Eiserner Zusammenhalt Briefe von einer Unbekannten

VILICH · "Zum ersten Mal gesehen haben wir uns an Pfingsten 1948." Zu diesem Zeitpunkt wussten Lilli und Wilhelm Dahm aber schon vieles übereinander. Der gebürtige Endenicher war im Zweiten Weltkrieg in britische Gefangenschaft geraten. Seiner Schwester gelang es nicht, Briefe zu ihm zu senden. Sie fragte ihre Freundin Lilli, in Rehborn bei Bad Kreuznach, wo sie mal gearbeitet hatte. Der gelang es, Kontakt mit dem Gefangenen in England aufzunehmen.

 Lilli war die Botin für Nachrichten von Wilhelms Schwester. Als sich beide endlich persönlich kennenlernten, funkte es sofort.

Lilli war die Botin für Nachrichten von Wilhelms Schwester. Als sich beide endlich persönlich kennenlernten, funkte es sofort.

Foto: Max Malsch

Er erhielt von da an regelmäßig Briefe von einer Fremden, erfuhr, wie es seiner Schwester ging, und lernte diese Lilli kennen. Nach ihrer ersten Begegnung ging es schnell: Sie verliebten sich. "Weihnachten 1948 waren wir schon verlobt, zwei Jahre später haben wir geheiratet", erinnert sich die heute 85-Jährige. Diese Ehe hat gehalten. Gestern feierte das Paar seine Eiserne Hochzeit mit der Familie, zu der neben ihren zwei Kindern ein Enkelkind und zwei Urenkel gehören - ein dritter ist unterwegs.

Die Hochzeit war einfach: Sie trug ein schlichtes Kleid mit Spitze, aus seinem Anzug machte sie später ein Karnevalskostüm für ihren Sohn. Sie zogen zusammen nach Bonn, wohnten zunächst in einem Haus zwischen Endenich und Poppelsdorf, in dem es keine Elektrizität, sondern nur Gaslichter gab. Die Zeit nach dem Krieg war hart, erinnert sich Wilhelm Dahm, der damals erst arbeitslos war, aber man hielt zusammen: "Einer hat dem anderen geholfen."

Seine Frau erinnert sich aber auch an lustige Zeiten. "Bei mir war es nie langweilig." Als der Besitzer das Haus für sich beanspruchte, zogen sie um und kamen schließlich in Auerberg unter, wo sie 38 Jahre lang lebten. Der heute 89-Jährige arbeitete 28 Jahre lang beim Deutschen Akademischen Austauschdienst, seine Frau, sobald die Kinder zur Schule gingen, vormittags in verschiedenen Unternehmen, zum Beispiel an einer Eiersortiermaschine in der Rheinischen Warenzentrale.

Zwischenzeitlich waren sie karnevalistisch tätig: Unter anderem machten sie bei den Geisterzügen mit, die es früher in Poppelsdorf gab. Heute kümmert sich Lilli Dahm hauptsächlich um ihren Mann, "so lange wie ich kann", und macht den Haushalt. Wann immer sie kann, geht sie aus dem Haus, etwa zum Einkaufen auf den Beueler Markt und alle 14 Tage zum Ökumene-Treff in den Vilicher Kirchen. Die Pfälzerin ist keine Stubenhockerin, sondern sehr lebendig und offenbar unerschütterlich - so wie diese Ehe.

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