Rund 80 Fälle in Ramersdorf Erleichterung nach Festnahme von mutmaßlicher Reifenstecherin

Update | Beuel · Nach mehr als 80 Fällen zerstochener Reifen in Ramersdorf hat die Polizei Bonn nach einem Zeugenhinweis eine Tatverdächtige festgenommen. Betroffene Anwohner reagieren erleichtert, aber auch mit Kritik gegenüber der Polizei.

 Der Beueler Stephen Hooper (33) beklagt zerstochene Reifen an seinem Mini Cooper.

Der Beueler Stephen Hooper (33) beklagt zerstochene Reifen an seinem Mini Cooper.

Foto: Benjamin Westhoff

Nachdem sich mehr als 80 Fahrzeughalter im Bereich der Mehlemstraße, Lindenstraße und Dornheckenstraße wegen zerstochener Reifen bei der Polizei gemeldet hatten, sind viele betroffene Anwohner nun erleichtert. Beamte hatten am Mittwochabend eine tatverdächtige Frau im Rollstuhl (40) vorläufig festgenommen. Gegen 22 Uhr hatte ein Zeuge an der Mehlemstraße ein verdächtiges Geräusch gehört und die Polizei verständigt. Unterdessen äußern einige Anwohner auch Kritik: Aufgrund der hohen Zahl an Betroffenen hätten sie sich mehr Polizeipräsenz in den vergangenen Tagen gewünscht.

Der Zeuge hatte ein zischendes Geräusch an einem Auto gehört und eine Frau in einem Rollstuhl beobachtet, teilte Polizeisprecher Robert Scholten mit. Die Frau soll sich an dem Fahrzeug zu schaffen gemacht haben. Als der Mann die Frau ansprach, habe sie sich in Richtung Königswinterer Straße entfernt. Dort hätten Beamte der alarmierten Polizei die Frau kurze Zeit später angesprochen und überprüft. Sie fanden bei der 40-Jährigen Werkzeug, ein Schlagring und ein Einhandmesser, sagte Scholten. Daraufhin nahmen die Polizisten die Frau vorläufig fest. Zudem stellte die Polizei am Mittwochabend vier weitere beschädigte Fahrzeuge in dem Bereich fest. Die Ermittler prüfen nun, ob die Verdächtige auch für die übrigen Fälle in Ramersdorf und gegebenenfalls auch an anderen Orten infrage kommt. 

Tatverdächtige nimmt Drogen

Unterdessen bestätigte Scholten eine GA-Information, wonach die Beamten bei der Frau auch Drogen fanden. Weil die Tatverdächtige bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten sei und einen festen Wohnsitz habe, sei sie am Donnerstagnachmittag freigelassen worden. Die Tat bestreite sie.

Aus Sicht von Scholten ist der Fall der mutmaßlichen Täterin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist, außergewöhnlich. Die Umstände erinnerten ihn an einen ähnlichen Fall: Im Januar 2020 hatten Zivilfahnder der Bonner Polizei einen Reifenstecher in Medinghoven gefasst: Er war damals 78 Jahre alt. Etwa 20 Fälle wurden ihm zugerechnet.

Dass es eine Tatverdächtige gibt, erfuhr Anwohnerin Anne Westphal (35) durch den GA. Sie wohnt an der Lindenstraße und schaute am Donnerstagmittag dem Fahrzeug eines Abschleppdienstes nach, der ihren Wagen abholte. Wie viele war sie zweimal betroffen: Am Samstagmorgen fand sie einen zerstochenen Reifen an ihrem Wagen, am Donnerstagmorgen zwei. Davor war sie zuletzt am Mittwoch gegen 20 Uhr an ihrem Auto. „Ich hoffe, dass das jetzt ein Ende hat. Viele Anwohner waren in Angst und Sorge. Das ist hier eigentlich eine Wohngegend, in der man das Gartentor sprichwörtlich offen lassen kann“, sagte Westphal.

 Auf dem Parkplatz unter der Brücke der A562 war dieses Auto am Donnerstag noch aufgebockt.

Auf dem Parkplatz unter der Brücke der A562 war dieses Auto am Donnerstag noch aufgebockt.

Foto: Rajkumar Mukherjee

Kritik an der Bonner Polizei

Zugleich ließ sie auch Kritik an der Polizei durchblicken. „Nach all diesen Fällen habe ich hier wenig von einer Polizeipräsenz mitbekommen“, sagte sie. Dazu verwies Scholten darauf, dass die Polizeipräsenz „bestmöglich“ gewährleistet werde: Aufgrund der Nähe zur Wache Ramersdorf und der A562 seien ständig Streifen in diesem Bereich unterwegs, darunter auch Zivilfahrzeuge. Zudem seien die Beamten kurz nach der Alarmierung vor Ort gewesen. Scholten äußerte zugleich Verständnis für Kritik mancher Anwohner: „Ich verstehe das sehr gut, dass das subjektive Sicherheitsempfinden gesunken ist.“

Am Mittwochabend um kurz vor Mitternacht hörte Stephen Hooper (33) ein Klopfen an der Tür. Der gebürtige Brite lebt mit seiner Ehefrau Anna an der Mehlemstraße. Nach der vorläufigen Festnahme informierte ihn die Polizei über das beschädigte Auto. Auch das Ehepaar Hooper ist zum zweiten Mal betroffen. „Und weil wir jetzt keinen Ersatzreifen mehr haben, hat meine Frau heute meinen Wagen für den Weg zur Arbeit genommen. Das geht, weil ich im Homeoffice bin“, sagte Hooper. Mit etwa 120 Euro Schaden rechnet er bislang.  

Ebenfalls zweimal ist ein Nachbar von Thomas Nienaber (61) in der Mehlemstraße betroffen. Auch sein Wagen stand erst an der Straße, dann durfte er ihn in eine Garage am Haus stellen. Eine Garage in den vergangenen Tagen nutzen zu können, erwies sich für Heinz Domgörgen (87) als Glücksfall. „Die Reifen unserer Autos sind unbeschädigt. Ich hoffe aber für die betroffenen Nachbarn, dass mit der Festnahme die Täterin belangt wird“, sagte er.

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