Extreme am Rhein „Jeder kann zum Hochwasserschutz beitragen“

Beuel · Beuel ist der vom Rhein-Hochwasser am meisten betroffene Stadtbezirk in Bonn. Schuld an den Pegeln ist jedoch nicht nur der Klimawandel, erklärt Hochwasserexperte Reinhard Vogt.

Immer wieder kommt es zu Hochwasser am Rhein. Beuel ist meist besonders stark betroffen.

Foto: Rolf Dernen

Plötzlicher Starkregen oder mehrere Wochen anhaltende Trockenperioden: Derartige Ausnahmezustände sind auch in Bonn immer häufiger zu beobachten. Laut Angaben der Stadt ist Beuel der vom Rhein-Hochwasser am meisten betroffene Stadtbezirk. Schuld daran ist jedoch nicht nur der Klimawandel, erklärt Hochwasserexperte Reinhard Vogt. Auch eine falsche Landnutzung begünstige Extreme.

Je mehr Land als Baufläche genutzt werde, desto weniger Grünflächen seien vorhanden. Diese seien für das Klima elementar wichtig, so Vogt. „In Grünflächen versickert Wasser, hier wird es zurückgehalten. Wenn Wasser langsam abläuft, werden Niedrigwasser-Perioden reduziert.“ Auf versiegelten Flächen könne das Wasser nicht einsickern und sorge daher für überflutete Kanäle und Straßen, so steige die Hochwassergefahr. Auch das Abflussverhalten von Wasser in Flüssen spiele eine große Rolle: „Bei Flüssen, die begradigt sind, stürzt das Wasser schneller durch den Fluss, so steigt die Überflutungsgefahr.“

Reinhard Vogt, früherer Leiter der Hochwasserschutzzentrale in Köln, ist heute bundesweit gefragt, um Kommunen beim Thema Starkregen zu auditieren. Vor Ort stellt er den Status der Hochwasservorsorge auf den Prüfstand. Ein zentrales Thema ist dabei die Frage, wie die Kommune bei der Planung von Bauprojekten mit dem Thema Hochwasser umgeht. Für Vogt beginnt der Schutz schon hier. Wichtig sei, dass bestimmte Flächen freibleiben, um Starkregen auffangen zu können. „Ich habe schon in einigen Städten einen Baustopp erzielt, da man in Überschwemmungsgebieten bauen wollte“, berichtet der Experte.

Prävention ist wichtig

Seine Audits hätten mehrfach gezeigt, dass die Kommunen hinsichtlich der Starkregen- und Überflutungsvorsorge nicht engagiert genug und noch nicht perfekt vorbereitet seien: „Da muss es Änderungen geben. Präventionsmaßnahmen und Hochwasserschutz sind oftmals nicht ausreichend“, sagt Vogt, der auch schon für Bonn ein solches Audit durchgeführt hat.

Für Beuel hatte der Rat bereits ab 1999 ein weitreichendes Hochwasserschutzkonzept erarbeitet. Laut Angaben der Stadt konnte ein Großteil der Maßnahmen inzwischen abgeschlossen werden. So wurde beispielsweise die Deichsanierung Beuel-Nord (Combahnstraße bis Anschlussstelle Beuel Nord) im Jahr 2011 beendet. Der vorgelagerte Hochwasserschutz entlang der Rheinpromenade, von der Werdstraße über die Marienstraße bis zur Ernst-Moritz-Arndt-Straße, wurde in zwei Planfeststellungsabschnitten mit jeweils fünf Bauabschnitten zwischen 1993 und 2011 erstellt.

Während die Beueler Rheinuferpromenade in den vergangenen Jahrzehnten gegen die Fluten des Flusses gerüstet worden sei, so die Stadt, fehle noch für die tieferliegenden rückwärtigen Altrheinarm-Bereiche (von Ramersdorf über den Konrad-Adenauer-Platz bis Schwarzrheindorf) ein hinreichender Schutz gegen plötzlich steigende Wasserstände bei Extremhochwasser. Der erste Abschnitt sei umgesetzt worden. Im Ernstfall kommen auch deshalb momentan in Beuel mobile Wände zum Einsatz hinzu. Den Aufbau der Schutzwände proben Technisches Hilfswerk (THW) und Feuerwehr regelmäßig.

Gefahrenkarten besser kommunizieren

Hochwasserexperte Vogt sieht dennoch Defizite – besonders in der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Klimaveränderung und Starkregen: „90 Prozent der Bevölkerung kennen die Gefahrenkarten nicht. Starkregenkarten und Gefahrenkarten für Flüsse werden zu wenig kommuniziert. Wenn ich nicht weiß, wie gefährdet ich bin, dann schütze ich mich auch nicht“, kritisiert er.

Gleichzeitig appelliert er auch an die Bürger, Eigeninitiative zu ergreifen und mit ihrem Verhalten Einfluss zu nehmen. Gut sei es, wenn auf dem eigenen Grundstück möglichst viele Grünflächen geschaffen würden. Nicht gut hingegen sei das Versiegeln des Gartens, um beispielsweise mehr Pkw-Stellflächen zu schaffen. Auch die Landwirtschaft könne zum Schutz vor Hochwasser beitragen, indem das Wasser länger in der Natur gehalten werde. „Jeder kann zum Hochwasserschutz beitragen“, sagt Vogt.