“Die Hilfsbereitschaft ist überwältigend“ Kranker Luis aus Geislar erhält zahlreiche Spenden für OP

Geislar · Die Spendensumme für den schwer kranken Luis aus Geislar steigt stündlich. Aus ganz Deutschland melden sich Menschen und kündigen weitere Spendenaktionen an. Wegen der großen Hilfsbereitschaft rückt die dringend benötigte Operation in den USA immer näher.

Familie Dautz freut sich, dass die notwendige Operation für Luis (r.) immer näher rückt.

Familie Dautz freut sich, dass die notwendige Operation für Luis (r.) immer näher rückt.

Foto: Privat

Die Eltern des schwer erkrankten Luis sind sprachlos und dankbar – Hoffnung bahnt sich den Weg. Die Spendenwelle für ihren unter der seltenen und heimtückischen Krankheit PLE (Protein Losing Enteropathy, quälender Eiweißverlust über den Darm) leidenden Sohn hat ein ungeahntes Ausmaß angenommen.

„Seitdem der Artikel des General-Anzeigers erschienen ist, hat die Spendenbereitschaft nochmals enorm zugenommen. Wir haben aber auch viel Zuspruch, Aufmunterung und Sympathiebekundungen erfahren dürfen“, sagt eine spürbar zuversichtliche Andrea Dautz, Mutter des Vierjährigen.

Mehr als 4000 Spender überweisen fast 240.000 Euro

Mehr als 4000 Spender haben bislang fast 240.000 Euro auf der Internet-Plattform betterplace.org überwiesen. Und auf dem Spendenkonto des Vereins Fontanherzen e.V. sind nochmals circa 40.000 Euro zusammengekommen. „Wir sind von dieser Hilfsbereitschaft überwältigt. Damit haben wir nie gerechnet. Mein Mann und ich wissen gar nicht, wie wir diesen vielen Menschen danken können“, erklärt Andrea Dautz im Gespräch mit dem GA.

In den vergangenen Tagen haben sich die Ereignisse aber nicht nur an der Spendenfront überschlagen. Nach weiteren Gesprächen mit der Fluggesellschaft, die Luis mit einer „fliegenden Intensivstation“ nach Philadelphia transportieren wird, konnte die ursprüngliche Kostenkalkulation deutlich reduziert werden. Somit kann die Reise von Familie Dautz bereits ab einer Spendensumme von 250.000 Euro angetreten werden. Jedoch sind mögliche Zusatzbehandlungen für Luis – beispielsweise in Folge von Komplikationen – und die geplante Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland damit noch nicht abgedeckt.

USA-Reise startet im Januar 2023

„Dieser Betrag steht uns jetzt wegen der unglaublichen Hilfsbereitschaft zur Verfügung. Wir planen die Reise voraussichtlich für Ende Januar des kommenden Jahres“, so die Mutter des Vierjährigen. Der Transport mit einem Ambulanz-Jet bedeutet zwar, dass nur ein Elternteil mitfliegen kann, aber da Luis’ Gesundheitszustand sich zusehends verschlechtert, wollen die Eltern auch nicht länger warten. Er benötigt schnellstmöglich eine Operation am Lymphgefäßsystem.

Seit mehreren Jahren widmen sich Ärzte in den USA interdisziplinär der Behandlung dieser qualvollen, lebensgefährlichen Komplikationen im Zusammenhang mit Lymphfehlbildungen und sammelten dabei weltweit die meisten Erfahrungen.

70 Prozent der Eingriffe verlaufen erfolgreich

Was erwartet Luis in den USA? Im Nemours Children´s Hospital in Wilmington wird eine minimalinvasive Behandlung endoskopisch im Darm vorgenommen. Sie trägt dazu bei, dass kein Eiweiß mehr über den Darm ausgeschieden wird. Die aktuell vorliegenden Kurzzeitergebnisse machen Hoffnung: Es gibt Verbesserungen bei circa 70 Prozent der bisherigen Eingriffe.

Für Luis und seine Reise in die USA wird es notwendig sein, besondere Rahmenbedingungen zu schaffen, da es aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen und der Druckverhältnisse im Flugzeug sonst zu unvorhersehbaren Problemen während des Fluges kommen kann.

Krankenkasse lehnt Auslandsbehandlung ab

„Luis hat eine deutlich reduzierte Sauerstoffsättigung im Blut. Sie liegt bei ihm im Regelfall bei nur 78 bis 83 Prozent. Gesunde Menschen haben normalerweise bis zu 100 Prozent. In der Nacht kommt es auch hin und wieder zu weiterem Abfall der Sättigung und somit zu einem Sauerstoffbedarf“, erklärt seine Mutter.

