Tipps für Hobby-Gärtner So gelingt eine reiche Apfelernte

Holzlar · Obstbäume können dem Gartenbesitzer schnell über den Kopf wachsen, während der Ertrag zurückgeht. Der Beueler Hobby-Pomologe Bastian Broer gibt Tipps zum richtigen Schnitt.

 Es ist gar nicht schwer, aber man muss wissen, wie der richtige Schnitt sitzt, damit der Baum viele Früchte trägt. Bastian Broer macht es vor.

Es ist gar nicht schwer, aber man muss wissen, wie der richtige Schnitt sitzt, damit der Baum viele Früchte trägt. Bastian Broer macht es vor.

Foto: Sebastian Flick

Schnipp, schnapp. Und gleich wieder: schnipp, schnapp. Radikal, aber mit einem scharfen Blick fürs Detail geht Bastian Broer ans Werk. Gerade hat er einen weiteren Ast abgeschnitten. Broer steht vor dem großen Apfelbaum an der Holzlarer Mühle, ausgestattet mit einer Leiter und allerhand Werkzeug wie Bypass-Schere und einer Teleskopsäge. Rund zwei Dutzend Kursteilnehmer verfolgen die Arbeit des Fachmanns beim Obstbaumschnitt – und sind überrascht: Den einen oder anderen Ast hätten sie niemals abgeschnitten. Aber Broer hatte auf den ersten Blick erkannt, dass der große Obstbaum am Mühlenweg einer gründlichen Pflege bedarf: „Erst wenn der Grundriss steht, reicht ein Schnitt pro Jahr“, erklärt er.

Ist der Baum bereits zu hoch gewachsen, hat man ihn jahrelang falsch gepflegt. Mit dem richtigen Schnitt will Broer das Wachstum in die Breite lenken, so dass der Baum mehr Sonnenenergie empfangen kann. „Alles, was nach oben wächst, werden wir rausholen“, kündigt er daher an. Weniger starkes Wachstum führt bei der Ernte zu einer größeren Zahl an Äpfeln. Alle Knospen, die senkrecht nach oben sprießen, werden bei der Baumpflege abgeschnitten, sie tragen ohnehin keine Früchte. „Wenn der Baum nach oben wächst, ist das kein Fruchttrieb, sondern ein Holztrieb“, erklärt Broer.

Große, gesunde Äpfel

Außerdem kommt es darauf an, mit dem richtigen Schnitt dafür zu sorgen, dass sich keine Äste kreuzen. Mit seiner Teleskopsäge kommt Broer an jeden Ast heran – ganz ohne Leiter. Alles, was sich berührt, wird weggeschnitten, da es die Rinde zerstört. Der Schnitt führt dazu, dass der Apfelbaum in die richtige Richtung wächst und die Früchte mehr Sonnenstrahlen abbekommen. Licht und Luft sind Lebenselixiere für Bäume. Insofern hat der Obstbaum am Mühlenweg einen idealen Platz. „Für die Ernte bedeutet der sonnige Standort, dass man weniger, aber dafür sehr große und gesündere Äpfel mit einer schönen runden Form bekommt“, erklärt Broer.

Wichtig sei auch, so Broer, ein ausgeglichenes Maß an Fruchtwachstum und Baumwachstum. „Mit zu vielen Äpfeln behangen bricht der Ast. Ist die Zahl der Früchte sehr gering, dann wächst der Baum zu schnell“, erklärt der Experte. Daher kommt es auch stets auf den Schnitt an, ob ein Baum gesund bleibt. Für Obstbäume in Privatgärten empfiehlt Broer die Oeschberg-Palmer-Methode, benannt nach Helmut Palmer. Der Vater des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer hat das Wachstum von Obstbäumen über einen längeren Zeitraum am Oeschberg in der Schweiz analysiert und aufgezeigt, dass weniger Äste und eine große Lichtzufuhr zu einer höheren Qualität der Äpfel beitragen.

Lichtreicher Standort

Daher ist es beim Schnitt stets wichtig, darauf zu achten, aus welcher Richtung die Sonne auf den Baum strahlt. Ein lichtreicher Standort trägt auch dazu bei, dass der Apfelbaum nach dem Regen schnell abtrocknet, was die Pilzgefahr minimiert. Beim Gießen empfiehlt Broer, dies nicht nur direkt am Stamm, sondern in weitem Umkreis zu tun, denn die Wurzeln verlaufen im Boden so weit wie sich die Äste ausdehnen.

Etwa fünf bis sechs Schnitte werden wahrscheinlich benötigt, bis der Apfelbaum an der Holzlarer Mühle die Kriterien der Öschberg-Palmer-Methode erfüllt, schätzt Broer. Nachhaltiges Arbeiten ist gefragt: „Was wir heute schneiden, wirkt sich in zwei Jahren richtig aus“, sagt der Experte und hat einen guten Rat: „Achten Sie für die Baumpflege auf gutes Werkzeug und investieren Sie lieber etwas mehr Geld in die Scheren.“ So empfiehlt er eine Bypass-Schere mit einer oberen und einer unteren Klinge. Die sind rund, sodass die Zweige und Äste nicht so leicht wegrutschen können.

Hochwertiges Werkzeug

Freilich sei die Baumpflege auch mit einer preiswerten Schere möglich, allerdings sollte man sich dann darauf einstellen, dass sie nach ein bis zwei Jahren nicht mehr zu gebrauchen sei. „Im ersten Jahr schneidet sie noch wunderbar, im zweiten Jahr vielleicht noch ok, aber im dritten Jahr ist sie nicht mehr nutzbar.“ Was das Werkzeug angeht, hat Broer eine ganz klare Devise: „Laien brauchen bestes Werkzeug. Mit schlichtem Gerät ein gutes Ergebnis hinbekommen, schaffen nur die Profis“. Broer zeigt die Spitze einer Säge mit zwei Zahnungen vorne: „Zwei Zahnungen an einer Säge sind genial“, sagt der Experte. Und noch einen Tipp: „Bei der Baumpflege auf Mumien achtgeben.“ Unter Baummumien versteht man Früchte vom Vorjahr, die nicht abgefallen sind, sich aber ewig halten und die Gefahr von Pilzen stärken. „Die Entfernung aller Mumien ist bei Bäumen die beste Vorsorge gegen Krankheiten“, betont Broer.

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