Spaziergang durchs Beueler Quartier Was ist besonders am Combahnviertel?

Beuel · Die Gebäude im Combahnviertel in Bonn-Beuel sind ein Spiegelbild vergangener Jahrhunderte. Was es dort alles zu entdecken gibt, zeigt Expertin Elke Janßen-Schnabel bei einem Spaziergang durchs Quartier.

Wolfgang Linnemann (brauner Mantel) von der Initiative Combahnviertel führte die Teilnehmer beim Spaziergang durchs Quartier.

Wolfgang Linnemann (brauner Mantel) von der Initiative Combahnviertel führte die Teilnehmer beim Spaziergang durchs Quartier.

Foto: Benjamin Westhoff

Reich verzierte Stuckfassaden mit farblich gestalteten Bordüren und Skulpturen stehen neben schmucklosen Zweckbauten aus Nachkriegsjahren: Die Gebäude des Combahnviertels sind ein Spiegelbild vergangener Jahrhunderte. Aber ist das gesamte Quartier zwischen Konrad-Adenauer-Platz, Sankt Augustiner Straße (B 56), Bröltalbahnweg und dem Rheinufer ein schützenwertes Ensemble im rechtsrheinischen Bonn? Darüber diskutieren Politik, Anwohner und Bürger bereits seit Monaten.

Im vergangenen Dezember hatte der Stadtrat entschieden, einen Satzungsentwurf für den Denkmalbereich Combahnviertel vorzulegen. Mit der Unterschutzstellung des ganzen Areals würden dort die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes NRW gelten. Bedeutet konkret: Bauliche Veränderungen müssten bei der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bonn beantragt werden. Darüber sind manche Eigentümer jedoch nicht glücklich.

Nach einer Bürger-Informationsveranstaltung vor ein paar Tagen (der GA berichtete), hatten der Denkmal- und Geschichtsverein sowie die Bürgerinitiative Combahnviertel jetzt zu einem Spaziergang eingeladen. Elke Janßen-Schnabel, Expertin der Denkmalbehörde des Landschaftsverbandes, stellte dabei die Besonderheiten des Quartiers vor. Ein Thema, das offensichtlich viele Beueler interessiert.

100 Teilnehmer beim Spaziergang dabei

Denn fast 100 Teilnehmer gingen gemeinsam mit ihr, Carl Jakob Bachem (Denkmal- und Geschichtsverein Bonn-Rechtsrheinisch) und Wolfgang Linnemann (Initiative Combahnviertel) durch die Straßen. „Das ist keine Bittprozession, sondern wir ziehen voller Stolz durch die Straßen und zeigen, dass es sich lohnt, das Viertel zu schützen“, begrüßte Linnemann die Teilnehmer. „Wir wollen heute ein positives Zeichen für den Denkmalschutz setzen“, appellierte auch Bachem. „Der Denkmalschutz steht nicht immer auf der Verliererseite.“

Die Absicht, das Areal unter Schutz zu stellen, ist jedoch nicht neu. Bereits 2003 gab es entsprechende Überlegungen, die damals jedoch nicht konkret weiterverfolgt wurden. Das änderte sich 2019, als bekannt wurde, dass drei mehr als 100 Jahre alte Häuser in der Rheindorfer Straße abgerissen und das Areal neu bebaut werden sollte. Das wurde damals von einigen engagierten Bürgern in letzter Minute verhindert. Heute sind die Gebäude längst behutsam restauriert und die stuckverzierten Häuser geben einen Einblick in die Architektur um 1900.

Allerdings machen nicht nur die prächtigen Fassaden der Gründerzeithäuser den Reiz des „Veedels“ aus. Janßen-Schnabel betrachtet vielmehr die Gesamtheit des Gebiets mit Wegen, Parzellenaufteilungen und vielschichtiger Bebauung. Dazu gehören auch die Neubauten, die in den vergangenen 20 Jahren entstanden sind, oder die auf Grundstücken errichtet sind, auf denen oftmals bis in die 1950er Jahre hinein Kriegstrümmer standen.

Das Alte wird nicht überstrahlt

„Auch wenn die Nachbauten schlicht und schmucklos sind und keine Ähnlichkeit mit den vorherigen Gebäuden haben, so orientieren sie sich doch in Höhe, Proportionen, Farbe und Ausmaßen an den Vorgängergebäuden. Dadurch wird das Alte nicht überstrahlt, es wird vielmehr respektiert“, so Janßen-Schnabel. So sei das ganze Viertel ein „Mosaikstein in der Ortsgeschichte“. „Denkmäler werden nicht unter einer Glashaube gesteckt und erstickt“, betont die Expertin. „Sondern sie werden weiterentwickelt, aber ihre historische Bedeutung wird weiterhin führend sein.“

Im Gegensatz zur Bürgerveranstaltung vor ein paar Tagen sollten diesmal die baulichen Besonderheiten sowie die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte betrachtet werden. „Für mich ist es übertrieben, das ganze Viertel unter Denkmalschutz zu stellen“, meinte ein Anwohner. „Das Viertel kann gut auf sich selbst aufpassen.“ Dem widersprach eine Teilnehmerin energisch. „Wir sind heute nicht hier, um eine politische Diskussion zu führen, sondern wir wollen uns von einer Expertin das Einzigartige des Combahnviertels erklären lassen“, erwiderte sie.

Das große Interesse an der Bürgerversammlung sowie an dem Spaziergang mit der LVR-Expertin ist für Carl Jakob Bachem überraschend. „Wir werden wohl noch einmal eine solche Veranstaltung anbieten“, meint er zum Abschluss des Rundgangs. Zudem hat der Denkmal- und Geschichtsverein alle Unterlagen für den Entwurf der Denkmalbereichssatzung im Bürgermeister-Stroof-Haus in Vilich für jeden zur Einsicht ausgelegt. Das Haus ist freitags und sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Die Beteiligungsfrist endet am 28. Februar 2023.

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