Angebot in Beuel Katholische Bücherei will mehr Medien in Leichter Sprache anbieten

Beuel · Die Katholische Bücherei Sankt Josef und Paulus in Beuel bietet als eine der ersten Einrichtungen in Bonn Bücher in Leichter Sprache an. Initiatorin Annette Thome wünscht sich, dass andere nachziehen.

Für Tim bietet das neue Regal mit Büchern in Leichter Sprache in der KÖB Sankt Josef und Paulus eine Menge Lesestoff.

Für Tim bietet das neue Regal mit Büchern in Leichter Sprache in der KÖB Sankt Josef und Paulus eine Menge Lesestoff.

Foto: Stefan Knopp

Tim blättert in einem Buch. Es heißt „Touchdown. Die Geschichte des Down-Syndroms“. Tim ist 16 und wurde mit diesem Gen-Defekt geboren. „Ich mag lesen“, sagt er. Dieser Einstieg in den Artikel besteht aus kurzen Hauptsätzen, mit möglichst kurzen und einfachen Wörtern. Für Menschen wie Tim hat die Katholische Öffentliche Bücherei Sankt Josef und Paulus in Beuel nun ein Angebot mit Medien in Leichter Sprache gestartet.

Es gibt Profis, die ganze Romane in Leichte Sprache übersetzen, für Menschen mit Down-Syndrom, mit Demenz oder Schlaganfall-Patienten, für Analphabeten oder Menschen, die Deutsch als Fremdsprache lernen und einen leichten Einstieg brauchen. Das bekommt immer mehr Aufmerksamkeit: Viele Kommunen und Behörden bieten ihre Onlinepräsenz inzwischen auch in Leichter Sprache an, die Stadt Bonn hat neben vielen anderen Themen auch eine sehr einfache Erläuterung des Coronavirus auf der Internetseite veröffentlicht.

Aber in welcher Bücherei findet man Literatur für diese Zielgruppe? Diese Frage stellte sich Annette Thome von der Katholischen Öffentlichen Bücherei Sankt Josef und Paulus. „Bibliotheken haben den Auftrag, sich um gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit zu bemühen“, sagt sie. Sie wollte eine Abteilung für Bücher in Leichter Sprache aufmachen und schrieb dafür Elterninitiativen und Vereine an. Bei der Elterninitiative Down & Up kam die Idee direkt gut an, die solche Literatur besitzt. „Wir waren damit bislang im Haus Müllestumpe“, erzählt Dagmar Kirsche von der Initiative. Aber dort habe man keine Erfahrung mit Ausleihe gehabt und niemanden, der sich darum kümmert. Dann kam der Anruf von Annette Thome. „Das war eine gute Fügung“, sagt Ulrich Clees, ebenfalls von der Initiative. Man kam zusammen, und Thome lernte, was es alles schon gibt im Bereich Leichte Sprache.

Jetzt steht ein Bücherregal sehr zentral im Raum der Katholischen Bücherei, damit man von beiden Seiten darauf zugreifen kann. Ein Kochbuch steht dort, außerdem gibt es Bücher über Klimaschutz, Deutschland und Weihnachten sowie eine Anleitung für eine Geburtstagsfeier. Bibeltexte stehen natürlich auch im Regal, die Bücherei im Beueler Zentrum ist ja eine kirchliche Einrichtung. Außerdem im Angebot: Die Reihen „Die bunte Bande“ für Sechs- bis Zehnjährige, von der Aktion Mensch herausgegeben, und „Die Tigerbande“ für junge Menschen ab 15 Jahren. Im Regal steht auch Fachliteratur für Eltern und Erzieher, zum Beispiel zu Pränataldiagnostik und Sprachförderung. Es gibt eine Auswahl an Magazinen wie „Ohrenkuss“, das in Vilich-Müldorf von Menschen mit Down-Syndrom produziert wird. Auch Weltliteratur steht in diesem Regal: „Momo“, „In 80 Tagen um die Welt“, „Krabat“, „Tschik“ oder „der kleine Prinz“, alles in einfacher Sprache.

Die Bücherei hat eine Kooperation mit dem Beueler Geschäft Bücher Bartz gestartet, wo eine Auswahl zusammengestellt wird. Auch der Borromäusverein, bei dem katholische Einrichtungen Bücher bestellen können, bietet ein wenig Literatur in Leichter Sprache an. Insgesamt gibt es aber zu wenig im Angebot, findet Thome: „Die Verlage müssten noch viel mehr anbieten. Die Leute möchten lesen, sie haben ein Recht darauf.“ Und es müsste auch mehr Büchereien geben, die solche Lektüre zur Ausleihe anbieten, sagt sie.

Beueler Bücherei schafft Barrierefreiheit

Thomes Traum wären für die Zukunft drei Regale mit Büchern in Leichter Sprache. Wie die in die Bücherei passen sollen, müsste allerdings noch geklärt werden. Schon für das eine Regal musste dort Einiges umgeräumt werden: Die Bücher für Kinder im Grundschulalter und die Sachbücher sind ins Obergeschoss umgezogen, das dafür aber erst mal hergerichtet werden musste. Im Erdgeschoss ist nun auch Platz für einen Rollstuhl, die Eingangstür ist dafür zum Glück breit genug. Die Bücherei hat außerdem extra eine mobile Rampe für die Stufe am Eingang in der Straße An Sankt Josef 19b angeschafft.

„Bei mir ist das mittlerweile ein Herzensprojekt“, sagt Thome. Als nächstes möchte sie gerne Lesungen in Leichter Sprache anbieten. Für die Initiative Down & Up ist dieses Herzensprojekt eine tolle Sache. „Für uns ist es gut, dass das in die Öffentlichkeit geht“, sagt Clees. Und was sagt die Zielgruppe dazu? „Das finde ich gut“, sagt Tim. Als weiteres Thema fürs Literaturangebot würde er sich Fußball wünschen. Tim ist Stürmer im Team Bananenflanke. Superhelden mag er ebenso wie Pferdegeschichten wie Bibi und Tina oder Ostwind. Als Thome ihn fragt, was ihm noch fehlt in der Bibliothek, kommt die Antwort sofort: „Filme in Leichter Sprache.“ Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Ob es so etwas überhaupt gibt? Thomes Augen leuchten, während sie sich den Vorschlag notiert.

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