Schallplattenbörse im Brückenforum Fundgrube für die Vinyl-Generation in Beuel

BEUEL · Viele Menschen füllten das Brückenforum, und doch war es erstaunlich still. Überall vernahm man das rhythmische Rascheln, das entsteht, wenn Dutzende Personen sich durch Mengen von Vinyl-Schallplattenhüllen wühlen, die regelmäßig auf der Börse in Bonn ausgestellt werden. Links und rechts standen sie in den Gängen, die Jäger und Sammler, und machten einem das Durchkommen schwer.

 Wer sucht, der findet: Hunderte durchwühlen im Brückenforum die Kisten mit den fast schon historischen Schallplatten.

Wer sucht, der findet: Hunderte durchwühlen im Brückenforum die Kisten mit den fast schon historischen Schallplatten.

Foto: Max Malsch

Die Besucher der Schallplattenbörse waren überwiegend männlich und schon älter - die Generation, die mit Vinyl aufgewachsen ist. Umso mehr fielen Tomke und Brynia Becker aus Euskirchen auf, die mit Freundin Sarah Nolting ins Brückenforum gekommen waren: Die drei jungen Frauen passten so gar nicht ins Klischee.

Tomke, 20 Jahre alt, war bereits fündig geworden: Beatles, Phil Collins, Abba. "Mein Vater ist in dieser Generation aufgewachsen", sagte sie. Mit ihm habe sie viel Musik gehört und darüber auch eine Leidenschaft für Schallplatten entwickelt. "Zu Weihnachten habe ich einen Plattenspieler geschenkt bekommen. Jetzt muss ich mich ausrüsten." Das Auflegen, das Knacken, Kratzen und Rauschen: Da spiele die Nostalgie eine große Rolle, meinte die zwei Jahre ältere Schwester.

"Der Sound ist einfach zehnmal besser als der von der CD", meinte Tomke. Das konnte jeder dort bestätigen. Teils wurde gar vehement gegen die Compact Disc und ihre Hersteller gewettert. "Das ist eine Veräppelung von der Industrie", meinte Aussteller Houman Ghadimi. "Das Digitale ist nur eine komprimierte Version des Analogen." Und die CD sei kein Medium für die Ewigkeit, anders als die Schallplatte, so der Inhaber von Tagita Records.

Er hatte gut zu tun und einige Schätze im Angebot: Das Steamhammer-Album "Mountains" kostete bei ihm 75 Euro, die Platte "Juicy Lucy" sogar 200 Euro. Und Scheiben wie "Lady Lake" von der Band Gnidrolog waren mit ihren 450 Euro zwar die teuersten an seinem Stand, aber noch lange nicht in seiner Sammlung. Zu seinen Schätzen gehöre eine Pink-Floyd-Erstpressung, die von allen Bandmitgliedern unterschrieben wurde - sie hätten selten Autogramme gegeben, so Ghadimi. Sie habe einen vierstelligen Wert.

Auch CDs wurden verkauft, danach suchten Matthias Sacher und Vera Larisch. Allerdings sollten es schon die älteren sein. "Neuere Sachen findet man ja noch in den Geschäften." Für Sammler Rainer Amft aus Hennef kam nur Vinyl in Frage. Für ihn genauso wichtig wie der Sound sei das große Schallplatten-Cover in der Hand, bei dem man auch merkte, dass da Arbeit drin steckte - anders als etwa bei herunterladbaren MP3-Dateien.

"Und es gehört ein technisches Verständnis dazu." Das Reinigen der Platten, das regelmäßige Auswechseln der Nadel, die richtige Einstellung für den Plattenarm und dergleichen mehr. Er komme regelmäßig zur Börse, sagte Amft. "Es ist eine gewisse Sucht, ein Jagdinstinkt." Das erkläre auch, warum überwiegend Männer die Börse besuchen, sagte Sascha Dick von der veranstaltenden Agentur. Diese Sammelleidenschaft habe in den letzten Jahren wieder mehr Menschen gepackt, nachdem man in den 90ern schon damit gerechnet habe, dass die Schallplatte bald Geschichte sei.

"Vinyl ist wieder im Kommen." Das zeige sich auch an den Besucherzahlen, die wieder leicht zunähmen. Er selber sei zwar kein Sammler, schätze aber die Schallplatte mehr als die CD. "Die Platte in der Hand zu halten ist ein anderes Gefühl."

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