100 Jahre Parteiengeschichte Arbeiter gründeten einst die SPD Beuel

BEUEL · "Man sieht die Entwicklung von der Arbeiterpartei zu einer akademischen Partei bis hin zu einer Partei des Bildungsbürgertums", kommentierte Klaus Gebauer die Ausstellung zur 100-jährigen Beueler SPD-Parteigeschichte zum Auftakt der Veranstaltungsreihe "100 Jahre SPD Beuel" im Heimatmuseum.

 Bei der Ausstellungseröffnung im Heimatmuseum: (von links)Doris Stobbe, Klaus Gebauer, Andreas Hartl, Gisela Gebauer-Nehring mit Enkelin Svenja, Hans-Walter Schulten und Karl-Heinz Klär.

Bei der Ausstellungseröffnung im Heimatmuseum: (von links)Doris Stobbe, Klaus Gebauer, Andreas Hartl, Gisela Gebauer-Nehring mit Enkelin Svenja, Hans-Walter Schulten und Karl-Heinz Klär.

Foto: Palkoska

Schließlich entstand die Beueler SPD in einer Arbeiterstadt. Beuel produzierte Tapeten, Lacke, Zement, Möbel und Süßigkeiten. Im heutigen Schauspielhaus spannen rund 1 000 Männer und Frauen Jutesäcke, und in 92 Wäschereien schrubbten, spülten und stärkten Arbeiterinnen die Wäsche Bonns. "Die Beueler SPD ist 1913 wahrscheinlich im Umfeld der Arbeiterschaft von der Jutespinnerei entstanden", erzählte Klaus Gebauer. Ein Jahr lang hat er mit sechs weiteren Genossen des SPD-Ortsvereins Dokumente gesammelt, Archive durchforstet und alte Zeitungen gesichtet, um die Parteigeschichte zu rekonstruieren.

Aus einer Bekanntgabe des SPD-Vorstandes aus den 1920er Jahren konnte der proletarische Hintergrund der Partei abgelesen werden: Ein Vorstandsmitglied war Lehrer, hinter den anderen Vorsitzenden stand als Berufsbezeichnung "Arbeiter". Die Wahlergebnisse von 1924 zeugten noch davon, dass die Kommunisten in Limperich, Küdinghoven und Ramersdorf damals doppelt so viele Stimmen gewannen wie die Sozialdemokraten.

1929 kooperierte die Beueler KPD mit der SPD: Zusammen bildeten sie die "Beueler Volksfront". Auch lokalpolitisches Gezänk mit der konservativen Zentrum-Partei konnte durch ein Protokollbuch des Gemeinderats rekonstruiert werden: Etwa, als sich die Zentrum-Partei über die "sittliche Gefährdung" junger Damen und Herren beim gemeinschaftlichen Besuch im Strandbad echauffierte und die SPD mit einem Auszug aus der Ratssitzung gegen die Schwimmbad-Geschlechtertrennung protestierte.

An parteieigene Schriften zur SPD-Historie Beuels zu gelangen, war dabei nicht einfach, berichtete Klaus Gebauer: "Die meisten Dokumente wurden 1933 von den damaligen SPD-Vorsitzenden Josef Thiebes und Gerhard Küppers verbrannt, als sie noch rechtzeitig von einer geplanten Hausdurchsuchung von einem Nazi-Kommando erfahren haben. SPD-Mitglied aus heutiger Zeit, Gerhard Kraemer (85), erinnerte sich, wie er als Junge zu Zeiten der Nazidiktatur im selben Haus mit Gerhard Küppers in der Bonnerstraße 38 wohnte: "Er war sehr verschwiegen. Man hatte aber gemerkt, dass aus seinem Fenster nie eine Hakenkreuzfahne gehangen hat."

Zwölf Jahre lang wurde die SPD von den Nazis zur verbotenen Partei erklärt. Durch von Josef Thiebes organisierte Waldspaziergänge ins Siebengebirge blieben die ehemaligen SPD-Genossen jedoch in Kontakt und begannen 1945, die Beueler SPD wieder aufzubauen.

Neben der rekonstruierten SPD-Geschichte vor 1945 finden Besucher ab morgen im Beueler Rathaus an Schautafeln auch JuSo-Artikel zu Zeiten der 68er Studentenbewegung und zur Parteiarbeit der letzten Jahrzehnte. Klaus Gebauer plant eine historische Zusammenstellung von 200 Seiten, die Interessierte kostenfrei von der Homepage des Beueler Ortsvereins herunterladen können.

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