Klimafreundlich und Lärmreduzierend Begrünte Gleise statt Schotterbetten

Beuel · CDU und FDP in Beuel legen einen konkreten Fahrplan für den Umbau der Straßenbahn-Strecke zwischen Limperich und Ramersdorf zum Grüngleis vor. Die Stadtverwaltung schweigt weiter, die Stadtwerke lehnen das Projekt ab.

 Ortstermin in Küdinghoven: Martin Esser und Marco Rudolph erklären ihre Idee Karl Wengenroth, Michael Quabeck und Wilfried Mermagen (von links) von den Bürgervereinen Limperich, Küdinghoven und Ramersdorf.

Ortstermin in Küdinghoven: Martin Esser und Marco Rudolph erklären ihre Idee Karl Wengenroth, Michael Quabeck und Wilfried Mermagen (von links) von den Bürgervereinen Limperich, Küdinghoven und Ramersdorf.

Foto: Martin Wein

Die Oppositionsparteien CDU und FDP in der Bezirksvertretung Beuel wollen ihrem Vorschlag zum Umbau der S62-Trasse zwischen Limperich und Oberkassel zu einem klimatisch günstigeren und lärmschluckenden Grüngleis mehr Nachdruck verleihen. Im Januar hatten sie das Projekt mit einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) angestoßen. Da die Bezirksvertretung sich seit Januar mit dem Thema nicht befassen konnte, weil eine Stellungnahme der Fachverwaltung weiter aussteht, stellten die Bezirksverordneten Marco Rudolph (CDU) und Martin Esser (FDP) das Projekt jetzt zunächst den Vorsitzenden der Bürgervereine Limperich, Küdinghoven und Ramersdorf vor.

Wie berichtet, möchten die Initiatoren den Schotter im Gleisbett auf einer Strecke von rund 2,5 Kilometern durch eine niedrig wachsende Vegetationsschicht aus Bodendeckern ersetzen. Sie erhoffen sich davon eine Kühlung des Mikroklimas vor allem in den heißen Sommermonaten, weil die Grünfläche Wärme absorbieren könnte, während die Basaltsteine diese abends abgeben. Überdies könne Feuchtigkeit besser gebunden und der Lärm der Bahnen um drei Dezibel gemindert werden, berichtete Rudolph. Immerhin gehe es um die Entsiegelung einer Fläche von 25.000 Quadratmetern.

Bewerbung um Förderprogramm des Landes NRW

Eine Umsetzung in einer einzigen großen Dauerbaustelle schwebt Rudolph und Esser allerdings nicht vor. Zunächst plädieren sie für eine Anschubfinanzierung mit 100.000 Euro im kommenden Haushalt und die Bewerbung um Fördergelder aus dem Klima-Resilienz-Programm des Landes. So könnte dann 2023 zuerst das Teilstück zwischen Dornheckenstraße und Stüffgenstraße in Ramersdorf umgebaut werden. Damit künftig neben der S66 auch die S62 bis Ramersdorf fahren kann, muss die dortige Wendeanlage dann ohnehin ausgebaut werden.

Das Teilstück in Oberkassel solle beim barrierefreien Umbau der dortigen Bahnhöfe zwischen 2023 und 2026 umgestaltet werden, schlagen Rudolph und Esser weiter vor. Für Küdinghoven gelte das gleiche, auch wenn es für den Ausbau dort noch keinen Termin gebe. Der Abschnitt Limperich Nord bis Finkenbergstraße käme 2026 an die Reihe, wenn zum Neubau der S13-Brücke an der Kreuzherrenstraße die Gleise der 62 ohnehin gesperrt werden müssen. Gleiches gelte für das letzte Teilstück entlang des Sonnenhangs und des Schießbergweges. „Die Gelegenheit ist wirklich günstig“, warb Esser.

Bürgervereine sprechen sich für Projekt aus

Karl Wengenroth und Michael Quabeck sprachen sich für die Bürgervereine Limperich und Küdinghoven für die Idee aus. „Wenn sie klimatisch hilft und Lärm bindet, wird sich niemand in den Weg stellen“, sagte Quabeck. Auch in Ramersdorf halte der Bürgerverein das Projekt für „nett“, erklärte der erste Vorsitzende Wilfried Mermagen. Da man aber nur 550 Meter Streckenanteil daran habe, werde man es nicht forcieren. Wichtiger seien den Ramersdorfern die seit 15 Jahren geforderte Begrünung eines Kreisverkehrs und der Lärmschutz an der Autobahn 562.

