20 Jahre Biologische Station in Beuel Der Biber kommt, der Moorbläuling zieht sich zurück

Beuel · Seit 20 Jahren kümmert sich die Biologische Station um verschiedene Naturräume im Stadtbezirk Beuel. Die Bilanz fällt durchweg positiv aus, weil sich die Situation in den Schutzgebieten eher verbessert hat. Sorgen bereitet den Naturschützern aber der stetig wachsende Druck auf Tiere und Pflanzen durch Spaziergänger und Radfahrer.

 Im späten Winter errichten Mitarbeiter der Biostation die Amphibienschutzzäune entlang der Pützchens Chaussee.

Im späten Winter errichten Mitarbeiter der Biostation die Amphibienschutzzäune entlang der Pützchens Chaussee.

Foto: Monika Hachtel

Ennertwald, Siegaue, Basaltmauern und Feuchtwiesen – um diese vier Pflegeprojekte kümmert sich die Biologische Station Bonn/Rhein-Erft von der ersten Stunde ihrer Gründung an. Und die liegt mittlerweile 20 Jahre zurück. Am 1. November wurde die Biologische Station als gemeinnütziger Naturschutzverein aus der Taufe gehoben. Vom ersten Tag an waren die Mitarbeiter auch in Beuel aktiv.

Mit  Unterstützung  zahlreicher  ehrenamtlicher  Helfer  betreut  die  Biostation seit dem Frühjahr 2002 zwei Amphibien-Schutzzäune im Ennert, dem nördlichsten Teil des Naturschutzgebiets Siebengebirge. 2018 kam ein dritter Schutzzaun hinzu. Hier wurden seitdem fast 30.000 Amphibien vor dem Überfahren gerettet und das Vorkommen von Erdkröte und Co. im und am Naturschutzgebiet stabil gehalten. 

Ein weiteres Pflegeprojekt betrifft die Kopfweiden in der Siegaue: 65 Bäume befinden sich im dortigen Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH), 44 stehen außerhalb. Die insgesamt 109 Kopfweiden werden alle zwei bis drei Jahre auf den sogenannten Stock – von dort treiben die neuen Triebe aus – zurückgeschnitten. Die drei bis vier Meter langen Äste werden gerne von Gartenfreunden und Kindergärten zum Basteln abgeholt.

Zu den Aktivitäten der ersten Stunde gehört auch die Pflege der Feuchtwiesen. Sie liegen im Naturschutzgebiet (NSG) Weiers Wiesen, im NSG Nasswiesen und im Bruchwald Kohlkaul. Dort sind die größten Orchideenbestände in Bonn mit vielen 100 Breitblättrigen und Gefleckten Knabenkräutern zu finden.

Der Schutz der Mauereidechse ist eine Erfolgsgeschichte

Der Schutz der Mauereidechse am Ortsrand von Oberkassel ist eine weitere Erfolgsgeschichte: Die Pflege der dortigen Basaltmauern hat die Biostation 2001 vom Nabu Bonn übernommen. „Wir sind dort seitdem drei bis vier Mal im Jahr aktiv, um Pflanzen von den Mauern zu entfernen und den Grünstreifen vor den Mauern zu mähen, damit die wärmeliebenden Reptilien genug Licht und Wärme bekommen und die in Felsspalten gelegten Eier sich entwickeln können“, erklärt Monika Hachtel, die gemeinsam mit dem Leiter der Biostation, Christian Chmela, seit 2001 bei der in Dransdorf beheimateten Einrichtung arbeitet.

 Seltener Anblick: Ein Moorbläuling sitzt auf einer Pflanze.

Seltener Anblick: Ein Moorbläuling sitzt auf einer Pflanze.

Foto: Monika Hachtel

Die Population der Mauereidechsen in Oberkassel ist heute so groß geworden, dass man regelmäßig mehr als 100 Tiere zählen kann und diese gut sichtbar an den Mauern sitzen und auch mal über die Straße flitzen – ein fast mediterraner Anblick.