Wie berichtet hat Luis‘ Krankenkasse die Auslandsbehandlung im ersten Schritt abgelehnt. Dagegen haben die Eltern Widerspruch eingelegt. „Allerdings läuft die Zeit gegen Luis. Er muss schnellstmöglich behandelt werden, um eine Chance zu haben“, sagt Andrea Dautz.

Der Kölner Kinderkardiologe Dr. Dieter Koch, einer der behandelnden und die Eltern beratenden Ärzte, erklärte dem GA die Dringlichkeit: „In Europa ist die Krankheit derzeit nicht erfolgreich behandelbar. Wir haben kein Therapie-Paket zu bieten. Bislang verliefen nahezu alle Versuche erfolglos. Uns fehlt leider die Expertise.“

Kölner Kinderkardiologe rät zur USA-Reise

Koch rät den Eltern dringend zur Behandlung in den USA, weil die Kollegen dort das neue Verfahren mindestens 20-mal erfolgreich angewendet hätten. „Ich habe 2021 einen anderen Patienten in die US-Klinik geschickt. Die Therapie musste zwar zu einem späteren Zeitpunkt nochmals wiederholt werden, aber heute führt mein Patient wieder ein erträgliches Leben“, so Koch.

Leider würden deutsche Krankenkassen die Behandlungsmethode in den USA noch nicht anerkennen, so Koch. „Unsere Krankenkassen versteifen sich auf die Behandlungsformen in Deutschland, weil sie viel preiswerter, aber bei Weitem nicht so erfolgversprechend sind. Die Argumentation der Krankenkassen ist meines Erachtens falsch, weil in der Regel die Hälfte der an PLE erkrankten Kinder die ersten fünf Jahre nach Ausbruch der Krankheit nicht überlebt“, so der Kinderkardiologe.

Schulen und Vereine spenden Geld

Überwältigt sind die Eltern besonders von der Hilfsbereitschaft in der Region Bonn/Rhein-Sieg und Köln. Hier einige Beispiele der vielfältigen Aktionen: Die TSV Bonn-Rechtsrheinisch hat die Eintrittsgelder bei ihren Handball-Heimspielen in Beuel gespendet, Spendenboxen aufgestellt und Mannschaftsspenden entgegengenommen. Der Förderverein Bärenstark der Arnold-von-Wied-Grundschule in Schwarzrheindorf hat die Einnahmen des Adventsbasars inklusive des Verkaufserlöses der selbst gebastelten Schutzengel von Luis‘ Schwester Mora gespendet.

Beim Weihnachtsbasar des St. Adelheid-Gymnasiums in Pützchen wurden für Luis Spenden gesammelt. In Köln konnten „Der Weinladen“ durch Glühweinausschank und Luis‘ Cousine Louisa durch den Verkauf selbst gebastelter Gegenstände beim Weihnachtsbasar ihrer Grundschule Spenden generieren.

Beim Fahnenappell der Ehrengarde der KG Klääv Botz in Aegidienberg wurde gespendet. Der Erlös des Weihnachtsbasars der betrieblichen Telekom-Kita ist für die Operation von Luis bestimmt. Café Schlimbach in Bad Honnef hat ein Weihnachtssingen veranstaltet und dabei für Luis gesammelt. Die Deutsche Post DHL engagierte sich von Unternehmensseite und auch durch diverse Spendenaktionen aus der Kollegenschaft von Vater Christoph Dautz kam Geld zusammen.

Aber auch in München, Düsseldorf, Hückeswagen, Wiehl, Refrath, Idar-Oberstein, Sontheim, Bautzen und Torgau gab es Hilfsaktionen. „Wahrscheinlich gab es bislang noch viel mehr Spendenaktionen, von denen wir noch nichts wissen. Alle diesen Menschen sagen wir von Herzen Danke“, so Andrea und Christoph Dautz.

Gemeinsam mit dem Verein Fontanherzen haben die Eltern die Spendenaktion ins Leben gerufen, um den Transport und die Behandlung von Luis zu finanzieren. Sofern die Kampagne mehr Geld generiert, will Familie Dautz mit Fontanherzen e.V. in die Etablierung der amerikanischen Behandlungsmethode in Deutschland investieren. Fontanherzen ist der deutschlandweite gemeinnützige Verein für mehrere Hundert Menschen mit halbem Herz, dem schwersten angeborenen Herzfehler.

Wer die Reise und die Operation des kleinen Luis finanziell unterstützen will, kann seine Spende über die Internetplattform www.betterplace.org, Stichwort: „Bitte, helft Luis!“, einzahlen.

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