Sankt-Adelheid-Gymnasium "Der Prozess" von Franz Kafka in der Schule

PÜTZCHEN · "Josef K., selbstsicher und zufrieden mit seinem Leben, ist am Ende ein Wrack, nichts ist mehr übrig von seinem Selbstbewusstsein", erklärte Aline Sylla vom Sankt-Adelheid-Gymnasium das Schicksal des Josef K. aus Franz Kafkas Erzählung "Der Prozess".

 Die Schülerinnen bei der Probe ihrer Kafka-Inszenierung.

Die Schülerinnen bei der Probe ihrer Kafka-Inszenierung.

Foto: Max Malsch

Jedes Jahr führt der Literaturkurs der elften Klassen des Gymnasiums ein Theaterstück auf. Kafkas Prozess sollte es in diesem Jahr sein, entschied Lehrerin Kristina Haverkamp. Und: Es sollte Videoästhetik untergebracht werden. Weitere Vorgaben hatten die Schüler nicht. Vielleicht strotzt die Inszenierung gerade deswegen von guten Ideen und Kreativität. Bei der Generalprobe am Montag wurde schnell klar: Die Schülerinnen sind tief ins Thema eingetaucht und haben sich eigene Gedanken gemacht, wie man Kafkas Prosa auf die Bühne bringen kann.

Zwar wurde eine dramatisierte Fassung des Werks beim Theaterverlag bestellt, aber damit gaben sich die Schülerinnen nicht zufrieden. Sie erfanden eine zweite Hauptrolle, einen zweiten Josef K. dazu, der permanent über die Gedanken des realen K. wacht und ihm Schuld einredet. Denn Josef K. wird am Tag seines 30. Geburtstags verhaftet und angeklagt - und weiß bis zum Ende nicht, warum und von wem.

Christiane Liebhardt und Olivia Wollnik als K1 und K2 machen seine inneren Konflikte und seine wachsende Unsicherheit sichtbar. Hat sich Josef K. vielleicht doch schuldig gemacht? Schließlich werden seine Proteste immer leiser, seine eigene Überzeugung schwindet dahin. Sichtbar soll seine Unsicherheit durch die Abwesenheit von Requisite gemacht werden. "Josef K. findet nirgendwo Halt, keiner kann ihm helfen, denn irgendwie scheinen alle anderen Teil der Verschwörung des Gerichts zu sein", erklärte Christiane Liebhardt, Darstellerin des realen K.

So wie das minimalistische Bühnenbild haben die Schülerinnen auch die Kostüme der Schauspieler ganz bewusst ausgewählt. Jeder Charakter trägt unscheinbare, unterschiedliche Kleidung mit einer Gemeinsamkeit: Alle haben sie ein großes "K" auf der Brust, Sinnbild dafür, dass eigentlich alle bis auf Josef K. unter einer Decke stecken.

Viele Stunden investierten die Schülerinnen in das Stück, außerschulische Proben waren keine Seltenheit. "Das ist einfach was anderes als normaler Schulalltag, viel kreativer", sagte Aline Sylla, die sich um Licht und Ton kümmert. "Jetzt, wo wir das Stück aufführen, sind wir schon stolz, weil wir es selbst auf die Bühne gebracht haben."

Der Prozess" wird heute und morgen jeweils um 19 Uhr im Theatersaal des Sankt-Adelheid-Gymnasiums in Pützchen aufgeführt. Karten kosten 3 Euro, Karten ohne Ermäßigung kosten 5 Euro.

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