Aus biologischer Sicht etwas ganz Besonderes ist das Vorkommen des Moorbläulings auf den letzten Resten der ehemals ausgedehnten Feuchtwiesen in Pützchen.  „Während an einer Stelle die Art ausgestorben ist, konnten wir sie an anderer Stelle bis ins Jahr 2022 retten. Seine Zukunft ist  allerdings ungewiss, da er wie viele Tierarten, die in Feuchtwiesen leben, unter den Auswirkungen des Klimawandels leidet und die Bestände des Schmetterlings in den Dürresommern extrem zurückgegangen sind“, sagt Hachtel im Gespräch mit dem GA.

Selbstkritisch äußert sich Hachtel auch zu Pflegeprojekten, die bisher aus Zeitgründen vernachlässigt werden mussten: NSG „Feuchte Grünlandbrachen“ und die Mähweiden Kohlkaul. Beide Aufgaben sollen aber bald angepackt werden.

Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit gehören ebenfalls von Anfang an zu den Aufgaben der Biostation. Gebündelt im „Naturerlebnisprogramm Bonn und Umgebung“ werden jährlich mit anderen Bonner Naturschutzvereinen Amphibienexkursionen in die nächtliche Welt des Ennerts, Frühblüher-Wanderungen und Mitmach-Aktionen wie das Mähen von Wiesen und der Schnitt von Kopfweiden angeboten. Auch Naturbildung im Gelände wie der Besuch des Naturerlebnispfads Ennert und die Reihe „Wilde Ecken“ zählen ebenso zum Angebot wie Pflege und Erhalt der alten Obstwiesen mit ihren Hochstamm-Obstbäumen.

Die Bilanz nach 20 Jahren ist durchwachsen

 Eine Mauereidechse sonnt sich in Oberkassel an den Steinmauern nahe dem Rheinufer.

Eine Mauereidechse sonnt sich in Oberkassel an den Steinmauern nahe dem Rheinufer.

Foto: Monika Hachtel

 Und wie lautet die Bilanz nach 20 Jahren? Hachtel: „Es gibt Licht und Schatten – also gemischt. Für Beuel gilt: Wir konnten die Schutzgebiete in einem guten Zustand halten oder sogar verbessern. Ehemals brachliegende Wiesen werden wieder regelmäßig gemäht, das wertvolle Grünland in der Siegaue und am Ennert (Pützchens Wiesen) wird im Rahmen des Vertragsnaturschutzes fach- und naturschutzgerecht von Landwirten bewirtschaftet. Es sind in den letzten Jahren unseres Wissens keine Tier- oder Pflanzenarten ausgestorben, von einigen gibt es aber nur noch ein letztes oder wenige Vorkommen.“

Nicht gelöst und eher noch verschärft ist nach Ansicht Hachtels das Problem der unregulierten Naherholung in den Schutzgebieten mit „teilweise wenig Verständnis für die Belange von Tieren und Pflanzen in ihren wenigen Rückzugsräumen“. Hier spiele auch die Bebauung der letzten Freiflächen und die fehlende Sicherung von Naherholungsgebieten eine Rolle, wodurch die Spaziergänger und Radfahrer immer weiter in Schutzgebiete gedrängt würden. „Mit Bedauern sehen wir den Rückzug der Landwirtschaft, bedingt zum einen durch die Bebauung landwirtschaftlicher Flächen wie im Bonner Nordwesten oder bei Geislar, zum anderen durch ungünstige Bedingungen für Landwirte“, so Hachtel.

 Danach gefragt, welche Veränderungen es aktuell bei Tieren und Pflanzen im Naturraum Beuel gibt, antwortete die Biologin: „Der Klimawandel schadet Moorbläuling, Orchideen und anderen Arten der Feuchtwiesen sowie vielen Amphibien. Positiv wirkt er sich auf wärmeliebende Reptilien und einige Insekten wie Weinhähnchen und Feuerlibelle aus.“

 Neue Tierarten nennt die Biostation auch: Bibernachweise an der Siegmündung, Weinhähnchen sind häufig geworden. Nachweise von Waschbären gibt es seit mindestens 2013 regelmäßig. Keine Art sei definitiv ausgestorben, aber einige stünden kurz davor: Moorbläuling und Kreuzkröte sowie bei den Pflanzen das Berg-Steinkraut.

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