationalen und sonstigen Institutionen in Bonn" reden zu wollen. Konkreter wurde sie nicht.

"Wir erwarten, dass die Bundesregierung sich an Gesetze hält", betonte der FDP-Landtagsabgeordnete Joachim Stamp. "Der Status quo kann nur in beiderseitigem Einverständnis weiterentwickelt werden. Dabei muss Bonns Charakter als deutscher UN-Standort erhalten bleiben."

Da der Bund das Gesetz seit Jahren unterläuft - es sind nur noch 38 Prozent der Ministeriumsposten in Bonn - begrüßt der Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg (SPD) den Vorstoß als Chance, dem "Bonn-Ausgleich eine verlässliche Grundlage" zu geben.

"Ich bin überzeugt, dass das nur durch eine vertragliche Regelung gelingt, am besten noch in dieser Legislaturperiode." Seine Fraktionsgenossin Renate Hendricks sieht das ähnlich. "Der Rutschbahneffekt muss ein Ende haben", sagte die Namensvetterin der Umweltministerin. "Einen Kuhhandel zu Lasten von Bonn darf es dabei aber nicht geben."

Vertragsverhandlungen mit dem Bund - das ist seit Jahren die Stoßrichtung des scheidenden Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch (SPD). "Nun ist die Situation eingetreten, die wir gewünscht haben und die uns zusteht: Berlin und Bonn werden miteinander über ihre Aufgabenteilung sprechen", ließ er mitteilen.

Damit gelange Bonn aus der Rolle des Zuschauers, der alljährlich die Verletzung des Gesetzes beklage, in die Rolle des Akteurs, der mit am Tisch sitzen werde. Nimptsch plädiert für einen Staatsvertrag zwischen NRW und dem Bund, der einen fairen Ausgleich festschreibt - etwa durch neue Bundesbehörden in Bonn und der Region.

Auch Sebastian Schuster (CDU), Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, begrüßte, dass es Gespräche geben soll. "Sie müssen aber auf der Grundlage des Berlin/Bonn-Gesetzes geführt werden", forderte Schuster. "An der fairen Arbeitsteilung darf nicht gerüttelt werden."

Das sagen die Oberbürgermeister-Kandidaten

Peter Ruhenstroth-Bauer (SPD) fordert eine dauerhafte Lösung auf der Basis des Gesetzes - etwa durch einen Staatsvertrag, auf den sich Stadt, Region, Länder und Bund einigen sollen. Entscheidend sei, qualifizierte Jobs zu sichern und Bonns Profil als Wissenschafts- und UN-Standort und Sitz neuer Bundesbehörden zu stärken.

Tom Schmidt (Grüne) hat gegen eine Analyse der Situation nichts einzuwenden. Veränderungen seien aber nur im Geist des Gesetzes und im Konsens mit Bonn und der Region akzeptabel. Im Schulterschluss mit der Landesregierung müsse die Stadt jetzt wachsam und kämpferisch agieren.

Auch Ashok-Alexander Sridharan (CDU) ruft die Region zur Geschlossenheit auf. Der bisherige Erfolg des Bonn-Ausgleichs sei nur durch parteiübergreifendes Handeln möglich geworden. Bei Gesprächen mit dem Bund müsse es besonders um Ministerien mit UN-Bezug gehen. Alle drei Kandidaten kritisieren, dass die Bundesregierung das Berlin/Bonn-Gesetz nicht einhält.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort