„Mutti will nur Nicco“ Ein Blick auf die Geschichte der Schmirgelwerke in Beuel

Beuel · „Mutti will nur Nicco“ - mit diesem Slogan erlangten die Rheinischen Schmirgel Werke Beuel einst Weltruhm. Der wirtschaftliche Erfolg verblasste jedoch in den 1980er Jahren und die Produktion musste eingestellt werden.

 Die Rheinischen Schmirgel Werke an der Beueler Südstraße, der heutigen Königswinterer Straße, beschäftigten einst an die 500 Mitarbeiter.

Die Rheinischen Schmirgel Werke an der Beueler Südstraße, der heutigen Königswinterer Straße, beschäftigten einst an die 500 Mitarbeiter.

Foto: Rainer Schmidt

Preisfrage: Wer kennt noch die Südstraße? Und wer kennt überdies noch die Rheinischen Schmirgelwerke? Nun gut, die Südstraße wurde aufgrund eines Ratsbeschlusses von 1955 in Königswinterer Straße umbenannt. Südstraße hieß zuvor der Abschnitt zwischen Siegburger Straße bis zum Schwarzen Weg, sozusagen die Industriemeile in Beuel. Eines der großen Industrieunternehmen an der Südstraße waren die Rheinischen Schmirgelwerke, besser bekannt unter ihrem landläufigen Namen „Nicco“. Von dieser Firma stammte das Herdputzmittel „Puzzi“, das in den 1950er Jahren genauso bekannt war wie Persil. Jede Hausfrau, die einen Elektroherd hatte, kannte dieses Produkt oder benutzt es noch heute. „Mutti will nur Nicco“, hieß damals der Slogan.

Die Rheinischen Schmirgelwerke Wilhelm Jüges & Co., in denen 450 Arbeiter und Angestellte im Jahr 1955 tätig waren, haben sich trotz schwerster Kriegsschäden in dem Jahrzehnt des Wiederaufbaues ihre frühere Stellung in der Beueler Industrie zurückerobern können. Die beiden markantesten Warenzeichen des Werkes, „Nicco“ und „Herkules mit den Doppelmännern“, haben als Markenartikel dazu beigetragen, den Namen Beuel in aller Welt bekanntzumachen.

Im Oktober 1948 lief die Produktion des „Nicco“-Herdputzes, die acht Jahre lang ruhen musste, wieder an. Wenige Jahre später brachte das Werk ein selbsttätig wirkendes Herdputzmittel unter dem Namen „Nicco-Rapid“ auf den Markt. Die chemische Fertigung wurde um „Evidur-elastische Wäschesteife“ und „Nicolo-Hartwachs“ erweitert, beides Markenartikel, die sich schnell durchsetzen konnten. Wessen Hemd ist in den 1950er und 1960er Jahren nicht mit so einer Hemdensteife gewaschen worden? Bedeutenden Aufschwung nahm auch die Schmirgelfabrik, die sich, der steigenden Nachfrage anpassend, der Herstellung von verschiedenen Schleifmitteln zuwandte.

Puzzi Herdputz

Schleifwerkzeuge in Bändern, Rollen und Scheiben sicherten sich unter den Gütezeichen „Herkules“, „Korallit“, „Metavit“, „Corabin“, und „Coradur“ Eingang in die Möbel- und Sperrholzindustrie, in die Maschinen- und Automobilindustrie und in die Werften. Eigene Niederlassungen und Depots im Ausland wurden für den Export eingerichtet. „Um dem durch die technischen Anforderungen der chemischen und physikalischen Entwicklung wachsenden Bedarf genügen zu können, ist das Werk zurzeit gezwungen, seine Kapazität auszuweiten“, heißt es bereits 1955.

„In der Küche im Fachwerkhaus haben wir in einer Vitrine einige Puzzi-Tuben stehen. Ich erinnere mich gut an meine Studentenzeit in den 1980ern mit einem uralten Herd. Da wurden die Platten oft mit Puzzi Herdputz aufgehübscht“, schmunzelt Petra Clemens, Geschäftsführerin des HGV Beuel.

„Puzzi“ gibt es auch heute noch. Doch das Werk in Beuel, in dem es einst erfunden wurde, gibt es schon lange nicht mehr. Es wurde in den 1980er Jahren, nachdem es zu 100 Prozent dem Flick-Konzern gehörte, aus dem Handelsregister der Stadt Bonn gelöscht.

Mindestens zwei Firmen haben jedoch die Namens- und Markenrechte der Produkte von der Firma rheinischen Schmirgelwerke erworben.

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