Aus für zwei Traditionsvereine Gartenfreunde Bonn/Rhein-Sieg und der Kunstraum 720 werden aufgelöst

OBERKASSEL · Der legendäre Gemüseball, das jährliche Erntefest und das Maiansingen waren einmal feste Eckpunkte im Veranstaltungskalender in Oberkassel. Eng verbunden sind sie mit dem Obst- und Gartenverein Oberkassel, der 1928 gegründet wurde.

 Abschied vom Kunstraum 720: Die Vereinsräume im Alten Rathaus kann Peter Glimm nicht mehr finanzieren. Auch sein zweiter Verein, die Gartenfreunde, werden aufgelöst.

Abschied vom Kunstraum 720: Die Vereinsräume im Alten Rathaus kann Peter Glimm nicht mehr finanzieren. Auch sein zweiter Verein, die Gartenfreunde, werden aufgelöst.

Foto: Anke Vehmeier

Nach 86 Jahren hört er Ende des Jahres auf zu existieren. Der Vorsitzende, Gerhard P. J. Glimm, hatte den Verein 33 Jahre als Vorsitzender geführt.

"In seiner besten Zeit hatte der Verein 700 Mitglieder, vor 25 Jahren waren es noch rund 500 und heute sind es noch zwei", sagt Glimm, dem es sichtlich schwerfällt, die Akten des Vereins zu schließen und die Tür zum Archiv- und Gesellschaftsraum mit Fachbücherei endgültig zuzumachen.

"Der Verein war damals aus der Not der Wirtschaftskrise entstanden. Fast alle Oberkasseler hatten einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Da kam die Idee auf, einen Verein zu gründen, bei dem Saatgut und Beratung zu bekommen waren", sagt Glimm.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Verein verboten und nach dem Krieg wieder neu gegründet, "eher in der Funktion eines Gesellschaftsvereins", berichtet Glimm. Die Mitglieder waren sehr aktiv, sie organisierten Bälle, Karnevalsfeiern, Herbstfeste und den Tanz in den Mai. Dazu gab es Vorträge und Beratung, unter anderem die monatliche Veranstaltung mit Pflanzendoktor Dr. Franz Beckers.

"Die letzte große Veranstaltung war das Herbstfest Ende der 90er Jahre", so Glimm. Die Gründe für das schwindende Interesse an der Vereinstätigkeit sieht er etwa in der Verbreitung der Baumärkte, die ihre Kunden mit Tipps und Ratschlägen versorgen.

Die Gartenfreunde suchten sich zudem Hilfe im Internet in den zahllosen Foren und Plattformen. Glimm hat noch Versuche gestartet, den Verein zu retten, etwa eine Umbenennung in Gartenfreunde Bonn/Rhein-Sieg, um ein größeres Publikum anzusprechen, doch erreichte er nicht die nötige Resonanz.

Auch seinen zweiten Verein, den Kunstraum 720, wird Glimm zum Jahresende schließen, weil er die Miete für die Räume im Alten Rathaus nicht allein finanzieren kann. Gespräche mit der Eigentümerin, der Stadt Bonn, eine Mietminderung zu erzielen, seien erfolglos geblieben. Glimm hatte 1981 einen Fotokreis gegründet, der später im Kunstraum 720 aufging.

"Unsere Künstlergemeinschaft hat in den vergangenen 27 Jahren rund 250 Ausstellungen gemacht", sagt Glimm. Die Gruppe besteht heute aus rund zehn Mitgliedern. Ein Sponsor hatte den Künstlern einen Betrag gespendet, der über viele Jahre für die Miete verwendet werden sollte. Nun ist das Geld weg und die wirtschaftliche Grundlage fehlt.

Der gelernte Goldschmied Glimm hat beide Vereine beim Verband der Ortsvereine (VdO) abgemeldet - nur der Name Kunstraum 720 bleibe, so Glimm, bestehen - damit hat der VdO ab 2015 noch 29 Mitgliedsvereine.

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