"Gott mag die Ausländer" Fachleute diskutierten in der Beueler Versöhnungskirche

BEUEL · Von welch trauriger Aktualität die Podiumsdiskussion am Montagabend sein würde, hatte die Evangelische Kirchengemeinde Beuel bei der Terminierung nicht absehen können. Sowohl das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa wie auch die Diskussion um den Sprecher des Bonner Muslimrats machten das Thema Integration noch einmal greifbarer.

Auf dem Podium (v.l.): Udo Rüterswörden, Coletta Manemann, Geert Müller-Gerbes, Marion Spiekermann und Zouber Yousiph.

Auf dem Podium (v.l.): Udo Rüterswörden, Coletta Manemann, Geert Müller-Gerbes, Marion Spiekermann und Zouber Yousiph.

Foto: Max Malsch

Unter dem Motto "Gott mag die Ausländer. Biblische Herausforderungen zum Umgang mit dem Fremden" diskutierten in der Versöhnungskirche Professor Udo Rüterswörden von der Uni Bonn, die städtische Integrationsbeauftragte Coletta Manemann, Marion Spiekermann von der Flüchtlingsberatung der Siegburger Diakonie und Künstler Zouber Yousiph aus Syrien.

Wie er denn die Diskussion um sein Heimatland erlebe, wollte Moderator Geert Müller-Gerbes von Yousiph wissen. Als Künstler sei er sicher offener für alle Kulturen als die meisten seiner syrischen Landsleute vor Ort. "Aber das Problem ist, dass die Weltgemeinschaft 50 Jahre lang einfach abgewartet hat", sagte der Künstler, der seit 13 Jahren in Siegburg lebt. Die jetzt vermehrt einsetzenden Wanderungen hält er für keine Lösung: "Ich hoffe, dass sich die Teilnehmer des Konflikts irgendwann zusammensetzen." Müller-Gerbes äußerte leise Zweifel.

Anschließend erzählte Flüchtlingsberaterin Spiekermann von ihrer Arbeit, beschrieb, dass man den Verlust der Heimat und damit den Bruch nicht auffangen könne. "Aber wir können kleine Hilfen geben, um hier ein neues Leben aufzubauen, in dem wir sie zum Beispiel in Gemeinden einbinden", meinte die Fachfrau.

Dabei sei es wenig hilfreich, wenn zum Beispiel ein Mann aus Bangladesh alleine nach Windeck-Leuscheid gesetzt werde, obwohl es andernorts Landsleute von ihm gebe. Die Frage des Moderators, ob sie manchmal an den Gesetzen verzweifle, bejahte sie. Eher positiv gestimmt zeigte sich - trotz neuer salafistischer Tendenzen in Bonn - Integrationsbeauftragte Manemann. 30 Prozent aller städtischen Azubis hätten heute einen Migrationshintergrund.

"Auch der öffentliche Dienst soll bunt und heterogen werden", forderte sie. Viele Bonner hätten ihr außerdem Hilfsbereitschaft signalisiert, was die zugeteilten syrischen Flüchtlinge angehe. "Trotzdem erhalte ich auch Drohungen wegen meiner Arbeit", sagte Manemann.

Dem evangelischen Alttestamentler Rüterswörden oblag es, den Bogen wieder zurück zur Bibel zu schlagen. "Die Bibel kennt gar keine Ausländer", sagte er zur Überraschung der 25 Zuhörer. Dort bezeichne der Begriff eine Person mit niedrigem sozialen Status, die keinen Landbesitz hat. Man habe sich um sie gekümmert, vor allem um Witwen und Waisen. "Innerhalb des Systems vertritt Gott ihre Sache", sagte Rüterswörden.

Dem von Moderator Müller-Gerbes in der Bibel mehrfach hinterfragten Trostgedanken wollte er aber nicht folgen. Stattdessen meinte Rüterswörden bezogen auf Flüchtlingskonflikte wie in Lampedusa und Syrien: "Ich würde für Zuversicht plädieren, auch wenn der Weg zu einer besseren Zukunft blutig sein kann."

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