Bedrohte Tierarten Die Geburtshelferkröter lebt Emanzipation vor

Oberkassel · Bei der Geburtshelferkröte herrscht strikte Arbeitsteilung: Das Männchen kümmert sich um die Aufzucht des Nachwuchses. Damit sich die Amphibie wohlfühlt, braucht sie ein mindestens 80 Zentimeter tiefes Gewässer. Im Arboretum Park Härle hat die Geburtshelferkröte jetzt ihr neues Biotop bezogen.

 Den Teich im Park Härle hat Peter Tröltzsch von der Biostation für die Geburtshelferkröte angelegt, aber auch andere Amphibien fühlen sich darin wohl.

Den Teich im Park Härle hat Peter Tröltzsch von der Biostation für die Geburtshelferkröte angelegt, aber auch andere Amphibien fühlen sich darin wohl.

Foto: Stefan Knopp

Man sieht sie ja in den vergangenen Jahren erfreulicherweise immer öfter, die Männer, die ihren Nachwuchs im Kinderwagen schieben oder in der Tragetasche tragen. Auch auf den Spielplätzen haben die Väter mitunter die Oberhand. Was beim Menschen ein mühsamer gesellschaftlicher Schritt ist, hat sich eine Amphibienart im Laufe der Evolutionsgeschichte schon vor langer Zeit angeeignet: Die Geburtshelferkröte lebt Arbeitsteilung in Sachen Nachwuchsbetreuung vor. Im Arboretum Park Härle sie jetzt ein eigenes Reich bekommen.

Denn ihr natürlicher Lebensraum wird immer knapper, erklärt Biologe Peter Tröltzsch von der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft. Das Tier benötigt offene, mindestens 80 Zentimeter tiefe Gewässer mit steiniger Umrandung, und so etwas findet sich immer seltener. Denn wenn man nichts dagegen unternimmt, überwuchert die Vegetation irgendwann ein solches Gewässer. Und die Tümpel oder Teiche sollten frei von Fressfeinden sein, aber man findet immer öfter Teiche, in denen Aquariumfische ausgesetzt wurden, die den Krötennachwuchs ausdünnen.

Geburtshelferkröte ist ein Frosch

Aber jetzt erstmal einen Schritt zurück: Zunächst einmal ist die Geburtshelferkröte keine Kröte, sondern zählt zu den Fröschen. „Sie hat ein goldenes Auge mit einer senkrechten Pupille“, erklärt Tröltzsch. „Kröten haben waagerechte Pupillen.“ Im Volksmund wird das Tier auch Glockenfrosch genannt – wer sie einmal hat rufen hören, wird erkennen, wie der Name zustande kam. Den Ruf stoßen die Männchen aus; sie hocken sich dabei auf einen freiliegenden Stein. „Wenn diese Rufplätze nicht mehr da sind, wandert die Geburtshelferkröte ab.“

Ist das Weibchen angelockt und die Paarung vollzogen, legt das Weibchen eine Eierschnur ab, die sich das Männchen auf teils akrobatische Weise um den Unterleib windet. So trägt es die bis zu 40 Eier dann drei Wochen mit sich herum, was den Vorteil hat, dass sie geschützt sind und immer die Wärme oder Feuchtigkeit erhalten, die sie gerade benötigen. Wenn die Zeit zum Schlüpfen gekommen ist, begibt sich das Männchen ins Wasser, und innerhalb weniger Minuten schlüpfen die Kaulquappen, die dann schon recht groß sind.

Feuersalamander und Gelbbauchunke

Und es geht noch weiter: Bis zu viermal im Jahr kann ein Männchen diese Prozedur wiederholen. Die Kaulquappen entwickeln sich unter Wasser. „Aber wenn sie noch keine Beine entwickelt haben, wenn es zu kalt wird, stellen sie die Entwicklung bis zum nächsten Frühling ein“, so Tröltzsch. Sie bleiben dann am Teichboden, auch wenn das Wasser über ihnen gefriert. Deshalb musste der neue Teich im Arboretum eine bestimmte Mindesttiefe haben.

„Die Geburtshelferkröte haben wir auf der Agenda“, sagt der Mitarbeiter der Biostation. „Sie ist wahrscheinlich die seltenste Art in Bonn.“ Und sie ist auch schon im Park Härle angesiedelt, in dem sich zehn Amphibienarten finden. Darunter der Feuersalamander und die Gelbbauchunke, die das im Oktober angelegte Gewässer direkt angenommen haben und in großer Zahl zu sehen sind. Der Glockenfrosch war auch am Rand des bereits bestehenden größeren Teichs zu hören, in dem Wasserfrösche und Schildkröten leben. Aber leider auch einige Goldorfen. Vor einiger Zeit hatte jemand illegal zwölf dieser großen Zierfische im Teich ausgesetzt, sie setzen den anderen Tierarten zu. Sechs konnten schon herausgefischt werden; die anderen sieht man noch immer unter den Seerosenblättern. Zum Glück würden sie sich nicht vermehren, sagt Tröltzsch.

Bedrohung durch einen Pilz

Das war einer der Gründe, für die Geburtshelferkröte einen eigenen Teich anzubauen. Der wurde ausgehoben, dann mit einem speziellen tonartigen Material ausgelegt, darüber kamen Erde und eine Folie und zuletzt Schotter und Steine. Der technische Leiter des Arboretums, Michael Dreisvogt, war schnell ins Boot geholt und organisierte finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Postcodelotterie. Am Freitag wurde neue Zuhause erstmals der Öffentlichkeit bei einer Führung vorgestellt.

Andere Gründe, dem Glockenfrosch einen eigenen Lebensraum zu schaffen, sind laut Tröltzsch, dass unter anderem Katzen gerne mit den Fröschen spielen, wenn sie sie fangen können. Die größte Gefahr aber geht von dem Pilz Batrachochytrium dendrobatidis, kurz BD-Pilz, aus: Der wurde vermutlich aus dem asiatischen Raum eingeschleppt und hat schon das Ruhrgebiet und die Eifel erreicht. Der Pilz setzt sich in den Hautporen der Amphibien fest, durch die sie atmen und teils auch Nahrung aufnehmen. „Vor allem die Metamorphlinge sind gefährdet“, sagt der Fachmann. Das sind die Tiere, die gerade frisch ans Ufer gekommen sind. Um zu vermeiden, dass man diesen Pilz in den Wald einschleppt, sollte man Schuhe, mit denen man zuvor in anderen Wäldern unterwegs war, mit Desinfektionsmittel behandeln, das mindestens 70 Prozent Ethanol beinhaltet.

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