Polizei-Pressesprecher Harry Kolbe Alles begann mit einem Kulturschock

BONN · In 44 Jahren Polizeidienst erlebt man zahlreiche Geschichten, arbeitet an verschiedenen Fällen - an tragischen, lustigen und solchen, die einen belasten und nicht mehr loslassen. Polizei-Pressesprecher Harry Kolbe hat viele davon erlebt.

 Polizei vor Ort: Harry Kolbe an der mobilen Pressestelle.

Polizei vor Ort: Harry Kolbe an der mobilen Pressestelle.

Foto: Barbara Frommann

Polizist Gerd Höllige, der bei einem Einsatz erschossen wurde. Trudel Ulmen, deren Mann nach 16 Jahren des Mordes überführt wurde. Mehmet Kösürenbars, der 1998 in einem Streifenwagen an eine Waffe gelangte und mit seiner spektakulären Flucht vor dem Polizeipräsidium bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Die Schülerin Hannah, die im August 2007 in Niederdollendorf vergewaltigt und ermordet wurde. Oder eine Mutter, die kurz nach der Geburt den Kopf ihres Babys abtrennte. "Ich gebe zu, da musste ich zu Hause erst einmal einen Cognac trinken", sagt Kolbe, der die Fälle durch Gespräche mit seiner Frau und seinen Freunden verarbeitet hat.

Ab sofort wird die Geschichtensammlung des 62-Jährigen hauptsächlich durch private Anekdoten angereichert werden. Am Mittwoch hatte Kolbe Geburtstag - und gleichzeitig seinen letzten Arbeitstag. Was mit einer großen Feier gebührend beachtet wurde. Mit dabei waren nicht nur zahlreiche Weggefährten, sondern auch alle vier Polizeipräsidenten, unter denen Kolbe in Bonn gearbeitet hat. Und sein "hervorragendes Team", das er nicht müde wird zu loben.

1969 ging Kolbe zur Polizei, "weil ich dann nicht zur Bundeswehr musste und schon Geld bekommen habe", gibt er unumwunden zu und lächelt. Zunächst sei es ein Kulturschock gewesen. "Die Haare kamen ab, wir waren quasi kaserniert." Zwölf Mann waren zusammen in einer Stube, übten Handgranatenwerfen und Luftangriffe. "Ich hab gedacht, ich bin im falschen Film." Doch trotz allem überwogen die positiven Seiten. Da war die Arbeit bei der Bereitschaftspolizei. Da war der Dienst in Münster, 1971 der Weg nach Bonn, der "Zwischenstopp" in Köln und die Rückkehr in die damalige Hauptstadt. Großeinsätze wie Demos, Deutschlandfest, Asyldebatte, Afghanistan-Konferenz oder die Entwicklung der bekannten "Bonner Linie" hat er hinter sich gebracht, genau wie "außerhalb" die Arbeit bei Fußball-Weltmeisterschaften in Deutschland und Portugal.

Gut war auch der Sport, dem er bis heute treu geblieben ist - den Weg von Mondorf ins Polizeipräsidium legte er wahlweise mit dem Fahrrad oder auf Inline-Skates zurück. Doch das ist noch nicht alles. Neben seiner Familie - Kolbe ist verheiratet und hat zwei Töchter - und dem Sport ist das Reisen seine Leidenschaft. So begleitete er bereits Expeditionen nach Sibirien und in die Mongolei. Im Mai steht die nächste große Tour an. Mit dem Flieger geht es nach Portugal, mit dem Rad nach Bonn zurück. Drei Monate hat "mir meine Frau dafür frei gegeben". Danach bleibt dann die Zeit für Bücher und Musik - und zahlreiche andere Projekte wie Seminare und ähnliches.

Langweilig wird es also nicht. Und vielleicht schaut er auch ab und zu im Präsidium vorbei. Viele Kollegen würde es freuen. Das war am Mittwoch zu spüren.

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