GA-Serie "Stadt Beuel" Die Geschichte der Tapetenstadt Beuel

Beuel · Die Rheinische Tapetenfabrik „Er-Te“ von Schleu und Hoffmann stand für Qualitätserzeugnisse. Die Beueler Produktionsstätte gehörte zu den größten in Deutschland.

 Im Heimatmuseum Beuel sind alte Druckwalzen zu sehen (links). Sie wurden von einem Formstecher, der ein anerkannter Ausbildungsberuf war, in Handarbeit hergestellt.

Im Heimatmuseum Beuel sind alte Druckwalzen zu sehen (links). Sie wurden von einem Formstecher, der ein anerkannter Ausbildungsberuf war, in Handarbeit hergestellt.

Foto: Heimatmuseum Beuel

Es war einmal... so muss man die Geschichte von Beuel als „Tapetenstadt“ beginnen. Tapeten aus Beuel waren beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur in Beuel gefragt, sondern in ganz Deutschland.

Es gab gleich zwei Fabriken: die Rheinische Tapetenfabrik „Er-Te“ von Schleu und Hoffmann in der Auguststraße und die Tapetenfabrik C. Willcke. Letztere war als „Spezialtapeten-Fabrik Beuel“ in den ehemaligen Produktionshallen von „Er-Te“ gegründet worden und hatte dann ihren Sitz in der Gartenstraße 20-24.

Mit dem Begriff „Tapete“ bezeichnete man ursprünglich Wandbekleidungen aus gewebten oder gewirkten Stoffen, letztendlich auch maschinell bedruckte Papierrollen. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gehörte die Beueler Tapetenfabrik zu den größten in Deutschland.

Die Nachkriegszeit

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Tapetenfabrik zu großen Teilen zerstört. Erst nach der Währungsreform 1949 baute man die Gebäude wieder sukzessive auf und ergänzte sie durch neue Produktionsräume. In den 1950er Jahren wurde bereits wieder quantitativ das Vorkriegsniveau erreicht.

Als Beuel die Stadtrechte verliehen bekam, stellten 175 Beschäftigte wieder Tapeten mit 1000 verschiedenen Mustern her. 1957 wurde die gegenüberliegende Rheinische Möbelfabrik erworben und durch eine Brücke mit dem alten Gebäude verbunden. Hier ist auch heute noch das Markenzeichen „Tapetenfabrik“ für Rheinische Tapeten zu sehen. „Er-Te“ stand für ein Qualitätserzeugnis.

Von der billigsten Naturelltapete bis zur teuersten und aufwendig produzierten Filmdrucktapete wurden alle Arten in viele Länder verkauft. „Die Rheinische empfiehlt ihren Verbrauchern, nicht nur den Anzug zu wechseln, sondern ruft ihnen zu: einmal die Tapete wechseln“, hieß es damals in der Werbung.

Alles in Handarbeit

Es gab auch einmal einen Beruf, den heute kaum noch jemand kennt: den Formstecher. Dies war ein Lehr- und Meisterberuf, der heute nicht mehr anerkannt ist. In der Hauptsache wurden in filigraner Handarbeit Druckwalzen für Tapeten sowie für Weihnachtspapier und Servietten hergestellt. Jeder Arbeitsgang, von der Herstellung der Walze bis zum Endprodukt, der druckfertigen Walze, war Handarbeit.

Es hängt sicherlich nicht mit der Eingemeindung von Beuel nach Bonn zusammen, dass in den 1970er Jahren die Nachfrage nach Tapeten stark nachließ. 1980 wurde die Rheinische Tapetenfabrik geschlossen. Heute ist das Gelände ein Ort für Künstler und Gewerbetreibende, eine Werkstatt für Ideen, Kultur, Gestalten und Erleben. Es gibt circa 50 „Fabrikanten“, die Kurse, Kultur und Gewerbe anbieten.

Und es gibt ein privates Fabrikmuseum, in dem man anhand von Musterbüchern, Druckwalzen und -sieben 100 Jahre deutsche Wohnkultur ablesen kann.

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