"Zeitfenster" im Stadtarchiv Dreifachmord im beschaulichen Beuel

BONN · Das „Zeitfenster“ des Bonner Stadtarchivs zeigt ein Bild zu einem Kriminalfall, der 1822 hohe Wellen schlug. Der Schuster Adolph Moll wurde seinerzeit zum Tode verurteilt, nachdem er des dreifachen Mordes überführt wurde.

 Rache am Dreifachmörder: Das kleine Aquarell zeigt, wie Beueler das Haus des Schusters Adolph Moll in Schutt und Asche legen.

Rache am Dreifachmörder: Das kleine Aquarell zeigt, wie Beueler das Haus des Schusters Adolph Moll in Schutt und Asche legen.

Foto: Stadtarchiv

Das „Zeitfenster“ im Internetauftritt der Stadt gewährt jeden Monat einen neuen kleinen Einblick in die bewegte Bonner Geschichte: Das Stadtarchiv stellt dort gemeinsam mit der Stadthistorischen Bibliothek ein Stück aus ihren Beständen mit einer kurzen Erklärung vor. In monatlichem Wechsel werden dort Fotos, Grafiken, Urkunden, Akten, Briefe oder historische Bücher präsentiert, die neugierig machen und zu Forschungen im Stadtarchiv ermuntern sollen. „Die Idee war, die vielen Schätze und teilweise auch skurrilen oder außergewöhnlichen Archivalien, über die wir verfügen, auf diesem Weg einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so der Leiter des Stadtarchivs und der Stadthistorischen Bibliothek Bonn, Norbert Schloßmacher.

Aktuell ist dort ein kleines Aquarell aus Beuel zu sehen: Das neuneinhalb mal 15 Zentimeter große Bild, über dessen Urheber nichts bekannt ist, zeigt das brennende Haus des Schusters Adolph Moll, das Anfang des 19. Jahrhunderts von Beuelern zerstört wurde. Die Momentaufnahme aus der Sammlung des Buchhändlers und Heimatforschers Johann Ignatz Schmitz-Reinhard (1908-1993) markiert den Schlusspunkt eines Mordfalls, der in Beuel vor knapp 200 Jahren hohe Wellen schlug.

Im Juli 1822 wurde der 26-jährige Moll verdächtigt, seine schwangere Stiefmutter und seinen Stiefbruder getötet zu haben. Moll saß zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Diebstahls hinter Gittern, und sein Haus wurde erfolglos nach Hinweisen durchsucht. Bei der Vernehmung gab er an, dass seine Stiefmutter aufgrund von Gerüchten, er habe sie geschwängert, freiwillig aus dem Hause ausgezogen sei, um seinen Ruf nicht zu schädigen.

Ein Jahr später fiel dann ein alter Kamerad Molls dessen Habgier zum Opfer: Der Schneider Heinrich Ochs aus Köln wollte auf Pützchens Markt Wolltuch für 60 Taler einkaufen, was der Schuster zum Anlass nahm, den alten Freund nach einem gemeinsamen Abendessen in seinem Haus auszurauben, umzubringen und unter dem Esstisch zu vergraben.

Bei der nun folgenden zweiten Durchsuchung wurde nicht nur die Leiche des Schneiders gefunden, sondern es kamen auch die sterblichen Überreste von Molls Stiefmutter und seines Stiefbruders zum Vorschein. Moll hatte sie im Garten vergraben. Diesmal war der Schneider geständig: Er hatte mit seiner Stiefmutter ein Verhältnis gehabt, und als sie von ihm schwanger wurde, erschlug er sie und später seinen Stiefbruder aus Scham. Moll wurde im November 1823 zum Tode verurteilt und starb im Mai 1824 unter der Guillotine.

„Das war sicherlich ein herausragendes Ereignis“, so Schloßmacher: „Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Beuel noch nicht sehr groß und solche aufsehenerregenden Verbrechen daher eher selten.“

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