Wallfahrtswoche eröffnet Was die heilige Adelheid mit Pützchens Markt zu tun hat

Pützchen/Bonn · In der katholischen Kirche Sankt Adelheid in Pützchen wurde Samstagabend bei einem feierlichen Gottesdienst die Wallfahrtswoche zu Ehren der heiligen Adelheid eröffnet. Neben der Brunnensegnung gab es in diesem Jahr einen einmaligen Höhepunkt.

 Pfarrer Norbert Grund hat die neue Glocke gemeinsam mit Stadtdechant Wolfgang Picken vor der Weihe im Bonner Münster in Pützchen gesegnet.

Pfarrer Norbert Grund hat die neue Glocke gemeinsam mit Stadtdechant Wolfgang Picken vor der Weihe im Bonner Münster in Pützchen gesegnet.

Foto: Benjamin Westhoff

„Adelheid du Schirm uns allen und dem Herrn ein Wohlgefallen“ – mit diesen Worten ist die Wallfahrtswoche zu Ehren der heiligen Adelheid am Samstagabend in der gleichnamigen katholischen Kirche in Pützchen eröffnet worden. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst mit der „Missa Brevis“ von W.A. Mozart vom Kantatenchor Sankt Adelheid und dem Ennert Ensemble.

Vor der Messe mit alljährlicher Entzündung der Votivkerze versammelten sich Mitglieder und Freunde der Pfarreiengemeinschaft Am Ennert rund um den Adelheidisbrunnen zur Brunnensegnung. Unter den Gästen waren auch Bürgermeisterin Melanie Grabowy und die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Heidi Froese-Jauch.

Während einer Dürreperiode vor mehr als 1000 Jahren soll die Äbtissin des Benediktinerinnen Konvents in Pützchen, die Grafentochter Adelheid vom Niederrhein, ihren Äbtissinnenstab in den Boden vor dem Kloster gerammt haben. Daraufhin begann eine fruchtbare Quelle zu sprudeln. Möglich ist, dass die gebildete Ordensfrau ganz bewusst in Pützchen – lateinisch puteus: Wasserquelle – nach Wasser suchte, weil sie geahnt haben könnte, dass sich Wasser von den Ennerthängen über der Tonschicht des Pützchener Bodens gesammelt haben könnte. Dieses und einige weitere Wunder würden der beliebten Rheinländerin knapp 1000 Jahre später, im Jahr 1966 unter Papst Paul VI., in Rom zur Heiligsprechung verhelfen.

Heilkräftiges Wasser lockt Pilger

„Nach altem Brauch waschen wir uns hier am Adelheidis-Brunnen mit dem gesegneten Wasser die Augen, um den richtigen Blick für das Leben zu bekommen“, erklärt Pfarrer Norbert Grund. Der Legende nach habe sich am 30. Todestag der Klostergründerin eben an dieser Quelle in Pützchen ein Blinder die Augen gewaschen, worauf er sein Augenlicht zurückerlangt habe. Das Wasser der Quelle gilt seitdem als heilkräftig gegen Augenkrankheiten und ist noch heute Ziel von Wallfahrten.

Neben der Brunnensegnung gab es in diesem Jahr einen weiteren Höhepunkt: Stadtdechant Wolfgang Picken, der zum Gottesdienst nach Pützchen kam, brachte die neue Glocke für das Bonner Münster mit, die mit dem Brunnenwasser gesegnet wurde. „Wir freuen uns, dass diese besondere Glocke vor ihrer feierlichen Weihe Station in Sankt Adelheid macht. Damit wird eine symbolische Brücke zwischen der rechten und der linken Rheinseite geschlagen“, so Pfarrer Grund. Stadtdechant Picken ergänzte: „Dass die Bonner Stadtpatronin Adelheid die Patronin der neuen Glocke für das Münster geworden ist, verstehen wir als Symbol für die Einheit in der Stadt Bonn und als Ausdruck der großen Wertschätzung für die Beueler Heilige“. In gewisser Hinsicht sei dies ein Gegengewicht zum Bröckemännchen, das vom rechtrheinischen Bonn aus dem Beueler Stadtteil den nackten Hintern zeigt.

Gegossen wurde die Bronzeglocke im niederländischen Asten von der Gießerei „Royal Eijsbouts“. 2008 war Adelheid zur dritten Stadtpatronin Bonns erhoben worden, neben den altbekannten Bonner Patronen Cassius und Florentius. Dabei ist die Heilige aus Pützchen nicht unbedeutender als die beiden römischen Soldaten, die im 3. Jahrhundert ins Rheinland kamen und den Märtyrertod starben, weil sie sich geweigert haben sollen, gegen christliche Glaubensbrüder zu kämpfen.

Anders formuliert: Ohne die heilige Adelheid gebe es Pützchens Markt heute nicht. Denn das Volksfest rundet jedes Jahr Ende August beziehungsweise Anfang September die Wallfahrtswoche zu Ehren der Heiligen Adelheid ab. Begonnen hatte alles einst mit einer kleinen Bittprozession, bei der die heilige Adelheid um Schutz und Beistand gebeten worden war. Händler und Schenker, die ihre Waren in Pützchen angeboten haben, begleiteten diese Prozession. Hinzu kamen später auch Marktspieler.

Bei aller Zuckerwatte, Bratwurst, Bier und dem Gewusel um die vielen Fahrgeschäfte scheint diese Tradition für einen Großteil der jährlich über eine Million Besucher von Pützchens Markt heute in den Hintergrund getreten zu sein. Damit die heilige Adelheid dennoch gebührend gewürdigt wird, hat sie nun im Geläut des Bonner Münsters neben Cassius und Florentius eine eigene Glocke.

Adelheid als Vorbild für die heutige Kirche

Nach ihrem Besuch in Pützchen ging es für die Glocke am Sonntag zurück ins Bonner Münster, wo Picken das neue Geläut in einem Festgottesdienst mit Chrisam gesalbt und geweiht hat: „Es ist eine Sensation. Endlich bekommt unsere Basilika eine weibliche Glocke. Die heilige Adelheid hat mit der Klostergründung einst für eine religiöse und spirituelle Erneuerung in Beuel gesorgt“, so der Stadtdechant. Die Kirche brauche gerade heute Frauen und Männer wie die heilige Adelheid, die machtvoll zu ihrer geistigen Autorität stehen würden. Weiter erklärte er, ermutige die neue Glocke, die jeden Tag in der Stadt zu hören sein wird, in der modernen Zeit, das Christsein einzulösen und bei aller Schnelllebigkeit innezuhalten.

Am Montag wird die Adelheid nach Angaben des Stadtdekanats um 14 Uhr in den Turm hinaufgezogen. Sie soll zusammen mit den anderen sieben schwingenden Glocken des Münsters zum Stadtpatronefest im Oktober erklingen.

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