150 Fahrten am Tag Ehrenamt in Beuel hilft Behinderten durch Fahrdienst

BEUEL/SANKT AUGUSTIN · Freiwillige sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeit des Vereins für Behindertensport. Sie transportieren 150 Menschen regelmäßig zur Arbeit oder zur Therapie. Auch Schüler können sich engagieren.

 Mögen den persönlichen Kontakt: Rebecca Behringer (r.) und Stephanie Franzen.

Mögen den persönlichen Kontakt: Rebecca Behringer (r.) und Stephanie Franzen.

Foto: Leif Kubik

Der weiße Bus hält direkt vor Rebecca Behringers Tür: Der Fahrer steigt aus und öffnet die hinteren Türen, während Stephanie Franzen dem Fahrgast im Rollstuhl nach hinten auf die schwenkbare Plattform hilft. Mit einem Hebeldruck wird sie sanft in Bewegung nach unten gesetzt und wenige Sekunden später kann Behringer in ihr barrierefreies Zuhause rollen. Die junge Frau muss regelmäßig von ihrer Wohnung in Sankt Augustin zur Arbeit in den Rhein-Sieg-Werkstätten nach Troisdorf pendeln.

Selbst fahren kommt für die junge Frau, die mit ihrem Rollstuhl auf Unterstützung angewiesen ist, genauso wenig in Frage wie Bus oder Bahn. „Ohne den Fahrdienst des Vereins für Behindertensport wäre ich aufgeschmissen“, so die 35-Jährige, die seit ihrer Geburt mit der Bewegungseinschränkung lebt. Und dank der ehrenamtlichen Unterstützung von Fahrbegleitern wie Franzen, wird das tägliche Pendeln noch ein wenig angenehmer: „Ich bin natürlich froh, dass sie mir beim ein- und aussteigen hilft. Oder wenn ich sonst mal Hilfe unterwegs brauche. Aber auch der persönliche Kontakt ist sehr schön“, so Behringer.

Beförderung mit 27 Fahrzeugen

Ob zur Werkstatt, in die Kita oder die Förderschule, für die Strecke zum Rehasport oder zur Tagespflege in einem Seniorenzentrum: Mit 27 Fahrzeugen befördert der Fahrdienst des Vereins für Behindertensport Tag für Tag rund 150 Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen zur Arbeit, zum Unterricht oder zur Therapie.

Jeden Morgen ab sechs Uhr geht es in der Beueler Hans-Böckler-Straße los: Von hier aus starten alle Fahrten durch das Stadtgebiet und auch die in die benachbarten Gemeinden wie Sankt Augustin. Schulkinder werden von 6 bis 9 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr gefahren, Mitarbeiter in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung zwischen 7 und 8.30 Uhr sowie 15 und 16.30 Uhr. „Am interessantesten sind die Gespräche“, erläutert Stephanie Franzen, die die Fahrten ehrenamtlich begleitet. Als sie gehört habe, dass dafür Leute gesucht werden, hat die Hausfrau und Mutter nicht lange gezögert. „Ich wollte mich ohnehin sozial engagieren und diese Tätigkeit ist wichtig“, findet die 41-Jährige.

„Rebecca gehört ja zu den Fahrgästen, die relativ wenig Unterstützung benötigen“, erzählt sie weiter. Das sei bei vielen stärker Beeinträchtigten ganz anders. Bei Gästen, deren Rollstuhl für die Fahrt ungeeignet sei, müsse sie auch schon mal mit einem Rutschbrett, das unter die Beine geschoben wird, für den Wechsel auf einen Spezialsitz im Bus sorgen. „Wichtig ist auch, den Fahrer zu entlasten, damit der sich voll und ganz auf den Straßenverkehr konzentrieren kann“, meint sie.

„Wir freuen uns über jeden, der etwas Zeit hat und uns unterstützen will“, so Martina Weiß-Bischof. Das könnten sowohl Schüler sein, aber auch Rentner, die sich nach ihrer Berufstätigkeit für ein paar Stunden sozial engagieren wollen, so die Vereinssprecherin. „Hauptsache, sie sind älter als 18 Jahre.“ Wichtig sei allerdings, dass die Helfer für längere Zeit mitarbeiten wollen: „Für unsere Fahrgäste ist es wichtig, dass sie konstante Bezugs- und Betreuungspersonen haben. Daher sind wir auf langfristige Unterstützung angewiesen“, erzählt Paul Marondel, der mit seinen Kollegen Jürgen Kindgen, Djbril Sylla und dem Azubi Petar Madunic die Fahrten koordiniert. „Wir verstehen sich nicht als reines Beförderungsunternehmen“, so Marondel weiter. „Wir sehen uns vielmehr als sozialer Dienstleister, der Mobilität und damit die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen möchte.“

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