Evangelische Kirche in Beuel Gedenktafel für die Mutter der Gemeinde

BEUEL · Vor 135 Jahren wurde in Ottilie Sanders Haus an der heutigen Friedrich-Breuer-Straße der erste evangelische Gottesdienst in Beuel gefeiert. Zum Jahrestag wird am 12. Februar ein Schild enthüllt.

 Sigrid Wenzel und Christian Verwold an der Gedenktafel für Ottilie Sander.

Sigrid Wenzel und Christian Verwold an der Gedenktafel für Ottilie Sander.

Foto: Frank Homann

Die Geschichte begann vor 135 Jahren in einem Privathaus an der früheren Wilhelmstraße 4, heute Friedrich-Breuer-Straße 6-8/ Ecke Agnesstraße. In einem Zimmer im Untergeschoss wurde ein Betsaal eingerichtet. Als Altar diente ein altes Holzgestell, verkleidet mit schwarzem Stoff. Ein Kreuz und eine Bibel schenkte ein pensionierter Pastor, Teppich und Gardinen stifteten Gemeindeglieder. Pfarrer Friedrich Spitta aus Oberkassel brachte ein Harmonium und 50 Stühle mit. Und dann war es so weit: Am 12. Februar 1882 feierte die Gemeinde den ersten evangelischen Gottesdienst auf Beueler Boden.

„Wir haben uns jetzt intensiv mit den Wurzeln unserer Evangelischen Kirchengemeinde befasst. Und dazu kam es durch einen Zufall“, berichtet Pfarrer Christian Verwold von der Evangelischen Kirchengemeinde. Im Herbst des vergangenen Jahres erreichte das Gemeindeamt die Nachricht vom Nutzungsablauf der Grabstätte Ottilie Sanders auf dem Friedhof Platanenstraße in Beuel. „Das war für uns eine glückliche Fügung. Denn es stellte sich heraus, dass sich bis dahin offenbar noch niemand intensiv mit ihrer Geschichte beschäftigt hatte“, sagt Verwold.

Für die Gemeinde war sofort klar, dass sie die Nutzung der Grabstätte verlängern würde und gleichzeitig wurde der Öffentlichkeitsausschuss des Presbyteriums beauftragt, die Geschichte zu recherchieren. „Nach den ersten Erkenntnissen wussten wir, dass Ottilie Sander die Mutter der Gemeinde ist“, sagt Verwold. Damit war der Ehrgeiz der Hobbyhistoriker entfacht. „Es begann ein spannender Ausflug in die Geschichte unserer Gemeinde“, berichtet der Pfarrer.

„Ich bin direkt am nächsten Tag zum Katasteramt der Stadt gegangen und habe in den Archiven geforscht. Die Mitarbeiter bei der Stadt waren unglaublich freundlich und haben sich intensiv engagiert. Das war fantastisch und so ging die Recherche zügig voran“, berichtet Andrea Rathmann-Schmitz vom Öffentlichkeitsausschuss. Das Haus mit dem Betsaal war schnell identifiziert. Und auch die Historie der Ottilie Sander fesselte die Rechercheure, denn sie und ihre Angehörigen gehörten zu den ersten evangelischen Familien, die im Zuge der Industrialisierung um 1860 nach Beuel kamen. „Sie besuchten bis zum 12. Februar 1882 den Gottesdienst in der 1683 erbauten alten evangelischen Kirche in Oberkassel und gehörten bis 1909 zur dortigen, von Pfarrer Friedrich Spitta betreuten Gemeinde“, so Verwold.

„Ottilie Sander hat ihren Mann sehr früh verloren und war danach als Geschäftsfrau tätig. Sie muss eine sehr mutige Frau mit Gründergeist gewesen sein“, sagt Rathmann-Schmitz. „Aus ihrer Initiative ist sehr viel hervorgegangen, zum Beispiel ein eigener Frauenverein und 1897 eine evangelische Schule für 40 Kinder – die heutige Paul-Gerhard-Schule“, berichtet der Pfarrer.

135 Jahre nach dem ersten Gottesdienst wird in einer öffentlichen Veranstaltung am Sonntag, 12. Februar, um 13.15 Uhr eine Gedenktafel am Haus Friedrich-Breuer-Straße 8 angebracht. Die bronzene Tafel hat die Bildhauerin Sigrid Wenzel aus Königswinter-Thomasberg gefertigt. Die Künstlerin ist keine Unbekannte in Beuel: Sie hat nahezu alle Bronzetafeln am Beueler Rheinufer – unter anderem die für Bröckemännche und Brückenweibchen – erschaffen, genauso wie die am Brunnen des Dr.-Weis-Platzes in Beuel.

„Die Recherchen haben uns beflügelt. Es macht einfach Spaß, ein Stück lokale Kirchengeschichte aufzudecken“, sagt Verwold. Ein nächstes Ziel hat die Gemeinde auch schon: „Wir setzen uns dafür ein, dass eine Straße in Beuel nach Ottilie Sander benannt wird. Sie steht auf der Benennungsliste der Stadt und erste Gespräche gab es auch schon“, so Pfarrer Verwold.

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