Lebensraum der Mauereidechse Frühjahrsputz am Bahndamm

OBERKASSEL · Direkt am Parkplatz "Magdalenenkreuz" stutzt Leon Rosenberger Efeu und Brombeeren, ein paar Meter weiter sammelt Yvonne Kaspar Müll zwischen den Sträuchern auf, und hinter der Kinkelschule sorgt David Wieser mit einer lärmenden Motorsense dafür, dass die Vegetation am Fuß der Mauer im Zaum bleibt.

 Helfer der Biologischen Station befreien die Mauern und der Bereich davor vom Grün.

Helfer der Biologischen Station befreien die Mauern und der Bereich davor vom Grün.

Foto: Max Malsch

Die Trockenmauern hinter dem Oberkasseler Bahndamm sind ein wichtiges Habitat für die einheimischen Mauereidechsen, die in Bonn ihre nördlichste Verbreitungsgrenze haben.

"Ein- bis zweimal im Jahr machen wir uns unter dem Motto 'Naturschutz aktiv' mit freiwilligen Helfern daran, die Mauern freizuschneiden", erklärt die Biologin und stellvertretende Leiterin der Biologischen Station Bonn, Monika Hachtel: "Die Mauereidechse mag es sonnig und warm, und wenn die alten Schutzmauern hier zuwuchern würden, ginge ein wichtiger Lebensraum für die Tiere verloren." Die Arbeiten sind unter anderem auch deshalb notwendig, weil durch den erhöhten Stickstoffeintrag, der aus Luft und dem Kot der vielen Hunde kommt, die Vegetation schneller wächst.

Hauptsächlich dem Efeu, den Brombeeren und Waldreben rücken die Helfer mit ihren Scheren zu Leibe. Mauereidechsen sind braun oder grau gefärbt und bis zu 22 Zentimeter lang; als einzige heimische Eidechse kann man sie bei Sonnenschein sogar im Winter beobachten.

Gesehen hat die flinken Tierchen heute allerdings noch keiner der Helfer: "Das ist aber weniger dem Lärm geschuldet", lacht Wieser, während er den Freischneider ausschaltet und langsam die "Mickymäuse" von den Ohren zieht: "Heute hat sich die Sonne einfach noch nicht blicken lassen, und die Echsen bleiben dann lieber in den warmen Höhlen zwischen den Steinen." Um die 50 Tiere hat das Team um Hachtel beim letzten Mal auf der zirka 500 Meter langen Mauerstrecke gezählt.

"In diesen Tagen beginnt die Paarungszeit", erläutert Wieser. "Die Eier werden dann am Fuß der Mauern in kleine Vertiefungen und Hohlräume gelegt und brauchen viel Wärme, um zu reifen. Eidechsen brüten ja nicht wie Vögel, sondern überlassen das Gelege sich selbst", weiß er.

Daher ist es wichtig, den Bereich vor den Mauern frei von größerer Vegetation zu halten. Die Motorsense ist ideal für diese Arbeiten: "Einzelne Pflanzengruppen, die gerade blühen - wie diese Taubnesseln hier - kann ich dann problemlos aussparen." Die Jungtiere schlüpfen zwischen Mitte Juli und Mitte August: "Das kann von Jahr zu Jahr variieren - je nach Wetterlage", erklärt der 20-Jährige.

Außer Wieser, der noch bis August ein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei der Station macht, haben sich noch fünf weitere Freiwillige an den Arbeiten in Oberkassel beteiligt: Von einem pensionierten Biolehrer über Angestellte bis zum Schüler reicht das Spektrum; allen gemeinsam ist jedoch das Interesse an der Erhaltung eines kleinen Stückchens Natur.

"Schlimm, wie viel Müll hier am Bahndamm rumliegt", bedauert auch Kaspar, die regelmäßig für die Station aktiv ist. Da liegt es nahe, die nächste Aktivität im Rahmen der Aktion Bonn-Picobello zu machen: Am Samstag, 26. September, ab zehn Uhr sorgt das Team der Biostation dafür, dass die frisch geschlüpften Eidechsen und ihre Eltern möglichst lange die Herbstsonne genießen können.

Heimische Echsenarten

Die Mauereidechse ist eine von insgesamt sechs einheimischen Eidechsenarten: Neben der Smaragdeidechse, die ihre nördliche Verbreitungsgrenze bereits südlich von Koblenz erreicht hat, kommen noch Zaun- und Waldeidechsen in ganz Deutschland vor. Die kroatische Gebirgseidechse ist in Deutschland nur ganz kleinräumig im Karwendelgebirge heimisch.

Dazu kommt noch die Blindschleiche, bei der es sich nicht, wie vielfach angenommen, um eine Schlange handelt, sondern um eine Eidechsenverwandte ohne Beine. Alle genannten Arten stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

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