Züchten im Vordergrund Erfolgreicher Kaninchenzüchterverein Dollendorf-Oberkassel

Oberkassel/Dollendorf · Der Kaninchenzüchterverein R 415 ist mit seinen Tieren erfolgreich. Die Haltung der Kaninchen ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Der „liebe Jung“ liebt Petersilie – Bert Lummerzheim allerdings auch. Wenn das Kaninchen ihm im Garten zuvorkommt, „dann war da mal Petersilie", sagt er. Ansonsten macht der „liebe Jung“ seinem Namen alle Ehre. Nur wenigen Tieren gibt der Züchter Namen. Die Kaninchenfamilie ist dafür viel zu groß. Und nicht jedes ist ein Menschenfreund und handzahm. „Sie können eine Beziehung entwickeln, wenn die Chemie stimmt“, weiß Lummerzheim aus langjähriger Erfahrung. Mehrmals am Tag geht der Rentner zu den Ställen und spricht mit den Tieren. Einige bekommen eine Streicheleinheit. Der „liebe Jung“, seines Zeichens ein mehrfach prämierter Meißner Widder, schmiegt sich in seinen Arm.

Sollten Kinder jetzt auf die Idee kommen, sich zum Geburtstag ein niedliches Kaninchen zu wünschen, dann muss Bert Lummerzheim den Zeigefinger erheben. „Erst wenn sie mindestens zehn Jahre alt sind, macht das überhaupt Sinn. Tiere sind kein Spielzeug.“ Tag für Tag müssen die Kinder die Tiere füttern und regelmäßig den Stall saubermachen. „Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe.“ Außerdem müssen Kaninchen Auslauf haben. „Balkon geht gar nicht.“ So komme es, dass viele Kinder von ihm ohne Kaninchen nach Hause geschickt würden.

Für Lummerzheim und seine 18 Vereinskollegen im R 415 Dollendorf-Oberkassel steht das Züchten im Vordergrund. Lohn ihres Einsatzes sind die vielen errungenen Preise für den schönsten Rammler oder die schönste Kaninchendame. Was schön ist, bestimmen Reglement und vier Preisrichter. Sie begutachten Fell, Farbe, Figur und vergeben Punkte. Zuvor werden die Auserwählten für die Schau vorbereitet: Krallen schneiden, Zähne putzen, Fell bürsten.

Drei Europameister kamen 2015 aus dem Verein. 2016 wurden drei Züchter Landesmeister. Bei der Vereinsschau 2017 wurden die wildfarbenen Wiener des Ersten Vorsitzenden Siegfried Schwabe zum Vereinsmeister gekürt. Den zweiten Platz belegte Kassiererin Simone Schiffmann mit ihrem Quartett imposanter Deutscher Widder. Dritter wurde Bert Lummerzheim mit der kleinsten Rasse, mit weißen Zwergwiddern mit roten Augen. Bei den Kreismeisterschaften holte der Dollendorf-Oberkasseler Verein bereits zum dritten Mal den Titel vor Hennef und Duisdorf.

Wie die meisten anderen, ist Lummerzheim bereits seit jungen Jahren im Kaninchenzüchterverein. Auch seine Frau war prämierte Züchterin, bis eine Allergie sie zum Aufhören zwang. Die Leidenschaft für den Stall voller Karnickel – sie werfen bekanntlich drei bis viermal im Jahr – und Züchterstolz sind der Antrieb. Doch Lummerzheim hat noch einen weiteres Argument. „Das Wir-Gefühl hat im Verein einen hohen Stellenwert.“ Die Mitglieder treffen sich so oft es geht zum Fachsimpeln. Auch jüngere kommen dazu. Daher ist es ihm nicht bange um die Zukunft.

Kommendes Jahr wird R 415 – der Name setzt sich zusammen aus der Abkürzung für Rheinland und einer Nummer für die Sektion – 110 Jahre alt. Sein Gründer, der Oberkasseler Matthias Blankenburg, hatte 50 Jahre den Vorsitz inne. Während des Zweiten Weltkriegs gingen die Vereinsunterlagen allerdings verloren.

Die Dokumentation setzt erst 1946 wieder ein. In der Nachkriegszeit ging es bei der Zucht in erster Linie um Fleisch und Pelz. Vereinsmitglieder wissen zu berichten, dass die Tiere wegen der Holzknappheit statt in einem Stall in großen Gefäßen wie Benzinfässern gehalten wurden. Erst Mitte der 50er Jahre begann die Zucht von Ausstellungstieren wieder. R 415 machte erstmals 1960 bei der Bundesschau in Essen und der Europaschau im Hamm wieder von sich reden. Seit 1971 ist Siegfried Schwabe Vorsitzender.

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