Flüchtlingshilfe „Es tut einfach gut, darüber zu reden“

Küdinghoven · Viele Bonner haben seit Beginn des Ukraine-Krieges geflüchtete Menschen bei sich aufgenommen. Sie müssen dabei ganz unterschiedlich Herausforderungen meistern. Bei Netzwerktreffen versuchen sie, voneinander zu lernen.

Psychotherapeutin Claudia Groneick (Mitte) gibt Inna Naumenko  und Wolfgang Dorlöchter Tipps für ihr Engagement.

Psychotherapeutin Claudia Groneick (Mitte) gibt Inna Naumenko und Wolfgang Dorlöchter Tipps für ihr Engagement.

Foto: Sebastian Flick

Zum dritten Mal haben sich Gastgebende geflüchteter Menschen aus der Ukraine zum gemeinsamen Austausch im Garten des Pfarrheims St. Gallus getroffen. Die Flüchtlingshilfe „Zwischen Rhein und Ennert“ hatte zu dem Abend eingeladen, mit dem Ziel, den Gastgebern die Möglichkeit zu bieten, von ihren Erfahrungen zu berichten und sich gegenseitige Unterstützung zu holen. Die Hilfsbereitschaft der Bonner ist enorm, viele Personen haben seit Beginn des Ukraine-Krieges geflüchtete Menschen bei sich aufgenommen.

Sprachbarrieren sind erste Herausforderung

Psychotherapeutin Claudia Groneick von der Flüchtlingshilfe hörte ihnen sehr aufmerksam zu, als sie von ihrem neuen Alltag berichteten. „Es tut einfach gut, darüber zu reden“, stellte Wolfgang Dorlöchter fest. Vor knapp einem halben Jahr hatte er ein älteres Ehepaar aus dem ukrainischen Odessa bei sich zu Hause aufgenommen. „Beide sind sehr selbstständig und zeigen viel Eigeninitiative“, berichtet er. Die Sprachbarrieren waren jedoch eine Herausforderung, denn beide sprachen kein Wort Deutsch, als sie nach Bonn kamen. Gezögert hatte Dorlöchter nicht, als es um die Frage der Beherbergung ging. „Ich habe mich gefragt, was wäre, wenn es andersherum wäre? Wenn wir aus unserem Land flüchten müssten?“, blickt er im Gesprächskreis zurück.

Der Besuch eines Benefizkonzertes im Bonner Münster hatte ihn damals inspiriert, geflüchtete Menschen bei sich aufzunehmen: „Bei dem Konzert hatte man uns noch einmal Mut gemacht, den Schritt zu gehen“, sagte Dorlöchter.

Zum Beratungsabend im Pfarrheim St. Gallus war auch Inna Naumenko gekommen. Die gebürtige Ukrainerin hatte vor einem halben Jahr ihre aus dem Kriegsgebiet geflüchtete Familie nach Bonn geholt. „Meine Mutter sowie meine Schwester mit ihrem Mann und den zwei Kindern wohnen seitdem alle bei mir“, berichtet Naumenko. Darüber hinaus hatte sie auch eine ebenfalls geflüchtete Freundin bei sich aufgenommen. Seitdem ist bei ihr zu Hause jeden Tag viel los. „Für meine Freundin haben wir jetzt eine Familie gefunden, die sie aufgenommen hat“, sagt Naumenko.

Der berufstätigen jungen Frau ist es ein großes Anliegen, ihrer Familie beim Ankommen in Deutschland so gut es geht zu helfen, doch merkt sie dabei oft, dass sie an ihre Grenzen stößt: „Ich habe mich in den vergangenen Monaten oft schwach gefühlt. Ich wusste, ich muss helfen, aber es gab so wenig, was ich machen konnte“, sagt sie.

Die größte Herausforderung ist die Unterstützung bei allen bürokratischen Angelegenheiten: „Hier gibt es so viele Hürden zu überwinden, mit denen auch ich mich nicht auskenne“, berichtet Naumenko. Schwierig sei es auch, ihren Familienmitgliedern bei der Suche nach dem passenden Job zu helfen. Zu Hause verspürt sie stets die Verantwortung, ihrer Familie helfen zu müssen.

Nächster Austausch Ende September

„Die größte Herausforderung für mich ist es, Zeit zu finden, um für mich selbst da zu sein“, sagt Naumenko. Während sie erzählt, merkt Naumenko, wie gut es ihr tut, über ihre Situation zu reden. „Es ist schön, dass es dieses Angebot des Austauschs gibt“, sagt sie.

Der nächste Austausch findet am Freitag, 23. September ab 18 Uhr im Pfarrheim St. Gallus, Gallusstraße 11-13 in Küdinghoven statt. Ob der Austausch weiterhin regelmäßig angeboten wird, hängt vom Bedarf ab.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Hilfe beim Neuanfang nach der Flucht
Enorme Herausforderungen für Ukrainer in Bonn Hilfe beim Neuanfang nach der Flucht
Aus dem Ressort