Beueler Krippenweg Bayrische Holzschnitzkunst mit orientalischem Einschlag

SCHWARZRHEINDORF · Sebastian Osterrieder gilt Kunsthistorikern als Wiederentdecker der Weihnachtskrippe: Der Münchner Bildhauer, 1864 im niederbayerischen Abensberg geboren, hat im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zahlreiche Krippen gebaut, eine davon ist schon seit vielen Jahren in der Doppelkirche in Schwarzrheindorf zu sehen.

 Hingucker: Die Krippenfiguren des bayrischen Bildhauers Sebastian Osterrieder.

Hingucker: Die Krippenfiguren des bayrischen Bildhauers Sebastian Osterrieder.

Foto: Leif Kubik

Die feiert in diesem Jahr 90. Geburtstag: Zu Weihnachten 1926 löste das Werk Osterrieders eine Vorgängerkrippe ab, über die nicht allzuviel bekannt ist. Dank des Engagements vieler Freiwilliger kann das kunsthistorische Kleinod auch zwischen den Jahren bewundert werden: Täglich von 10 bis 17 Uhr ist das Gotteshaus dank ehrenamtlich tätiger Gemeindemitglieder wie Rosemarie Müller für Besucher geöffnet und am Dienstagnachmittag nutzten viele – insbesondere Familien mit Kindern – die Gelegenheit.

Das Besondere an Osterrieders Arbeiten ist die Erneuerung der Krippenkunst. Nach seiner akademischen Ausbildung als Bildhauer an der Münchner Kunstakademie suchte der Bäckersohn die Darstellungen der Geburt Jesu von falscher Romantik zu entkleiden und fand seinen eigenen realistischen, orientalischen Stil. Den perfektionierte er nicht zuletzt auch auf zahlreichen Reisen in den Nahen Osten, aber auch nach Rom, wo er erstmalig mit der neapolitanischen Krippenkunst in Berührung kam.

In Schwarzrheindorf werden regelmäßig drei Szenen aufgestellt: Aktuell können die Besucher noch bis zum Dreikönigstag die Anbetung der Hirten sehen. Die jugendliche Mutter Maria wendet sich fürsorglich dem Kind in der Futterkrippe zu, während Josef mit verwundertem Gesichtsausdruck das Wunder der Geburt zu begreifen sucht.

Zu Epiphanias haben dann die Heiligen Drei Könige in ihren üpigen orientalischen Gewändern ihren Auftritt: Nachdem die Hirten die Szene verlassen haben, bezeugen die Weisen aus dem Morgenland dem Jesuskind in der unverändert ärmlichen Umgebung ihre Verehrung. Auch in der Krippe gibt es dann eine Veränderung: Maria hält ihren Sohn vor sich auf dem Schoß, was in der Krippensprache soviel wie „Die Mutter ist der Thron für den Sohn“ bedeutet. Ab Mitte Januar bis Mariä Lichtmess wird die Szene dann völlig umgebaut: Bei der Flucht nach Ägypten dominieren Sand, Gestein, Trümmer und die Ruinen eines ägyptischen Tempels.

Dass die Kirche außerhalb der Gottesdienste und der Zeiten der Krippenwache verschlossen bleibt, hat natürlich einen Grund: „Vor ein paar Jahren wurde bereits eines der bepackten Kamele gestohlen“, erinnert sich Rentnerin Müller. Zum Glück gebe es aber in Paris einen Fundus mit originalen Osterrieder-Figuren, aus dem ein anderes, der vom Künstler in zahlreichen Haltungen modellierten Höckertiere als Ersatz beschafft werden konnte.

Wer mehr über die Weihnachtskrippen in Bonn erfahren möchte, sollte das Buch „Weihnachtskrippen in 63 Bonner Kirchen und Kapellen“ (160 Seiten, Herausgeber Katholisches Bildungswerk Bonn, 18 Euro, ISBN: 978-3-931739-63-8) von Magdalena Schmoll, Christel Diesler, Regina Schürholt und Walter Boscheinen lesen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort