Gerichtsverhandlung in Bonn Prozess um angeblich traumatisierte Zuchthündin geplatzt

Beuel · Ein Hundehalter forderte 32.000 Euro Schadensersatz für seine angeblich zuchtunfähige Hündin. Im Gerichtsprozess zeigte sich der Zustand der Hündin jedoch anders da, als vom Kläger geschildert.

 Vor dem Bonner Landgericht geht es um einen möglicherweise traumatisierten Hund.

Vor dem Bonner Landgericht geht es um einen möglicherweise traumatisierten Hund.

Foto: dpa/Oliver Berg

Das Hunde-Drama ereignete sich im Dezember 2019 auf einer abgemähten Wiese bei Holzlar. An diesem winterlichen Nachmittag trafen sich an diesem Ort vier Hundehalter mit ihren Tieren, die – wie immer – miteinander tollten und balgten. Plötzlich jedoch wurde aus dem Spiel ein kampfartiges Geschehen: Eine Pitbull-Dame griff eine Golden Retriever-Hündin an, ließ nicht locker und biss ihr schließlich ins Ohr.

Zara (Name geändert) blutete, bei einer Tierärztin wurde die Wunde versorgt und verheilte schnell. Viel schlimmer jedoch waren die psychischen Folgen der Bissattacke: Zara, so ihr Besitzer, wurde verhaltensauffällig, hatte keine Lust mehr zu fressen, jaulte durch die Nacht und verhielt sich zunehmend ängstlich und verstört.

Der Fall einer traumatisierten Hündin landete vor der Ärztekammer des Bonner Landgerichts: Denn für Zaras Herrchen stand außer Frage, dass seine Hündin seit dem Biss nicht nur gestört, sondern vor allem zuchtuntauglich ist. Er verklagte die Besitzer der bissigen Bitbull-Dame auf 32.000 Euro Schadensersatz: Das sei der entgangene Verkaufsgewinn für zwei ausgebliebene Würfe im Jahr 2020. Dabei rechnete der Kläger pro Wurf acht Welpen zu jeweils 2000 Euro.

Traumatisierung beeinflusst den Wurf

Wegen der Traumatisierung, so der Kläger weiter, habe ihm die Kleintierpraxis, wo er seit 2016 regelmäßig mit Zara vorstellig war, dringend empfohlen, von weiteren Deckungen abzusehen. Die Traumatisierung, so die Befürchtung des Züchters, könne sich nachteilig auf den neuen Wurf auswirken.

Die 9. Zivilkammer wollte Zaras Seelennot weiter auf den Grund gehen – und rief die behandelnde Tierärztin in den Zeugenstand. Die Medizinerin jedoch widersprach überraschend dem Klagevortrag: Die im März 2020 – also drei Monate nach der Bissattacke – untersuchte Hündin sei organisch völlig gesund gewesen. Auch die Sorge, das Tier fresse nicht mehr, hätte „mit ein, zwei Leckerli“ sofort widerlegt werden können.

Dass ein psychischer Tierknacks an den Nachwuchs weitergegeben werden könnte, hielt sie erkennbar für absurd. Tatsächlich habe der Kläger, so die Tierärztin weiter, sie bei einem weiteren Besuch bedrängt, ihr schriftlich zu bestätigen, dass Zara zuchtuntauglich ist. Das habe sie selbstverständlich nicht gemacht, vielmehr habe sie ihm die Adresse einer Tierpsychologin gegeben, wo er mit Zaras Trauma vorstellig werden könnte.

Die Kammervorsitzende Heike Jürgens schien über diesen Manipulationsversuch keinesfalls amüsiert und zeigte ihren Unmut deutlich. Auch weil es nicht der einzige Versuch des Klägers war, das Gericht hinters Licht zu führen: Verschwiegen hatte er auch, dass Zuchthündin Zara am 11. März 2021 (just am Tag, als er die Klage bei Gericht eingereicht hatte) „sieben gesunde Welpen zur Welt gesetzt hat.“ Diese frohe Botschaft hatte er vier Monate später als Ebay-Kleinanzeige veröffentlicht.

Daraufhin riet die Kammer dem Kläger dringend, der an diesem Tag nicht persönlich erscheinen war, die Klage zurückzuziehen. Das wurde mit einem kurzen Anruf seines Anwalts erledigt. (AZ: Landgericht Bonn 9 O 56/21)

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