Boschüre der Initiative gegen Fremdenhass aus Bonn-Beuel „Es ist so unvorstellbar grausam“

Beuel · Die Beueler Initiative gegen Fremdenhass hat eine Neuauflage der Broschüre „Wider das Vergessen“ herausgegeben. Die Mitglieder recherchieren Einzelschicksale und geben so Beueler Opfern der NS-Zeit ein Gesicht.

 Minea Süss von Bücher Bartz, Susanne Rohde von der Initiative gegen Fremdenhass und Bezirksbürgermeisterin Lara Mohn (v.l.) bei der Vorstellung der Broschüre.

Minea Süss von Bücher Bartz, Susanne Rohde von der Initiative gegen Fremdenhass und Bezirksbürgermeisterin Lara Mohn (v.l.) bei der Vorstellung der Broschüre.

Foto: Benjamin Westhoff

Das Schicksal von Hannah und Lotte Klein berührt Susanne Rohde und ihre Mitstreiterinnen von der Beueler Initiative gegen Fremdenhass ganz besonders. „Es ist so unvorstellbar grausam, so menschenverachtend“, sagt Rohde und betrachtet das Bild von Liselotte Klein, einer jungen Frau von Anfang 20. Daher ist es ihr so wichtig, dass die Geschichte von Hannah und Lotte Klein in der Neuauflage der Broschüre „Wider das Vergessen“ dokumentiert wurde.

Bisher wusste man nicht viel über das Schicksal der Tochter des Beueler Prokuristen Walter Klein, der für eine Möbelfabrik arbeitete. „Nur die Daten aus den Melderegistern waren bekannt“, erzählt Rohde. Nun gibt es jedoch eine Geschichte über das Leid und das grausame Schicksal der kompletten Familie: Nicht nur Walter Klein wurde im KZ ermordet, sondern auch seine Tochter Lotte überlebte die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten nicht. In den Armen ihrer Mutter erfror die junge Frau vollkommen entkräftet am 5. Februar 1945. „Möglicherweise kurz nach ihrer Befreiung, als die entkräfteten KZ-Überlebenden sich zu Fuß auf den Weg nach Theresienstadt machten“, so Rohde.

Die Neuauflage der Broschüre „Wider das Vergessen – Erinnerungsorte in Beuel“ liegen bei Bücher Bartz aus. „Es ist uns wichtig, dass wir die Opfer und vor allem ihre Schicksale aufzeigen. Schicksale, die sich vor unserer Haustür abgespielt haben“, sagt die Initiatorin.

Bei ihrer Spurensuche ist die Initiative immer wieder auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. „Manchmal wird auf einem Dachboden eine Kiste mit alten Fotos gefunden, die uns dann zur Verfügung gestellt wird. Damit beginnt meist unsere Recherche“, sagt Rohde.

Ein Kinderfoto von Ruth Herz und ihrem Bruder Rafael, ein Familienbild aus dem Garten oder ein Schnappschuss des 1. Schuljahrs 1932 der Volksschule Beuel – mit vielen persönlichen Dokumenten gibt das Team der Beueler Initiative den Opfern ein Gesicht. Diesmal wurde zudem ein Augenmerk auf das Schicksal von Zwangsarbeitern sowie den Angehörigen des politischen Widerstands gelegt.

Dem Beueler Hermann Kron ist ein weiteres Kapitel gewidmet. Der städtische Bedienstete (geboren 1894) wohnte in der Rheindorfer Straße. Er wurde als Homosexueller verfolgt, inhaftiert und schließlich im Februar 1944 in Majdanek ermordet.

Wie wichtig solche Erinnerungen sind, betonte Bezirksbürgermeisterin Lara Mohn bei der Vorstellung des Hefts. „Die Erfahrung zeigt, dass Rassismus und Antisemitismus noch lange nicht überwunden sind. Daher ist es wichtig, dass diese Broschüre ein Stück Lokalgeschichte enthält, die bitter ist und nicht vergessen werden darf“, sagte sie. Erneut übernahm der Stadtbezirk daher die Druckkosten.

„Wir wollen die Vergangenheit nicht ruhen lassen“

„Wenn wir uns an die Vergangenheit erinnern, geht es uns um die Gegenwart und damit auch um die Zukunft“, stellt Susanne Rohde fest. „Wir wollen die Vergangenheit nicht ruhen lassen, sondern orientieren uns an dem Leitmotiv von Elie Wiesel: Erinnere dich und halte das Gedenken lebendig. Das ist heute nach wie vor dringend nötig“, so Rohde.

Hannah Klein kehrte im Mai 1945 nach Beuel in die frühere Wohnung der Familie in der Gartenstraße zurück. Physisch und psychisch durch den Verlust von Mann und Tochter und nach den Jahren im KZ schwer angeschlagen, lebte sie zurückgezogen und in bescheidenen Verhältnissen. Hannah Klein starb 1979 und wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Römerstraße begraben.

Das Team der Beueler Initiative wird weiter daran arbeiten, das Schicksal der Verfolgten und Ermordeten aus dem Stadtbezirk zu dokumentieren. Daher sind die Mitglieder dankbar, wenn ihnen alte Fotos oder Dokumente zur Verfügung (per Mail an surohde@gmail.com) gestellt werden.

Die Neuauflage der Broschüre der Beueler Initiative gegen Fremdenhass „Wider das Vergessen – Erinnerungsorte in Beuel“ ist kostenlos bei Bücher Bartz, Gottfried-Claren Straße 3, erhältlich.

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