Bei Ärger mit Seniorenheimen So hilft die Biva in Beuel pflegebedürftigen Menschen

Beuel · Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen (Biva) hilft Betroffenen und Angehörigen bei Ärger mit Seniorenheimen. Dabei setzt der Verein auch auf ehrenamtliche Unterstützung.

 Sprachrohre für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen: Frauke von Hagen (Mitte) mit ihren Ehrenamtlerinnen Annette Stegger (l.) und Jutta Acar.

Sprachrohre für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen: Frauke von Hagen (Mitte) mit ihren Ehrenamtlerinnen Annette Stegger (l.) und Jutta Acar.

Foto: Stefan Knopp

Als im Lockdown die Seniorenheime für Angehörige geschlossen waren, herrschte im Büro am Siebenmorgenweg Hochbetrieb. Dort waren die Mitarbeiter der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebedürftige Menschen (Biva), damit beschäftigt, Angehörigen und Heimbewohnern zu ihrem Recht zu verhelfen. „Wir haben über 6000 Beratungsfälle im Jahr 2020 gehabt“, berichtet Geschäftsführerin Frauke von Hagen. „Das sind deutlich mehr als sonst.“ Um es genau zu sagen: Die Zahl der Beratungen habe sich annähernd verdoppelt.

Seit mehr als 40 Jahren gibt es den Verein, aber noch immer kennen viele ihn nicht. Die Biva bietet bundesweit Rechtsberatung in dem sehr speziellen Bereich Wohnen und Pflege im Alter an und betreibt entsprechende Lobbyarbeit. Man befasst sich mit kleinen vertraglichen Dingen, aber auch wenn Angehörige aus irgendwelchen Gründen nicht zu den Heimbewohnern gelassen werden, wird die Biva aktiv. „Wir hatten Fälle, da hat jemand sechs Monate niemanden gesehen“, so von Hagen.

Derlei gab es nach den Lockdowns vermehrt, auch dann, als die Kontaktbeschränkungen in Pflegeheimen gelockert waren. Das sei aber kein Corona-Phänomen, sagt die Geschäftsführerin. „Das sind oft Einrichtungen, die schon vorher Probleme machten.“ Auch der Satz „Es ist wie im Gefängnis“, der in der Berichterstattung öfters zu hören war, sei nicht neu, betont von Hagen. Ein anderes aktuelles Thema war, dass Pflegeheimleitungen dementen Senioren die Beteiligung an der Bundestagswahl verweigert hätten. Die Mitarbeiter der Biva helfen, aber die Angehörigen müssen dafür Mitglied sein.

Der Betrieb wird von nur sieben Festangestellten gestemmt, darunter drei auf dieses Thema spezialisierte Juristen, der Rest macht Verwaltungs- oder Öffentlichkeitsarbeit. Das ist nicht viel, aber man verlässt sich auch auf viele Ehrenamtliche. Den Großteil davon machen die bundesweit gut 30 Regionalbeauftragten aus. Annette Stegger deckt den gesamten Rhein-Sieg-Kreis ab, ein ziemlich großes Gebiet, die linke Rheinseite würde sie gerne abgeben. Ihre Hauptaufgabe ist, den Pflegeschutzbund bekannter zu machen, sie sieht sich als Botschafterin für die Biva. Zudem ist sie vor Ort in gewissem Rahmen telefonische Ansprechpartnerin.

Betroffenen Pflegebedürftigen eine Stimme geben

„Das ist ein erklärungsbedürftiger Verein“, sagt Stegger. In Vorträgen und über das Verteilen von Info-Flyern klärt sie auf. Die Biva gibt denjenigen eine Stimme, die auf Pflege angewiesen sind: Betroffenen, Angehörigen – die den Großteil der rund 7000 Mitglieder ausmachen – und Heimbeiräten, die ebenfalls Mitglied werden können, und will politisches Bewusstsein für die Pflege schaffen. Stegger macht das, seit vor fünf Jahren die Regionalbeauftragten „erfunden“ wurden, war aber vorher schon im Vorstand tätig. „Die Mängel in der Pflege sind mir schon seit Jahren ein Anliegen“, sagt sie. „Pfleger, Kassen und Betreiber werden gehört, aber die Sichtweise derer, um die es geht, bekommt zu wenig Gehör.“

Seit 2019 bringt sich Jutta Acar ehrenamtlich beim Verein ein. Nach mehr als 45 Berufsjahren als Bundesbeamtin wollte sie vorzeitig in den Ruhestand gehen, aber ohne Pensionsverlust. Dafür gibt es den „engagierten Vorruhestand“ und kam über ein Inserat der Freiwilligenagentur Bonn zur Biva. Dort verwaltet sie die Mitglieder, besetzt das Servicetelefon, bietet niederschwellige erste Beratung, übernimmt Rechercheaufträge wie die Suche nach Veranstaltungsorten für Vorträge, und sie versendet Infomaterial- oder gleich Mitgliedsanträge. „Vor Jahren war ich mit der Unterbringung und Pflegebedürftigkeit meiner Mutter beschäftigt. Was ich da erlebt habe an Negativem, findet auch heute noch statt.“

Förderung für die Arbeit des Vereins gibt es nicht. „Es ist eigentlich eine gesellschaftliche Schande, dass so eine Organisation auf private Spenden angewiesen ist“, meint Stegger. Denn die Mitgliedsbeiträge alleine würden für die Arbeit im Sinne der Pflegebedürftigen nicht ausreichen. Für Acar ist es schon ein Unding, „dass der Gedanke, dass diese Menschen eine Stimme brauchen, in einer Privatinitiative entwickelt wurde“.

Ehrenamtliche wie die beiden kann die Biva immer gebrauchen. Und auch im Büro gebe es immer genug zu tun, so von Hagen. „Wir können in allen Bereichen Unterstützung gebrauchen.“ Zum Beispiel suche man Juristen, die die Rechtsberatung hin und wieder unterstützen. „Wir haben so viel vor und so viele Aufgaben auf dem Tisch“, sagt sie. „Ich würde gerne mehr Zeit haben für die Ehrenamtler.“ Die hat sie nicht – aber dadurch entstehen für die ehrenamtlichen Mitarbeiter auch Freiräume.

Wer Interesse hat mitzumachen, findet Kontaktmöglichkeiten auf www.biva.de.

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