Rudolph und Esser zeigten sich überzeugt, dass CDU und FDP das Projekt bei einer Mehrheit in der Bezirksvertretung auch im Stadtrat gutheißen würden. Das ist keineswegs selbstverständlich. Im Herbst 2019 hatten dort CDU und Grüne eine Beschlussvorlage zur Anlage eines Rasengleises zwischen Bertha-von-Suttner-Platz und dem Stadthaus eingebracht. Die CDU setzte seinerzeit durch, dass lediglich ein Prüfauftrag an die Verwaltung erging, Möglichkeiten für begrünte Gleiskörper in Bonn zu benennen. Eine entsprechende Vorlage ist die Verwaltung bislang schuldig geblieben.

Grünen-Fraktion in Bezirksvertretung hält sich noch bedeckt

Ob sich die Grünen als größte Fraktion der neuen grün-rot-roten Koalition in der Bezirksvertretung der Idee anschließen werden, lässt Fraktionssprecher Guido Pfeiffer auf GA-Anfrage offen. Die grundsätzliche Idee sei von grüner Seite gekommen, erklärt er lediglich. Vor einer inhaltlichen Festlegung warte man auf die Einlassung der Stadtverwaltung. Ähnlich sieht es SPD-Fraktionssprecher Maximilian Blesch. Vor allem müsse ein wirklicher ökologische Nutzen erkennbar sein.

Die grüne Oberbürgermeisterin selbst verweigert sich vorerst dem persönlichen Diskurs mit den Antragstellern. Die Verwaltung sei zu einem Gespräch erst bereit, „sollte sich dieses in der weiteren Beratung als sinnvoll erweisen“. Bis dahin sei „die Analyse und Bewertung des ökologischen Nutzens der Maßnahme (…) bei den Stadtwerken und der Fachverwaltung in den richtigen Händen“, lässt sie über das Presseamt eine Anfrage des GA beantworten.

Das Fachdezernat lässt sich weiter Zeit. Man werde „zu diesem Antrag bzw. zu dem auch schon früher gefassten Beschluss in gleicher Sache eine Stellungnahme abgeben, sobald dies nach den erforderlichen inhaltlichen Abstimmungen mit den SWB möglich ist“, teilt das Presseamt lediglich schriftlich mit.

In einer ersten nicht öffentlichen Stellungnahme im Januar hatten die Stadtwerke die Idee indessen rundweg abgelehnt. Der Aufwand sei immens und erfordere umfassende bauliche Anpassungen. Ausgerechnet in ökologischer Hinsicht sei man dagegen. Schließlich müssten die Gleise bei Trockenheit bewässert werden. Zudem sei eine zuverlässige Inspektion und Instandhaltung von Grüngleisen unmöglich. Der Mehraufwand werde auf 25 bis 30 Euro pro Gleismeter und Jahr geschätzt.

Schotterbetten werden mit Unkrautvernichtungsmitteln betriebsbereit gehalten

Eine aktuelle Mitteilungsvorlage lässt in diesem Zusammenhang aufhorchen. Darin berichtet die Verwaltung, dass sowohl die Gleiskörper der Deutschen Bahn als auch die Schotterbetten der SWB nur unter regelmäßigem Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln betriebsbereit gehalten werden können. Andere Methoden wie Heißdampf, Schaum, Strom oder die manuelle Entfernung brächten nicht den gewünschten Erfolg. Allerdings benötigen die SWB für den Einsatz der Pflanzengifte eine Ausnahmegenehmigung der Landwirtschaftskammer. Und die hat für 2021 nach einem Einspruch der Unteren Wasserbehörde das Versprühen auf Gleisbetten in Wasserschutzgebieten untersagt. Das betrifft Gebiete der Ortsteile Schwarz-Rheindorf, Vilich, Vilich-Müldorf, Geislar, Dransdorf, Tannenbusch und Buschdorf. Die Stadtwerke wollten dieses Verbot nun kippen. Allerdings habe die Wasserbehörde, angesiedelt bei der Stadt Bonn, in Gesprächen auf verringerten Einsatz von Herbiziden gedrungen. Grüngleise, die naturgemäß nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden müssen, könnten eine elegante Lösung sein.

Der Einsatz von Glyphosat ist in NRW ohnehin nur noch der Deutschen Bahn in Ausnahmefällen gestattet. Zwar hatte das Unternehmen erklärt, ab 2020 im Bereich der Bonner Südstadt darauf zu verzichten. Nun hat der Konzern nach dem städtischen Papier allerdings beim Eisenbahnbundesamt wieder den Einsatz von Glyphosat beantragt.

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