Patenschaften für Bonner Beete Beueler Bürger machen die Stadt grüner

Beuel · Charlotte Herda und Moritz Seibert aus Beuel wollen sich als Paten um öffentliche Beete kümmern. Die Stadt lobt das Engagement der Bürger.

 Dieses Beet hat sich Charlotte Herda fürs Pflegen ausgesucht. Zurzeit sind dort schliche Bodendecker gepflanzt.

Dieses Beet hat sich Charlotte Herda fürs Pflegen ausgesucht. Zurzeit sind dort schliche Bodendecker gepflanzt.

Foto: Stefan Hermes

Den letzten Rasen, den Moritz Seibert, der Intendant des Jungen Theaters in Beuel, zuletzt gemäht hatte, gehörte zum elterlichen Haus in Dottendorf. Da war er zwölf Jahre alt und präparierte mit seinem ein Jahr älteren Bruder Reimar die Wiese für die Karl-May-Festspiele der beiden Brüder, mit denen sie bereits damals um die 50 Besucher in den heimischen Garten locken konnten. „Bei mir war es nie die Liebe zur Gartenarbeit, sondern immer nur der Zweck, der dahinter stand“, sagt Seibert heute über die Tatsache, dass sich durch die Corona-Zeiten auch in ihm eine Wandlung vollzogen zu haben scheint.

15 Jahre lang hat der Theaterschaffende der etwa fünfzehn mal fünf Meter kleinen Parkanlage vor seiner Haustüre keine sonderliche Beachtung geschenkt. Erst die heißen frühsommerlichen Tage im April brachten ihn dazu, sich mit dem Fleckchen städtischen Grüns vor der eigenen Haustüre zu beschäftigen. Denn seiner Wohnung hinter dem Theatersaal mangelt es an Balkon oder Garten. Wollte er außerhalb einen Kaffee trinken, gab es dazu unendlich viele Möglichkeiten in den umliegenden Cafés oder Kneipen. Erst durch die coronabedingten Schließungen entdeckte er die eher im verborgenen schlummernde Grünfläche vor der eigenen Türe.

 Für die Stunden in seinem kleinen Paradies hat sich Moritz Seibert schon einen Tisch und Klappstuhl gekauft.

Für die Stunden in seinem kleinen Paradies hat sich Moritz Seibert schon einen Tisch und Klappstuhl gekauft.

Foto: Stefan Hermes

Zwei Papierkörbe in den durch kleine Mäuerchen gebildeten halbrunden Nischen lassen darauf schließen, dass dort auch einmal Parkbänke gestanden haben könnten. So ganz sicher ist sich Seibert aber nicht. Das Fehlen eines besinnlichen Ortes brachte ihn nun dazu, sich kurzerhand einen kleinen runden Holztisch mit passendem Klappstuhl zu kaufen, was ihm nun in jeglicher Beziehung neue Perspektiven eröffnet. „Ich sitze inzwischen sehr oft und gerne hier“, sagt er. Man kenne sich schließlich im Veedel und verfiele dann und wann in schöne Gespräche.

Um der Erweiterung seiner Wohnung ins Freie einen offiziellen Anstrich zu verleihen, hat sich Seibert über den städtischen Mängelmelder für eine Grünpatenschaft bei der Stadt beworben. „Ich würde die kleine Grünfläche gerne etwas pflegen und verschönern“, hat er dort versprochen. Seine gärtnerischen Fähigkeiten hielten sich zwar in Grenzen, aber das Unkraut könne er erkennen und aus den Beeten ziehen, sagt er. „Und etwas Blühendes würde ich dann auch gerne pflanzen“, so der Intendant. Seit sieben Wochen wartet er nun auf eine Zusage der Stadt, um sein Stückchen Grün für sich und die Anwohner der Agnesstraße pflegen und gestalten zu können.

 Ganz schön trist und unansehnlich: Auf diesem Beet wächst Unkraut, Müll liegt herum. Dazu kommen die abgestellten Zweiräder.

Ganz schön trist und unansehnlich: Auf diesem Beet wächst Unkraut, Müll liegt herum. Dazu kommen die abgestellten Zweiräder.

Foto: Stefan Hermes

Etwa doppelt so lange wartet bereits Charlotte Herda (20) auf eine Reaktion des Grünamts. Als im Februar vor dem Haus ihrer Eltern der Bürgersteig aufgerissen wurde, um Baumscheiben anzulegen, hatte sie sich sofort bei der Stadt gemeldet und sich um eine Grünpatenschaft beworben. Auch die angehende Kinderkrankenschwester möchte, das es zwischen dem Asphalt blüht. Sie will zudem etwas für die Biodiversität in der Stadt tun. So, wie sie es im Garten hinter dem Haus schon umgesetzt hat.

Die Stadt hat inzwischen einen  Baum in die Scheibe gesetzt und das Erdreich mit schlichten grünen Bodendeckern bepflanzt. Doch Herda nimmt das gelassen und hat Verständnis dafür, dass zu Corona-Zeiten alles etwas länger dauern kann. Dabei betont Stadtgrün-Amtsleiter Dieter Fuchs gegenüber dem GA, dass man sich sehr darüber freuen würde, „wenn Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Straßengemeinschaften oder Schulen als Paten Verantwortung für Beete oder Baumbeete im öffentlichen Raum übernehmen.“

Knapp 600 Bonner tun das bereits offiziell. Davon sind alleine 135 in Beuel zu Hause. Unzählige tun es allerdings auch ohne eine offizielle Grünpatenschaft. Ursula Schneider wohnt seit mehr als 50 Jahren an der Combahnstraße und kümmert sich nicht nur liebevoll um den Baum vor ihrem Haus, sondern hat ihn auch mit Rosen und Rhododendron umpflanzt.

Die Menschen, die sich offiziell um Beete kümmern, würden das Amt für Stadtgrün entlasten, sagt Fuchs. Das dürfte bis hin zur privaten Investition für die Pflanzungen gelten. Denn die Stadt gibt alleine schon etwa 1,5 Millionen pro Jahr für das Verkehrsgrün aus, wie die Neu- und Ersatzpflanzungen im Straßenraum genannt werden. Zudem leisten die gärtnernden Anwohner einen wichtigen Beitrag für die biologische Vielfalt und das Erscheinungsbild der Stadt. Denn Bonn ist eine grüne Stadt – eine Bezeichnung, die vor allem auf das Stadtgrün zutrifft: Es gibt etwa 500 Hektar öffentliche Grünflächen und rund 100 000 frei stehende Bäume. Etwa 15 000 davon kann man alleine in Beuel zählen. 220 städtische Mitarbeiter kümmern sich um Pflege und Erhalt von Park- und Grünanlagen, Spielplätzen, von Friedhöfen und Stadtwalds sowie auch um die Bäume und Büsche an Straßen und auf Plätzen in der Stadt.

„Unsere Erfahrungen mit der Pflege durch die Paten sind durchweg gut“, konstatiert Fuchs.  Allerdings achte man darauf, dass durch die privaten Bepflanzungen und Aufbauten die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird. „In selten vorkommenden Fällen weisen wir die Patinnen und Paten dann darauf hin“, so der Amtsleiter.

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