Steinbrüche in Oberkassel Geschichte aus Tuff und Basalt

Oberkassel · Vulkanausbrüche hinterließen vor 26 Millionen Jahren das Gestein des Siebengebirges. Am Stingenberg in Oberkassel wurde es noch bis in die 1950er Jahre abgebaut

 Andenken: Klaus Breuer überreicht Gesteinsproben an die Teilnehmer.

Andenken: Klaus Breuer überreicht Gesteinsproben an die Teilnehmer.

Foto: Alexander Barth

Bonn, 350 Millionen Jahre vor unserer Zeit: Auf dem Meeresboden falten sich Gebirgsketten auf und werden unter Tausenden Metern von Sand und Schlamm bedeckt. Als das Wasser sich zurückzieht, tragen Wind und Wetter einen Teil davon wieder ab und bilden wellige Täler. Vor 26 Millionen Jahren: Explosionsartige Vulkanausbrüche begraben die Landschaft unter heißer Tuffasche, nachwachsende Magmaschlote bleiben mitunter auf dem Weg an die Oberfläche stecken. Die Erosion legt die harten Vulkankegel später wieder frei.

450.000 Jahre vor unserer Zeit beginnt der Rhein, durch diese Region Richtung Nordsee abzufließen und gräbt dabei das Rheintal. Schließlich kommt der Mensch und hinterlässt ebenfalls seine Spuren, trutzige Festungen zieren bald die Kuppen – Drachenfels, Wolkenburg, Löwenburg.

Klaus Breuer vom Verschönerungsverein Siebengebirge (VVS) beschrieb diese Szenen 20 interessierten Wanderern, die sich zum bundesweiten Tag des Geotops von ihm führen ließen. Von der Haltestelle Oberkassel Mitte führte der Pfad stetig aufwärts, die Gruppe folgte dem Rauchlochweg, überquerte die B 42 und war schließlich im Wald.

Breuer schlug mit einem Geologenhammer eine Probe Tuffstein. 1.300 Grad heiß aus dem Erdinneren ausgestoßen, fühlt er sich heute angenehm kühl an, wie die herbstliche Luft nach dem gerade erst abgeklungenen Sommer. Mit der Wanderung ging auch die Geschichte weiter, mit den Mönchen, die den Weinbau an den Hängen etablierten, bis dieser von Obstbauern weitgehend verdrängt wurde. Der Wald wurde intensiv bewirtschaftet, das harte Robinienholz eignete sich besonders für den Brückenbau, mit schneller wachsenden Arten deckten die Weinbauern ihren Bedarf an Rankpfählen.

Der Abbau des Basaltgesteins begann 1789, von 1830 an stieg die Nachfrage rasant – Abnehmer waren der Wasser- und Straßenbau, der Deichbau in Holland, ab 1870 die Eisenbahn. Zu Beginn war die Arbeit mühselig und riskant, in den Stollen wurden bevorzugt Kinder eingesetzt, an den Hängen stürzten viele Arbeiter in den Tod.

Mit Pferdefuhrwerken wurde das Gestein zum Rhein geschafft, wo es auf Lastkähne umgeladen wurde. Als Wechselstation für die Treidelpferde kam die Stadt Wesseling zu ihrem heutigen Namen. Vom Jahr 1900 an wurde im Siebengebirge im großen Maßstab gesprengt, die Förderung war nur in großen Mengen wirtschaftlich.

In der Bevölkerung regte sich Widerstand, der VVS kaufte im Siebengebirge strategisch Land auf, um die Industrie zu sabotieren. Da Umweltschutzgesetze noch Zukunftsmusik waren, musste der Verein raffiniert vorgehen, berichtete Breuer. Mittel erwarb er durch Lotterien und Spenden. Der Rheintourismus half, wohlhabende Unterstützer zu gewinnen.

In London könne man heute noch Stiche aus der Gegend kaufen, weiß Breuer. Der Abbau bei Oberkassel dauerte länger an, als im restlichen Siebengebirge, am Stingenberg bis 1952. Aus den stillgelegten Steinbrüchen wurden tiefe Seen, die heute das Gesicht der „Oberkasseler Schweiz“ prägen.

Auf dem „Höhepunkt“ der Wanderung wurden die Teilnehmer mit einer malerischen Aussicht ins Rheintal belohnt. Als Andenken blieb ein bräunlicher Gesteinsbrocken, dessen Geschichte nicht so bald vergessen sein wird.

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