Porträt des Beueler Kirchenmusikers Michael Bottenhorn Die erste Orgelmesse brachte 20 Mark

Beuel · Michael Bottenhorn gilt als vielseitiger Kirchenmusiker. Seit 2012 ist er Organist und Kantor in der Beueler Pfarrkirche. Seinen ersten Kirchenchor leitete er im zarten Alter von 16 Jahren.

 Michael Bottenhorn liebt den französischen Klang der Oberlinger Orgel in St. Josef.

Michael Bottenhorn liebt den französischen Klang der Oberlinger Orgel in St. Josef.

Foto: Stefan Hermes

Michael Bottenhorn (46) ist seit 2012 Organist an der katholischen Pfarrkirche St. Josef in Beuel. Er ist nicht nur für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste und die Leitung des Kirchenchors zuständig, sondern auch für die weit über die Grenzen Beuels hinaus bekannten internationalen Orgelkonzerte, die bereits 1981 von seinem Vorgänger Hans-Peter Reiners ins Leben gerufen wurden. „2016 konnten wir das 600. Konzert in dieser Reihe geben“, so Bottenhorn, der danach das Zählen aufgehört hatte.

Vom Konzertauftritt am ersten Sonntag im März sagt er mit aller ihm eigenen Zurückhaltung, es sei „kalt und schön“ gewesen. Durch Corona seien viele geplante Termine ausgefallen. Man müsse bei der Anzahl der Konzerte berücksichtigen, so der diplomierte Kirchenmusiker, dass Sankt Josef keine „Touristenkirche“ wie der Kölner Dom sei, der bei jedem Konzert bis auf den letzten Platz besetzt sei.

Internationale Musiker in Beuel

„Bei uns kommt nur das wirklich an der Orgelmusik interessierte Publikum“, sagt er und fügt hinzu, dass es meist so um die 60 oder 70 Personen sind, die dem französischem Klang der Oberlinger Orgel (siehe Infokasten) lauschen. Bottenhorn sorgt für ein vielfältiges Repertoire von Barock bis Moderne und lädt für die internationale Konzertreihe Organisten aus dem In- und Ausland ein.

Bottenhorn wurde im mittelhessischen Alsfeld geboren. Dort entdeckte er früh seine Liebe zur Orgel. „Bei einem Weihnachtsbesuch bei Verwandten war mir langweilig“, beginnt seine Erzählung der schicksalhaften ersten Begegnung mit einer elektronischen Orgel. Das Notenblatt von einem Weihnachtslied, das Bottenhorn durch den Musikunterricht in der Schule bereits lesen konnte, und mit Notennamen beschriftete Tasten führten ihn an der Heimorgel zu schnellen Erfolgserlebnissen. Und bestimmten zugleich seinen weiteren Lebensweg.

Noch bevor er die Schulzeit mit dem Abitur abschloss, besuchte er drei Jahre lang eine Ausbildung für Kirchenmusiker im Nebenamt mit wöchentlichem Klavierunterricht und samstäglichen Seminaren in Fulda. „In der Gegend waren damals einige Stellen von Kirchenmusikern vakant“, sagt Bottenhorn, sodass ihm sein Orgelspiel schnell ein regelmäßiges Taschengeld einbrachte.

20 Mark bekam er für einen Messe

„Für eine Messe gab’s 20 Mark“, erinnert er sich, „meist waren es zwei an einem Sonntag.“ Mit 16 Jahren dirigierte er bereits den ersten Kirchenchor. Der Frage, ob er zu dieser Zeit schon genügend Autorität besessen habe, um einen Chor zu leiten, widerspricht er: „In der Chorarbeit geht es um Vertrauen, das man schaffen muss.“

Mit 18 Jahren war Bottenhorn klar, dass er Musik machen wollte. Anlässlich der Einweihung einer neuen Rieger-Orgel im Dom zu Fulda faszinierte ihn das Spiel des französischen Organisten Daniel Roth, was dazu führte, dass Bottenhorn seinen Plan, Musiklehrer zu werden, zugunsten einer Musikerkarriere über Bord warf.

Als er 2012 seine Stelle in Bonn antrat, erfuhr er, dass Roth 1981 in Bonn das Einweihungskonzert an der Oberlinger Orgel gegeben hatte. „So schließen sich die Kreise“, sagt Bottenhorn, der zuvor von mehrfachen Begegnungen mit Roth sprach. Auch Bottenhorn konzertiert öfters in Frankreich. Wenige Monate vor dem Brand in Notre Dame gab er noch ein Konzert in der Kathedrale des Erzbistums Paris.

Vier Jahre lang studierte Bottenhorn Kirchenmusik in Würzburg. Als Auszeichnung dürfte es gesehen werden, dass er direkt nach seinem Studium eine Stelle als Assistent am Würzburger Dom antreten konnte. Parallel dazu absolvierte er ein Orgelkonzert-Fachstudium in Stuttgart. Seine erste Anstellung als hauptamtlicher Kirchenmusiker, in der er seine eigenen Ideen umsetzen konnte, erhielt er 2005 im saarländischen Neunkirchen. „Da war vieles von Grund auf zu tun, wo eine eigene Handschrift sichtbar werden konnte“, so Bottenhorn rückblickend.

Durch ihn entstand dort ein Kirchenchor und auch die bis dahin eher „schlecht als recht“ funktionierende Orgel wurde durch ein neues Instrument ersetzt. Die fachliche Begleitung des Neubaus auf der Basis einer historischen Orgel von James Binns (1855 - 1929) war eine Herausforderung, die der am Orgelbau sehr interessierte Bottenhorn gerne annahm. Darüber hinaus weiß er zu berichten, dass Binns auch der Erbauer der Orgel der Heilig-Kreuz-Kirche in Limperich war.

Dass Bottenhorn nach sechs Jahren Neunkirchen zugunsten von St. Josef verließ, habe an der Oberlinger Orgel und dem guten Ruf der Beueler Pfarrkirche gelegen, von dem er sich die Konzertmöglichkeiten versprach, die er seitdem auch rege nutzt. „Ich wusste bereits, dass sich in Beuel die französischen Organisten die Klinke in die Hand gaben.“ Zudem habe es in Beuel eine ausgezeichnete Chor- und Orchesterarbeit gegeben. „Wenn mein Vorgänger es 40 Jahre an diesem Ort ausgehalten hat, dann kann die Stelle ja nicht so schlecht sein“, habe er gedacht.

Die Herausforderung in der Orgelmusik sieht der zweifache Familienvater Bottenhorn für sich darin, nicht den großen technischen Apparat in den Vordergrund zu stellen, sondern die Lebendigkeit der Orgel als Musikinstrument. Mit der Verbindung von Orgel und elektronischer Musik hat Bottenhorn diese zeitgemäße Lebendigkeit bereits unter Beweis gestellt. „Es gibt auch in der Orgelmusik Ideologien“, sagt Bottenhorn, „wo solche Bestrebungen als Werk des Teufels bezeichnet werden.“

Am 25. März um 20 Uhr leitet Michael Bottenhorn das Chor- und Orchesterkonzert „Stabat Mater“ von Joseph Haydn in der Kirche St. Josef, Hermannstraße 35. (Eintritt 10 Euro an der Abendkasse).

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