Musikszene leidet unter Corona-Krise Stillstand macht Instrumentenbauer aus Beuel zu schaffen

Beuel · Fast 50 Jahre baut und veredelt der Beueler Instrumentenbauer Gottfried Büchel Trompeten, Posaunen oder Tubas. Seine Kunden kommen aus aller Welt. Sorge bereitet ihm die aktuelle Lage in der Kulturszene.

 Gottfried Büchel baut Blechblasinstrumente wie Tubas und hat weltweit Kunden.

Gottfried Büchel baut Blechblasinstrumente wie Tubas und hat weltweit Kunden.

Foto: Stefan Hermes

„Es ist eine schlimme Zeit für Musiker“, sagt Gottfried Büchel (63). Seit 48 Jahren baut, verbessert oder repariert der Meister für Metallblasinstrumente Trompeten, Tubas oder Posaunen. Seit 38 Jahren ist er selbstständig und in der Beueler Steinerstraße ansässig. Aktuell ärgert er sich über den Stillstand in der Kunst- und Kulturszene. Fast könne man den Eindruck haben, dass die Kultur nichts mehr wert ist, sagt Büchel. „Es ist einfach kein Geld mehr da“, fügt er hinzu. Trotzdem kann er sich nicht über mangelnde Aufträge beklagen.

Inzwischen stehen schon seine beiden Söhne Michael (29) und Sebastian (23) als Meister und angehender Geselle mit in seiner Werkstatt, in der sein Großvater einst als Schreiner arbeitete. Zu Großvater Büchels Zeit war die obere Steinerstraße Haus neben Haus mit Familienmitgliedern besetzt. Gemeinsam machte man als „Büchel Kapelle“ Musik auf den Jahrmärkten in und um Beuel. Auch Gottfried Büchel wurde so zum Trompeter.

 Mit im Betrieb sind auch Gottfried Büchels (Mitte) Söhne Michael (r.) und Sebastian tätig und führen die Familientradition weiter.

Mit im Betrieb sind auch Gottfried Büchels (Mitte) Söhne Michael (r.) und Sebastian tätig und führen die Familientradition weiter.

Foto: Stefan Hermes

Meisterprüfung als Jahresbester

Sein Onkel Carl, der als Caféhausmusiker über das Land zog, brachte ihn auf die Idee, als 15-Jähriger das Handwerk des Metallblasinstrumentebauers zu erlernen. Nach sieben Gesellenjahren bei dem Kölner Instrumentenmacher Monke schloss er 1983 seine Meisterprüfung mit einer F-Tuba mit sechs Ventilen als Jahresbester ab. Sein damaliger Kölner Meister Hermann-Josef Helmich folgte seinem damaligen Lehrjungen übrigens als 63-Jähriger in Büchels  Betrieb, wo Helmich bis zu seinem 80. Lebensjahr weiter arbeitete. „Der konnte einem Instrument schon ansehen, wie es klingt“, sagt Büchel und begeistert sich noch heute für sein Vorbild. Helmich habe sogar einen hoch bezahlten Ruf in die USA mit den Worten abgelehnt, dass er von dort aus den Dom ja nicht mehr sehen könne. Helmichs Sohn habe Büchel verraten, dass sein Vater damals pfeifend das Haus verlassen habe, wenn er sich auf den Weg nach Beuel machte.

„Es war schön, meinem Meister noch ein wenig von dem zurückgeben zu können, was er mich gelernt hatte“, sagt Büchel heute in der Erinnerung an die Zeit. Das Können und Fachwissen des betagten Meisters habe schon früh dafür, gesorgt, dass auch Büchel bei vielen Musikern im In- und Ausland bekannt und geschätzt wurde. Seine Galerie von dankbaren Kunden, die den Treppenaufgang von der Werkstatt in den Verkaufsraum ziert, zeugt in Wort und Bild von der Wertschätzung der Arbeit, die manchem Musiker sein Instrument noch verbessern helfen konnte.

Konkurrenz aus Fernost

„Wir haben es ja heute mit einer gewaltigen Konkurrenz aus Fernost zu tun“, sagt Büchel. Er berichtet von berühmten Trompetern, die ursprünglich auf einer von ihm gebauten Trompete spielten – dann aber unter Vertrag bei einem der großen japanischen Instrumentenhersteller standen. Somit hätten die Musiker auch deren Instrumente spielen und gut finden müssen. Die Büchel-Trompete komme dann – zumindest bei Auftritten – nicht zum Einsatz. „Im Endeffekt macht das unser Handwerk kaputt“, sagt Büchel nachdenklich.

Dabei ist es die Kunst des Instrumentenbauers, etwa einer Trompete durch Veränderungen Töne zu entlocken, die vorher nicht zu hören waren. So hat sich im Laufe der Jahrzehnte auch Büchels Können in Musikerkreisen herumgesprochen. Seine Auftraggeber seien heute nicht nur im Beethoven- oder Gürzenichorchester, sondern weltweit zu finden. Ein Video auf Youtube, in dem die Solo-Hornistin Christine Chapman vom Kölner Ensemble Musikfabrik zusammen mit Gottfried Büchel das von ihm angefertigte Doppelhorn vorstellt, dürfte schon in Kürze mehr als eine Million Aufrufe haben.

Büchel weiß, dass die handgefertigten Instrumente meist vererbt oder weiterverkauft ein langes Leben führen. Oft kommen Musiker mit teuer erstandenen Instrumenten zu ihm und lassen diese auf ihre speziellen Bedürfnisse anpassen oder verändern. Bestimmte Präferenzen hat Büchel dabei nicht: „Mir macht die Arbeit an jedem Instrument Freude“, sagt er und führt durch seine Werkstatt und den Verkaufsraum, in dem es neben den selbst hergestellten Instrumenten auch die Konkurrenz aus Fernost zu kaufen gibt.

Eine handgefertigte Trompete kostet bei ihm etwa zwischen 3000 und 6000 Euro, sagt Büchel während er ein – in Laienaugen – nahezu gleichwertig messing-glänzendes Exemplar aus asiatischer Fertigung für kaum 300 Euro zeigt. Doch auch darauf könne man schön spielen, sagt er wohl wissend, dass sich nicht jede Schülerin und jeder Schüler die Blasinstrumente aus der Steinerstraße leisten kann. Auch wenn sich manch einer sein wertvolles Instrument zudem noch versilbern oder mit Perlmutt auf vergoldeten Ventilknöpfen verschönern und individualisieren lasse, verändere sich der gute Klang dadurch nicht.

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